Exploration mit Alltagsgegenständen und Naturmaterialien für Kinder unter drei

Im Beitrag „Exploration mit Alltagsgegenständen und Naturmaterialien“ aus der Reihe KiTa Fachtexte gibt die Sozialpädagogin Anja Cantzler Hinweise und Empfehlungen für den Einsatz von so genannten „offenen Materialien“ bei Kindern unter Drei. Anhand von Erkenntnissen aus der Entwicklungspsychologie und Beispielen beschreibt sie die Vorteile und Wirkungen, wenn Krippenkinder mit Lappen und Laub statt Lego spielen.
 

Von Tellern, Töpfen und Tannenzapfen

Wie duftet die Kastanie? Wie hört sich der Eierkarton an? Die Autorin Anja Cantzler arbeitet seit 2001 als freiberufliche Weiterbildungsreferentein und berät Kindertageseinrichtungen bei konzeptionellen Veränderungsprozessen, mit Fokus auf Kinder unter drei Jahren. Die Fachautorin ist überzeugt von der positiven und breit gefächerten Wirkung von kindlichen Erfahrungen mit „Nicht-Spielzeug“.

Didaktisches, einseitig zweckgebundenes Spielzeug verfügt ihr zufolge nur über wenig Aufforderungs-Charakter. Ein Steckspiel halte nur vorgegebene Figuren bereit, ein elektronisches Instrument nur eine kleine Auswahl an Knöpfen oder Melodien. Nach etwas Übung erfahre das spielende Kind nichts Unvorhergesehenes mehr. "Offene Materialien" hingegen, also Alltagsgegenstände und Naturmaterialien, würden dagegen zum vielseitigen Gebrauch, zum Experimentieren, Explorieren sowie zur Entfaltung der Fantasie und ästhetischen Erfahrung einladen.

Das Wahrnehmen und Begreifen von Material und die Einordnung in die kindliche Welt ist ohne Zweifel eine zentrale Entwicklungsaufgabe in den ersten drei Lebensjahren. Unter Einsatz des Körpers und aller Sinne (sehen, hören, riechen, schmecken, tasten, spüren) durchläuft ein Kind Crantzler zufolge dabei sieben Phasen der Materialerfahrung, in Beziehung zu Kognition und Spielentwicklung. Sie lädt ErzieherInnen in jedem Entwicklungsschritt zur altersgerechten alternativen Materialnutzung in der Interaktion mit den Kindern ein, z.B.:

  • Ein Neugeborenes mit einer Feder oder einem Grashalm zu kitzeln, zusätzlich zum Streicheln mit den Händen
  • Ein Hand- und Fuß-Reichweite von Säuglingen zwischen vier und acht Monaten ein Mobile mit Küchengegenständen zu befestigen
  • Einem bewegungsfreierem, sitzendem, krabbelndem Kind zwischen acht und zwölf Monaten Kisten oder Körbe mit Alltagsgegenständen bereitzustellen (mit Kastanien, Lappen, Löffeln)
  • Ein- bis anderthalbjährigen Kindern allgemeine und natürliche Materialien und Möglichkeiten zum Bauen und Konstruieren, Umschütten, Auf- und Zuklappen, Einwickeln oder Sortieren anzubieten (Schuh- oder Eierkartons, Dosen, Baumscheiben, Papiertücher, Sand, Wasser, Erbsen, Knöpfe, Buntstifte – statt Legosteine)
  • Anderthalb- bis zweijährigen Kindern Körbe, Trage- oder Transportmaterialien parat zu legen zur Raumerfahrung beim Hin- und Hergehen, Ein- und Auspacken. Die Eigenschaften von Materialien im Raum können in einem Tanz mit einer Zeitung simuliert werden, die gewedelt, geknüllt, hochgeworfen wird.
  • Kindern ab zwei Jahren Alltagsgegenstände zur Verfügung zu stellen, die denen der Erwachsenen ähneln und das nachahmende Symbolspiel wirklichkeitsnah machen (Teller, Tassen, Einkaufstaschen, Geld)
  • Nutzen pädagogische Fachkräfte Haushaltsgegenstände, (ausrangierte) Alltagsgegenstände, Verpackungsmaterial oder Naturmaterial bei Kindern unter Drei, fördern sie damit eine große Bandbreite von Kompetenzen – beginnend vom Körperschema über Planungs- und Handlungsfähigkeit bis hin zu Sprachentwicklung und Umweltbewältigung.

Bei der Umsetzung in die Praxis weist die Autorin auf didaktische Grundsätze hin, um altersgerechte Erfahrungen und Lernen zu ermöglichen: von der basalen zur differenzierten Materialerfahrung (vom Greifen und Rieseln des Sandes hin zum Werkzeug-Einsatz mit der Schaufel) oder vom freien, zufälligen Experimentieren mit Zeitungspapier oder Rasierschaum zur geplanten Anleitung mit dem Gegenstand.

Lesen Sie hierzu auch: Gestaltung einer anregungsreichen Entwicklungsumgebung für Kinder unter drei
 



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