Save the Date: Kongress am 26./27. September 2016


Einführung

Inklusion ist grundsätzlich darauf ausgerichtet Barrieren zu erkennen und zu beseitigen, um soziale Gerechtigkeit zu erreichen. Jeder Mensch soll seine vielfältigen Potenziale entfalten können unabhängig von Geschlecht, Religion, ethnischer Herkunft, besonderem Förderbedarf oder sozialen beziehungsweise ökonomischen Voraussetzungen.

Inklusion ist ein Prozess. Das heißt, Inklusion muss verstanden werden als eine nie endende Suche nach besseren Wegen, mit Vielfalt umzugehen d.h. mit Unterschieden zu leben und von Unterschieden zu lernen. Inklusive Bildung ist ein Menschenrecht. Grundlage inklusiver Bildung ist das in der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 völkerrechtlich verankerte Menschenrecht auf Bildung, welches u.a. durch die Konvention über die Rechte der Kinder in 1989 sowie der Konvention über die Rechte der Menschen mit Behinderungen in 2006 weiter vertieft und erläutert wurde. Das Ziel inklusiver Bildung ist ein inklusives Bildungssystem zu entwickeln, in dem alle Kinder und Jugendliche Zugang zu qualitativ hochwertiger Bildung haben, am Schulleben aktiv teilnehmen können und Lernerfolge erzielen. Um dies zu erreichen, müssen Regelschulen besser darin werden, alle Kinder ihres Einzugsgebiets zu unterrichten.

Eine inklusive Schule ist eine „Schule für alle“, die Vielfalt begrüßt und konsequent Exklusion in der Bildung reduziert, um auf die verschiedenen Bedürfnisse von allen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen eingehen zu können. Dazu müssen die Kompetenzen im Regelschulsystem gestärkt werden, die notwendig sind, um alle Lernenden zu erreichen. Erforderlich sind Umstellungen und Veränderungen in den Inhalten, Methoden, Strukturen, Strategien sowie Haltungen im gesamten Bildungswesen und nicht mehr Reformen in der Sonderpädagogik, um Kinder mit Beeinträchtigungen ins Regelsystem zu integrieren.
Inklusion im Bildungsbereich beinhaltet eine besondere Aufmerksamkeit für alle Schüler/innen, insbesondere aber für diejenigen, die von Marginalisierung, Ausgrenzung und Lernversagen bedroht sind. (1)


Positionierung

Mit der Ratifizierung der UN-BRK ist die Bundesrepublik Deutschland die Verpflichtung eingegangen, ein inklusives Schulsystem aufzubauen. Unterschiedliche bildungspolitische Interpretationen des Inklusionsbegriffs haben dazu geführt, dass in den 16 Bundesländern unterschiedliche Entwicklungen und Schritte in der Umsetzung festzustellen sind. Länderübergreifend lassen sich jedoch tendenziell drei Gemeinsamkeiten im Umgang mit der UN-Konvention nachweisen. Sie bestehen in der Reduktion des Inklusionsbegriffs auf Menschen mit Behinderungen, in der Verweigerung der notwendigen schulstrukturellen Konsequenzen aus dem Inklusionsgebot und in der unzureichenden Ressourcenausstattung für eine inklusive Entwicklung.

Wir sind der Auffassung, dass der menschenrechtlich begründete Anspruch auf inklusive Bildung für alle Kinder und Jugendlichen gilt und deshalb das deutsche Bildungssystem grundsätzlich zu einer gemeinsamen Schule für alle umzubauen ist. Dieser menschenrechtliche Anspruch besteht auch für Kinder und Jugendliche, die aus Kriegs- und Krisengebieten zu uns geflüchtet sind.

Wir halten die Aussage des ehemaligen UN-Sonderberichterstatters Vernor Munoz für richtig, dass in unserem Bildungssystem „alles“ geändert werden muss (Munoz 2009). Ein nach wie vor hochselektives Schulsystem wie in Deutschland kann nicht wirklich inklusiv sein. Die angeblich begabungsgerechte Leistungsselektion führt nachweislich zu einer frühen Separation von Kindern und Jugendlichen aus den oberen und unteren sozialen Schichten, zu einer extrem ungerechten Verteilung ihrer Bildungs- und Entwicklungschancen und zu einer Vergeudung von Potenzialen. Auch die sich abzeichnende Entwicklung zu einer sogenannten Zweigliedrigkeit im Sekundarschulbereich mit den Sonderschulen als „Wahlangebot“ ist nicht kompatibel mit dem Recht aller Kinder und Jugendlichen auf chancengerechte inklusive Bildung.

Obwohl viele einzelne positive Entwicklungsbemühungen und -maßnahmen um inklusives Lernen und Leben in Schule und Gesellschaft zu konstatieren sind, sind weiterhin politischer Wille und bildungspolitische Handlungsfähigkeit entscheidend abhängig von gesellschaftlichen Interessengruppen, die ihre Privilegien erhalten wollen. Unser Bildungssystem stellt nach wie vor nicht die Menschenrechte der Kinder an die erste Stelle, sondern missachtet den Anspruch einer wirklich demokratischen, inklusiven Gesellschaft. Wer die Berechtigung des Gymnasiums, die auslesende Notengebung und das System der Sonderschulen in Frage stellt, wird schnell beschuldigt, das Bildungsniveau zu gefährden und Gleichmacherei zu betreiben oder wird unter Ideologieverdacht gestellt.

Es ist daher unser Bestreben, unter Einbeziehung eines möglichst breiten Spektrums von Wissenschaftsdisziplinen, das sich nicht auf die Erziehungswissenschaften allein beschränkt, das Verhältnis von Inklusion zum Modell „einer Schule für alle“ zu klären, Transformationsprozesse zu beraten und mit der Enttabuisierung dieser bildungspolitischen Perspektive den öffentlichen und politischen DiskursDiskurs|||||Der Begriff Diskurs kann verschiedene Bedeutungen haben, wurde ursprünglich jedoch als  „hin und her gehendes Gespräch“ verwendet. Weitere Bedeutungen sind: theoretische Erörterung, systematische, methodische Abhandlung, gesellschaftliche Auseinandersetzung, Erörterung. Sinnverwandt sind auch Debatte, Diskussion, Disput.  für ein inklusives, gerechtes Bildungssystem durch diesen Kongress zu befördern.


Ziele des Kongresses

  • Klärung und Bilanzierung des Verhältnisses von Inklusion zu Struktur und Pädagogik „einer Schule für alle“
  • Dekonstruktion des negativ besetzten Bildes der „Schule für alle“ – Ermutigung zu offener und unvoreingenommener Diskussion
  • Klarstellung: Kinder-Jugendlichen-Rechte im Verhältnis zu Wahlangeboten an die Eltern
  • Benennung der inklusionsfeindlichen Strukturmerkmale des deutschen Bildungssystems
  • Aufzeigen von Wegen zur Transformation des selektiven Schulsystems in ein inklusives
  • Beratung der Ansprüche an die Lernkultur und Unterrichtsqualität in der inklusiven Schule, Benennung der systemischen Grenzen, die Inklusion einschränken (Formen der Leistungsbewertung, Vergleichsarbeiten VERA, Handhabung von Kompetenzstufen und Standards)
  • Aufzeigen der Konsequenzen für die LehrerInnen-/PädagogInnenbildung (ErzieherInnen u.a. im Ganztag)
  • Erarbeitung einer Dokumentation ggf. eines Forderungskatalogs (Ergebnisse des Kongresses)
Der Kongress findet am 26. – 27. September in der Universität Frankfurt statt. Eingeladen sind neben der Wissenschaft insbesondere Lehrkräfte, ErzieherInnen und pädagogische MitarbeiterInnen aller Schularten.

Veranstalter des Kongresses sind: Aktion Humane Schule, GGG-Verband für Schulen des gemeinsamen Lernens, Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft , Grundschulverband, NRW-Bündnis Eine Schule für alle, Politik gegen Aussonderung - Koalition für Integration und Inklusion sowie Fachbereich Erziehungswissenschaften an der Goethe-Universität Frankfurt am Main.

Nähere Infos folgen Anfang April.


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