DJI-Studie zeigt aktuelle Entwicklungen der KindertagespflegeKindertagespflege|||||Kindertagespflege oder Tagespflege umfasst eine zeitweilige Betreuung von Jungen und Mädchen bei Tagesmüttern oder Tagesvätern. Nach dem Tagesbetreuungsausbaugesetz von 2004 ist die Tagespflege neben der Tagesbetreuung in Kindertageseinrichtungen eine gleichwertige Form der Kindertagesbetreuung.  in Deutschland auf


Im Zuge der Einführung des Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz für Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr im August 2013 gilt die Kindertagespflege vielerorts als „stille Reserve“ für die schnelle und kostengünstige Schaffung von Betreuungsplätzen. Geeignete und ausreichend qualifizierte Tagesmütter und -väter zu finden und diese langfristig zu halten, gelingt den Kommunen bundesweit unterschiedlich gut, so das Ergebnis einer Evaluation des Deutschen Jugendinstituts im Rahmen des „Aktionsprogramms Kindertagespflege“, das der Bund 2008 aufgelegt hat.


Der DJI-Evaluationsbericht wertet Daten aus dem Zeitraum 2009 bis 2012 zum quantitativen und qualitativen Ausbau der Kindertagespflege an 158 Modellstandorten in Deutschland aus – mit regional stark variierenden Ergebnissen zu Rekrutierung, Vermittlung, Fluktuation und Qualifizierung von Tagespflegepersonen:

1. Die derzeitige Ausstattung der Fachberatungsstellen und insbesondere der Fachberatungsschlüssel sind an den Modellstandorten sehr unterschiedlich: Neben Kommunen, die 2011 ein Verhältnis von 8 Tagespflegepersonen bzw. 6 Kindern pro Fachberatungsstelle aufwiesen, war anderenorts eine Vollzeitkraft in der Fachberatung für 166 Tagespflegepersonen bzw. 317 Kinder zuständig. Eine solche Unterbesetzung ist für die öffentlichen Jugendhilfeträger formalrechtlich problematisch, da im Bereich der Kindertagespflege – im Unterschied zu den Kindertageseinrichtungen – ein umfassender rechtlicher Anspruch auf Beratung und Begleitung von Tagespflegepersonen und Eltern besteht.

2. Die laufenden Geldleistungen an Tagespflegepersonen sind in den letzten Jahren im bundesweiten Durchschnitt insgesamt leicht angestiegen. Dennoch gibt es noch immer Jugendämter, die weit weniger als drei Euro pro Betreuungsstunde und Kind zahlen. Im konkreten Fall heißt das: eine Tagespflegeperson, die drei Kinder für jeweils 30 Stunden in der Woche betreut, erhält pro Monat 1.080 Euro. Nach Abzug der Betriebskosten liegt das Einkommen dann unterhalb der Armutsgrenze.

3. Das Qualifikationsniveau von Tagespflegepersonen hat sich deutlich verbessert. Von 2009 bis 2012 stieg der Anteil der Tagespflegepersonen, die mindestens über eine Grundqualifizierung nach DJI-Curriculum und/oder einen pädagogischen Berufsbildungsabschluss verfügen, von einem Drittel auf zwei Drittel; mit 82 Prozent Mindestqualifizierungsquote schneiden die östlichen Bundesländer hier besser ab als westlichen (63 Prozent). Diese sehr positive Entwicklung soll durch das „Kompetenzorientierte Qualifizierungshandbuch Kindertagespflege“, das derzeit am DJI ausgearbeitet wird, weiter unterstützt werden. Es ersetzt das 2002 veröffentlichte und 2008 überarbeitete DJI-Curriculum, das bis dato als Standardwerk in der Qualifizierung von Tagespflegepersonen gilt. Über das jüngst fertiggestellte „Kompetenzprofil Kindertagespflege in den ersten drei Lebensjahren“, das als Grundlage für das Qualifizierungshandbuch dient, sagt Lucia Schuhegger (DJI): „Unsere Zielsetzung ist, dass die Kompetenzen von Tagespflegepersonen mittelfristig auf die Ausbildungen zur Kinderpflegerin/zum Kinderpfleger bzw. zur Sozialassistentin/zum Sozialassistenten und zur Erzieherin/zum Erzieher angerechnet werden können.“

4. Ein systematisches Vertretungssystem gilt angesichts der überwiegend einzeln tätigen Tagespflegepersonen als ein wichtiger Bestandteil, die Kindertagespflege verlässlicher und attraktiver zu gestalten. An einem Großteil der Modellstandorte wird dieser Anspruch bislang nicht erfüllt. Nur in 12 Prozent der Jugendamtsbezirke gibt es nach eigenen Aussagen keine Probleme im Vertretungsfall.

5. Die Großtagespflege wird vielerorts stark ausgebaut. Die Zahl der Großtagespflegestellen an den 158 Modellstandorten ist von 2009 bis 2012 um 32,5 Prozent (von 77 auf 102) gestiegen. Stellen mit drei, vier oder mehr Tagespflegepersonen wurden überwiegend in westlichen Großstädten (v.a. Hamburg) aufgebaut. Mit der Folge, dass die Kindertagespflege „öffentlicher“ und die Grenze zu den Kindertagesstätten fließender wird. Viele der befragten Kommunen, die noch wenig Erfahrung mit dieser Betreuungsform haben, wünschen sich einheitliche Regelungen und klare Vorgaben.

6. Die Zahl der Tagespflegepersonen, die ihre Tätigkeit gänzlich eingestellt oder reduziert haben, war nach dem Start des „Aktionsprogramms Kindertagespflege“ – vermutlich wegen der erhöhten Qualifikationsanforderungen – zunächst stark gestiegen, verringert sich jedoch langsam wieder. Stellten 2009 durchschnittlich 11 Tagespflegepersonen pro Modellstandort ihre Tätigkeit vollständig ein, stieg diese Zahl im Jahr 2010 auf 16,8. Seitdem ist die Zahl der Aussteiger/innen rückläufig (2011: 15,4; 2012: 14,5).

7. Mehr als verdoppelt hat sich die Zahl der festangestellten Tagespflegepersonen im Befragungszeitraum. Seit September 2012 fördert das Bundesfamilienministerium unter bestimmten Voraussetzungen die Festanstellung von Tagespflegepersonen bis zu 50 Prozent über die Dauer von einem Jahr.