Es besteht Konsens, dass das Kita-System Kindern aus belasteten Lebenssituationen (wie z.B. einer Flucht) zur Seite steht und ihnen den Zugang zur frühkindlichen Bildung ermöglichen möchte. Und es besteht ebenso Konsens, dass das Kita-System bereits seit Jahren über die Maße belastet ist und durch Corona sowie den Fachkräftemangel das Limit der Kapazitäten erreicht ist.
Wenn wir für alle Kinder eine kindgerechte, gute Pädagogik wollen und für alle Fachkräfte einen Arbeitsplatz, der ihnen diese Arbeit ermöglicht, dann ist die Verschlechterung der Qualitätsstandards ein absolutes Tabu. Die Notverordnung, die seit März dieses Jahres eine Überbelegung der Kita-Gruppen erlaubt, muss deshalb zum 31. Juli auslaufen und darf nicht verlängert werden.
Wir appellieren mit aller Dringlichkeit an das Land, eine andere Regelung zu schaffen: Einzelne Ausnahmen prüfen statt pauschal verordnen!
Statt einer pauschalen Gruppenvergrößerung sollte es im kommenden Kita-Jahr die Möglichkeit geben, eine befristete Ausnahme für die Aufnahme eines zusätzlichen Kindes in einer Gruppe zu beantragen. Das Landesjugendamt sollte dies in einem möglichst einfachen Verfahren prüfen und bewilligen können. Hierbei müssen Faktoren wie die Raumgröße, die Personalsituation und die Gruppenkonstellation betrachtet werden. Notwendige personelle Ressourcen zur Prüfung müssen der Behörde bereitgestellt werden.
Wir plädieren für eine verantwortungsvolle Anwendung einer Ausnahmeregelung, die das Kindeswohl, den Bildungsanspruch und die Arbeitsbedingungen der Kita-Kräfte berücksichtigt.
Wie alle Kinder haben auch Kinder aus geflüchteten Familien das Recht auf eine qualitative frühkindliche Bildung. Ihre Integration erfordert zeitliche Ressourcen – gerade sie brauchen qualifizierte Fachkräfte, die Zeit für sie und für ihr Ankommen in der Gruppe haben.
Das ohnehin vollkommen überlastete Kita-System steht aktuell vor neuen Herausforderungen – als ein auf Hilfsbereitschaft ausgelegtes System wird es diese zusätzliche Aufgabe sehr ernst nehmen und alle Möglichkeiten ausschöpfen. Gleichzeitig wünschen sich die Beteiligten ein klares Signal, dass Kita-Qualität in Niedersachsen kein Auslaufmodell ist. Ein Signal, dass es bei Ausnahmen bleiben wird. Eine andere Entscheidung würde bei den Kolleginnen und Kollegen im Berufsfeld die Resignation fördern und gleichzeitig die Bereitschaft zum landesweiten Protest steigern.
Quelle: Bündnis für Kinder und Familien in Niedersachsen