Mit der Umsetzung einer „10-Punkte-Agenda“ für Schulen und Kindertageseinrichtungen in der Corona-Pandemie will das Land Niedersachsen Bildung, Betreuung und Zukunftschancen für junge Menschen sicherstellen.
„Schule und Kita in der Pandemie zu organisieren war, ist und bleibt eine Herkulesaufgabe. Wie die Schulen, die Kitas und die KindertagespflegeKindertagespflege|||||Kindertagespflege oder Tagespflege umfasst eine zeitweilige Betreuung von Jungen und Mädchen bei Tagesmüttern oder Tagesvätern. Nach dem Tagesbetreuungsausbaugesetz von 2004 ist die Tagespflege neben der Tagesbetreuung in Kindertageseinrichtungen eine gleichwertige Form der Kindertagesbetreuung. diese Aufgabe seit Monaten lösen, nötigt mir Respekt ab. Dafür bedanke ich mich bei allen Beteiligten in unseren Bildungseinrichtungen. Aber auch bei den Kindern und Jugendlichen und den Eltern bedanke ich mich, denn sie schultern derzeit eine große Last. Wir haben die letzten Wochen sehr intensiv daran gearbeitet, die Rahmenbedingungen im Bildungsbereich auf die aktuellen Begebenheiten anzupassen. Wir setzen klare Prioritäten und geben mit der 10-Punkte-Agenda bestmögliche Sicherheit und Verlässlichkeit für die kommende Zeit.“
Die 10-Punkte-Agenda sieht folgende Maßnahmen vor:
1. Organisation: Im Februar gelten zunächst die aktuellen Maßnahmen im Kita- und Schulbereich weiter: Das Distanzlernen im Szenario C für Dreiviertel der Schülerinnen und Schüler läuft weiter. Die Grundschülerinnen und Grundschüler, die Förderschulen GE sowie die Abschlussklassen machen weiterhin Wechselunterricht im Szenario B mit allen Hygiene- und Infektionsschutzmaßnahmen. Die Kitas sind geschlossen bei bis zu 50 Prozent Notbetreuung.
Kultusminister Tonne: „Sollten die Voraussetzungen stimmen und die Inzidenzwerte weiter sinken, streben wir unter Beachtung der Bund-Länder-Gesprächen im März an, wieder deutlich mehr Schülerinnen und Schüler in die Schulen zu holen. Wir planen, im März alle Schulen im Wechselunterricht nach Szenario B laufen zu lassen. Die Kitas wollen wir zeitgleich ebenfalls öffnen und das Szenario B anpeilen. Über genaue Zeitpunkte und Umfänge werden wir mit ausreichend zeitlichem Vorlauf befinden.“
Wenn die Inzidenzwerte in der Folge weiter absinken, soll nach den Osterferien im April der inzidenzbasierte Stufenplan gelten. Dieser sieht vor, bei schwachem Infektionsgeschehen so viel Präsenzunterricht und Kitabetrieb wie möglich zu erteilen und bei erhöhtem Infektionsgeschehen schnell und konsequent zu reagieren.
2. Infektionsschutz weiter erhöhen: Mit deutlich verschärften Inzidenzwerten im Stufenplan, erweiterten Möglichkeiten der Bereitstellung von FFP2- und/oder OP-Masken über das Schulbudget und über eine Verteilaktion aus dem Kompetenzzentrum des Landes sowie ergänzend die Richtlinie sächliche Schutzausstattung sowie eine konzertierte Aktion zur Entzerrung der Schulanfangszeiten werden die Sicherheitsmaßnahmen zur Prävention vor Corona-Varianten erhöht. Tonne: „Vor dem Hintergrund der Mutationen zurren wir Sicherheit und Infektionsschutz noch einmal hoch. Alle sollen sich sicher fühlen an unseren Kitas und Schulen.“
3. Freiwilliges Testangebot für Schul- und Kitabeschäftigte: Bis zu den Osterferien können sich die über 100.000 Lehrkräfte und Schulleitungen sowie die pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber auch die Kommunalen Beschäftigten wie Hausmeister oder Schulverwaltungskräfte, einmal pro Woche mit Antigen-Schnelltests auf SARS-CoV-2 bei niedergelassenen Ärzten testen lassen. Das Land wird für den Schulbereich die Kosten in voller Höhe übernehmen für das Landespersonal und die Hälfte für kommunal Beschäftigte.
Auch die rund 80.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Kindertageseinrichtungen und in der Tagespflege erhalten die Möglichkeit, sich bis Ostern einmal in der Woche per Schnelltest abzusichern. Das Land übernimmt die Hälfte der Kosten, die andere Hälfte übernimmt der jeweilige örtliche Träger der Einrichtung.
Insgesamt stehen maximal 40 Millionen Euro für das freiwillige Schnelltest-Angebot zur Verfügung (Summe, wenn sich alle jede Woche testen lassen).
Der Kultusminister dazu: „Es ist wichtig, dem Personal, das mit Kindern und für Kinder arbeitet, ein sicheres Gefühl zu geben. Das hat etwas mit Fürsorge und mit Respekt vor der Tätigkeit zu tun. Aber natürlich auch mit dem Schutz aller!“
4. Digitalisierung und Lernen mit digitalen Medien: Hier bewegt sich Vieles in eine gute Richtung, das Tempo soll aber erhöht werden, kündigte der Kultusminister an. So sollen die Mittel aus dem Digitalpakt Schule schneller abgerufen werden. Bisher sind rund 13 Prozent und damit etwas mehr als 61 Millionen Euro bewilligt. „Bis Ende des Jahres sollen 50 Prozent beziehungsweise zirka 260 Millionen Euro bewilligt sein. Hierzu werden wir mit den Schulträgern eine gemeinsame Aktion starten.“ Auch die Ausstattung der Lehrkräfte wird verbessert. So sollen im Jahr 2021 alle Lehrkräfte mit dienstlichen mobilen Endgeräten und E-Mail-Adressen ausgestattet werden. Auch die Niedersächsische Bildungscloud wird nachgerüstet, unter anderem mit dem Mathematik-Lernprogramm „bettermarks“. Der „Fortbildungspakt Digital 2021“ sieht vor, dass im Jahr 2021 jede Lehrkraft in Niedersachsen mindestens eine Fortbildung zum Lernen mit digitalen Medien absolviert; das Land sieht entsprechende Angebote vor.
5. Distanzlernen – „Homeschooling“: Mehr Verbindlichkeit, mehr Einheitlichkeit, mehr klarere Vorgaben wird es für den Unterricht im Szenario C geben. Zwar sind beim Distanzlernen oder „Homeschooling“ Fortschritte zu verzeichnen, doch wird auch ein hohes Maß an Uneinheitlichkeit zurückgemeldet. Insbesondere bei Strukturen und Tagesabläufen wird daher nachgeschärft. Tonne: „Eine verlässliche Struktur im Tages- und Wochenrhythmus ist für die Schülerinnen und Schüler, die Lehrkräfte sowie die Erziehungsberechtigten unerlässlich. Das ist im Distanzlernen sicherzustellen. Zu Beginn eines jeden Schultages sollte fest vereinbart ein möglichst digitales Treffen stehen, zum Beispiel per Videokonferenz.“ Der entsprechende Erlass „Regelungen zur Organisation der Schuljahrgänge 1 bis 10 der allgemein bildenden Schulen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie“ regelt zudem die Themen Leistungsbewertung und Erreichbarkeit der Schule.
6. Versetzungen, Prüfungen und Abschlüsse: Insbesondere in Krisenzeiten gilt es, jungen Menschen Zukunftschancen zu sichern. Als wichtige Basis für eine gute berufliche und persönliche Zukunft sollten alle Anstrengungen unternommen werden, Prüfungen und Abschlüsse auch in der Corona-Pandemie zu ermöglichen.
Der Kultusminister sagt: „Wir sichern faire Prüfungen zu, niemand muss Nachteile wegen Corona befürchten. Die Prüfungen haben Pandemie-Zuschnitt: Es wird nur der Lernstoff in die Prüfungen aufgenommen, der auch tatsächlich behandelt wurde. Das ist auch der beste Weg um zu vermeiden, dass der Abschlussjahrgang 2021 als einziger in der Geschichte mit Corona-Makel wird, weil es keine Abschlussprüfungen gab.“ Die Voraussetzungen sind geschaffen, die Prüfungen im Sekundarbereich I – Haupt-, Real-, Förderschulabschlüsse sowie die Nichtschülerprüfungen stattfinden zu lassen: Dezentral, mit einem großen Aufgabenpool, die mündliche Prüfung wird wie im letzten Jahr freiwillig abgelegt.
Auch für das Abitur steht ein klarer Rahmen, das Zentralabitur soll stattfinden, nur im Notfall als Option dezentral. Alle Prüfungsaufgaben wurden im Kultusministerium noch einmal auf ihre Situationsangemessenheit geprüft und ggf. überarbeitet. Inhalte, die im Kerncurriculum oder in den thematischen Hinweisen explizit dem vierten Semester zugeordnet sind, sind für die schriftliche Abiturprüfung 2021 nicht prüfungsrelevant, um Unwägbarkeiten bezüglich des noch bevorstehenden Unterrichts vorzubeugen. Für die Schulen besteht Spielraum durch mehr Auswahl bei Prüfungsbestandteilen.
7. Umgang mit versäumtem Lernstoff: Die Schulschließungen aufgrund des Lockdowns werden Lernrückstände erzeugen. Daher werden Schwerpunkte gesetzt bei den Kernkompetenzen. Das bedeutet, dass die Schulen mehr Stunden für die Kernfächer einsetzen sollen. Lesen, Schreiben, Rechnen soll an den Grundschulen gestärkt werden, damit die Kinder eine solide Basis haben und damit der Übergang an die weiterführenden Schulen gut gelingt. Alle Schulen erhalten zusätzlich die Möglichkeit, die Stundentafel in den Schuljahrgängen 5 bis 8 zu flexibilisieren. Dazu können je nach Entscheidung der Schule Stundenkontingente des einen Faches für ein anderes Fach genutzt werden. Die Kerncurricula werden deutlich gestrafft und mit klareren Vorgaben versehen, welche Lernziele erreicht werden sollen.
8. Schülerinnen und Schüler mit schwierigen Lernbedingungen unterstützen: Alle Schülerinnen und Schüler müssen mitgenommen und gefördert werden. Ganz besonders müssen wir dabei auf diejenigen achten, die unter erschwerten Lernbedingungen zu leiden haben. Es geht um strukturierten Tagesablauf mit täglichem Kontakt zu den Lehrkräften. Um Freiräume für die Förderung zu schaffen, wird die Stundentafel angepasst. Darüber hinaus unterstützt ein Corona-Beratungsteam der RLSB Schulen und Lehrkräfte konkret und vor Ort bei der Kompensation möglicher Lernrückstände. Ergänzend gibt es im Niedersächsischen Bildungsportal (https://bildungsportal-niedersachsen.de/) umfangreiche Materialien und Hinweise mit guten Beispielen für gelungene Praxis. Das Programm außerschulische LernRäume mit kirchlichen und anderen Partnern geht in die Verlängerung bis Ende der Sommerferien.
9. Kinder und Jugendliche stärken: Schule ist mehr als Unterricht!: Die Schulen werden darin unterstützt, bewährte Projekte und Programme im Kontext des sozial-emotionalen Lernens fortzuführen oder zu etablieren. Die Schulpsychologie soll jetzt auch für minderjährige Schülerinnen und Schüler und für Eltern geöffnet werden. Die schulpsychologische Beratung informiert auch per Newsletter regelmäßig über aktuelle Themen an alle Schulen. Die innerschulische Beratung - z.B. durch Schulsozialpädagoginnen und -pädagogen - hat ihre Unterstützungsleistungen auf die Bedarfe von Schülerinnen und Schülern, aber auch auf die Bedarfe von Eltern und Lehrkräften in den Szenarien B und C angepasst. Die „Belastungen von Schülerinnen und Schülern in der Pandemie“ werden als zentrales Thema im nächsten Schulverwaltungsblatt bearbeitet– mit umfangreichen Hinweisen auf weitergehende Beratung und Unterstützung.
10. Entlastung der Grundschulen: Allen rund 1.600 Grundschulen sollen ab sofort 4 zusätzliche Anrechnungsstunden zur Verfügung gestellt werden. Das ist ein Stundenvolumen von umgerechnet rund 230 Vollzeitlehrereinheiten. Mit diesen Stunden können die Grundschulleitungen sich selbst und ihre Kollegien gezielt entlasten. Die Gewährung von zusätzlichen Anrechnungsstunden ist aufgrund der schulformspezifischen Belastung und der zu bewältigenden Sonderaufgaben in den vergangenen Monaten notwendig. Kultusminister Tonne: „Die Dreifachbelastung durch Präsenz- und Distanzunterricht plus Notbetreuung ist hier am deutlichsten. Zudem haben die Grundschulleitungen eine relativ hohe Unterrichtsverpflichtung. Mit den vier Stunden geben wir etwas Entlastung in das angespannte System.“
An den kleinen Grundschulen soll zudem weiteres Personal zur Unterstützung angestellt werden. Jede Schule kann eine pädagogische Mitarbeiterin bzw. einen pädagogischen Mitarbeiter zusätzlich befristet einstellen für ein halbes Jahr. Aus unserem 20-Millionen-Minijober-Programm werden gezielt zusätzlich 950 Stellen an die kleinen Grundschulen gegeben. Darüber hinaus stehen noch Mittel für die befristete Stundenerhöhung von teilzeitbeschäftigten pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zur Verfügung. Hierdurch sollen auch die Schulen unterstützt werden, denen es in strukturschwachen Gegenden Schwierigkeiten bereitet, zusätzliches geeignetes Personal zu finden.
Quelle: Niedersächsisches Kultusministerium