Reggio-Pädagogik

Die Reggio-PädagogikReggio-Pädagogik|||||Die Reggio-Pädagogik ist ein reformpädagogisches  Gesamtkonzept von Ideen und Praxisstrukturen, die seit den 1960 er Jahren in der Norditalienischen Stadt Reggionell`Emilia in Krippen und Kindergärten entwickelt wurde. Dem Konzept liegt ein humanistisches Menschenbild und eine demokratische Gesellschaftsvorstellung inne. hat ihren Namen von der norditalienischen Stadt Reggio Emilia. Diese bildet als Träger von über 40 Krippen und Tageseinrichtungen den Rahmen für die Praxis der Reggio-Pädagogik.1945 wurden von Frauenorganisationen die ersten elementarpädagogischen Ganztagseinrichtungen gegründet. In den 1960er Jahren kam es zur Kommunalisierung dieser Kitas. In den folgenden Jahren wurden weitere Einrichtungen gegründet. Mit Unterstützung Loris Malaguzzis wurden die zentralen Ideen einer Trägerkonzeption entwickelt, die wir heute als Reggio-Pädagogik bezeichnen und die vor allem als Erziehungsphilosophie zu verstehen ist.
Um 1980 fand die Reggio-Pädagogik im Zuge von Hospitationen, Tagungen und einer Wanderausstellung internationale Beachtung. 1991 wurden die reggianischen Kindereinrichtungen von der Zeitschrift Newsweek als weltweit beste vorschulische Institutionen ausgezeichnet. In Deutschland wird die Rezeption der Reggio-Pädagogik unterstützt durch Dialog Reggio – Vereinigung zur Förderung der Reggio-Pädagogik in Deutschland.
Im Zentrum des Bildungskonzepts der Reggio-Pädagogik steht die wechselseitige Durchdringung von Wahrnehmung, Beziehungsaufbau, Kommunikation, Produktion und Dokumentation. Dies konkretisiert sich im Aufbau emotionaler Identifikation mit dem Gegenstand des Erkenntnisinteresses. Auf der anderen Seite steht das Interesse des Kindes, auf der Suche nach Wahrheit mit anderen zu verhandeln.
Das Kind wird als Konstrukteur seiner Entwicklung und seines Wissens und Könnens betrachtet. Es will als Forscher durch Experimente seine Handlungskompetenz erweitern. Es erfährt dabei, dass jeder Mensch seine eigene Art hat, die Welt zu sehen und zu verstehen.
Als Handlungsform zur Gewinnung von Selbst- und Weltverstehen wird das Projekt integriert. Es fördert die sinnliche Wahrnehmung, das explorativ-experimentelle Handeln, das Deuten von Beobachtungen, das Nachdenken über Wirkungszusammenhänge, das Aktivieren von Emotionen, das Aktualisieren von Erinnerungen, das Vernetzen von Wahrnehmungen und inneren Bildern, die Kommunikation von Beobachtungen, Handlungen, Hypothesen und Gefühlen sowie das Darstellen der persönlich bedeutungsvollen Gegenstände, Handlungen und Phantasien. Die Prozess-Struktur der Projekte lebtvon der variierenden Wiederholung der Momente Wahrnehmung – Reflektion – Aktion – Kommunikation.
Projekte basieren auf dem Interesse und den Erlebnissen der Kinder. Durch gegenständliche oder verbale Impulse können Erzieherinnen dem Interessens- und Handlungsspektrum der Kinder neue Akzente vermitteln. Dabei bleibt das Prinzip der freien Wahl der Kinder unberührt.
Die Dokumentation der Handlungsprozesse erfolgt durch Wand- und Heftdokumentationen. Bestandteile der Dokumentationen sind Kinderarbeiten, Kinderäußerungen, Fotos oder auch Videos, Überschriften und kurze Kommentare. Die Kinder werden an der Dokumentationserstellung beteiligt.
Kinder, Eltern und Erzieherinnen bilden ein Wirkungsgefüge, in dem alle versuchen, für eine positive emotionale Beziehung untereinander zu sorgen.
Von besonderer Bedeutung sind wechselseitige Teamberatungen und der Austausch mit den Eltern. Der Erzieherin werden die Rollen als Begleiterin, Forscherin und Zeugin zugewiesen. Das Begleiten konkretisiert sich im Schaffen einer Atmosphäre des sozial-emotionalen Wohlbefindens, im einfühlsam verstehenden Beobachten und Zuhören sowie in der aktiven, Rückmeldung gebenden Präsenz, in der sich Nähe und Distanz abwechseln.
Der Kita-Raum erfüllt zwei Hauptaufgaben: Er gibt Kindern Geborgenheit und zugleich Herausforderung. Betont wird die Öffnung zwischen den Räumen und zum Leben in der Stadt. Die Gestaltung des räumlichen Ambientes zielt auf eine Atmosphäre des Wohlbefindens, das Stimulieren von Kontaktaufnahme, Kommunikation und gemeinsamem Handeln, Anregungen zum Tätigwerden, die Möglichkeit, auch Stille und Alleinsein wahrzunehmen, aber auch das Erleben von Bewegung, die Schaffung einer komplexen Raumästhetik und das Einladen der Kinder zur Mitgestaltung ihrer Räume.

 

Literatur

  • Dreier, A. (52004): Was tut der Wind, wenn er nicht weht? Berlin.
  • Krieg, E. (Hg.) (22004): Lernen von Reggio. Lage.
  • Lingenauber, S. (Hg.) (2004): Handlexikon zur Reggio-Pädagogik. Bochum.
     

Copyright-Hinweis:
Dieser Text ist urheberrechtlich geschützt. © 2011 Verlag Julius Klinkhardt. Quelle: Klinkhardt Lexikon Erziehungswissenschaft (KLE), hg. v. Klaus-Peter Horn, Heidemarie Kemnitz, Winfried Marotzki und Uwe Sandfuchs. Stuttgart, Klinkhardt/UTB 2011, ISBN 978-3-8252-8468-8. Nutzung mit freundlicher Genehmigung des Verlags. Das komplette Klinkhardt Lexikon Erziehungswissenschaft erhalten Sie im UTB-Online-Shop (Link s.u.)