61762429nKinder von psychisch erkrankten Eltern sind oftmals einem erhöhten Entwicklungsrisiko ausgesetzt. Wie KiTas dieses Risiko minimieren und die Kinder sowie auch ihre Eltern unterstützend begleiten können, zeigt Anja Thürnau im vorliegenden Buch auf. Die Autorin ist Erzieherin, Fachberaterin, Dipl.- Sozialpädagogin und Supervisorin und seit vielen Jahren gilt ihr besonderes berufliches Interesse den Kindern von Eltern mit psychischen Erkrankungen. Im Landkreis Hildesheim hat sie dazu in den vergangenen Jahren auch ein Netzwerk an Hilfen begründet. .

Das Buch gliedert sich in 10 Kapitel, welche von einer Einleitung und einem Ausblick gerahmt werden. Darüber hinaus hat Dr. Micheal Hipp ein Geleitwort vorangestellt, in dem er bescheinigt: „Anja Thürnau ist es mit ihrem Buch überzeugend gelungen, die Komplexität der Thematik Kinder psychisch kranker Eltern in einem ausgewogenen Verhältnis von Theorie und Praxis verständlich abzubilden.“

Bereits nach wenigen Absätzen in der Einleitung werden die Leser*innen mit der Frage „Was hat Sie zu diesem Buch greifen lassen?“ auch zu einer ersten Reflexion aufgefordert.. So beginnt die Autorin eine beinahe interaktive Kommunikation mit ihrer Leserschaft, die sich im Buch stetig fortsetzt.

Interaktive Kommunikation mit der Leserschaft

Jedes einzelne Kapitel beginnt sie übersichtlich mit einigen orientierenden Stichworten zum Inhalt. Das Kapitel 1 führt anschaulich in das Thema ein und verweist auf die Bedeutung für Fachkräfte. Kapitel 2 beschreibt einige Krankheitsbilder von Eltern, wie z.B. schizophren-, sucht-, affektiv- oder angsterkrankter Menschen und mögliche Auswirkungen auf die Lebenswelt der Familien und Kinder. Resilienzfördernde Schutzfaktoren für Kinder und Familien sowie die Bedeutung eines Kitabesuchs werden in Kapitel 3 dargestellt. Das Kapitel 4 widmet sich dem komplexen Thema Bindung. In dem Zusammenhang beschreibt Thürnau eindrücklich das „Phänomen“ der Parentifizierung, das sich häufiger bei Kindern aus belasteten Familien feststellen lässt. Was Fachkräfte in der Kita tun können, wird in Kapitel 5 ausführlich erklärt und durch eine Einführung in die Psychoedukation in Kapitel 6 ergänzt.

Herausragend ist in Kapitel 7 eine umfangreiche Präsentation von Materialien und auch Kinderbüchern für die Praxis. Hier zeigt sich, dass dieses Buch in jeder Hinsicht für die Fachpraxis in den Kitas vor Ort geschrieben wurde. Es gibt zu vielen Themen ergänzende Tipps, Hilfen, Praxismaterialien, Praxisbeispiele und Reflexionsfragen. Das Kapitel 8 widmet sich den Fachkräften und ihrer Selbstfürsorge im Kita-Alltag. Dieser Aspekt ist sehr wichtig, da die Arbeit mit den Familien der Kinder sehr belastend sein kann. Die Zusammenarbeit mit den erkrankten Eltern steht im Mittelpunkt des vorletzten Kapitels, bevor Anja Thürnau das Buch mit Aspekten des Kinderschutzes und dem Hinweis auf lokale Netzwerke für Kitas und Familien sowie einem Ausblick abschließt.

Fazit: Kompakt, praxisnah und gut lesbar

Kompakt, praxisnah und gut leserlich zeigt Anja Thürnau auf, warum Kinder von Eltern mit psychischen Erkrankungen oft ein erhöhtes Entwicklungsrisiko haben. Wie ein gelungener Kitabesuch dazu beitragen kann, dass ein Teil dieses Risikos abgemildert wird, erklärt sie anhand vieler Reflexionsfragen und Materialen. Fachkräfte werden so in die Lage versetzt im Alltag diese Kinder zu erkennen und zu stärken. Das Buch endet, wie es beginnt - nämlich mit einer Reflexionsfrage: „Was nehmen Sie an persönlichen Erfahrungen mit? Was nehmen Sie mit in Ihre Praxis?“


  • Anja Thürnau (2021): Kinder psychisch kranker Eltern in der Kita. Erkennen - verstehen - stärken. Freiburg in Breisgau: Herder, 160 Seiten, 24 Euro


Iris Hofmann, nifbe-Transfermanagerin