Prof. Dr. Renate Zimmer im Interview

Osnabrück Für die Leiterin des Niedersächsischen Instituts für frühkindliche Bildung und Entwicklung, Prof. Dr. Renate Zimmer, ist "Bewegung der Motor des Lernens". Bewegung sei entscheidend für eine "Weltaneignung mit allen Sinnen" und die Voraussetzung für die Entwicklung der Sprache, des Schreibens, Lesens und Rechnens. In diesem Sinne mache Toben schlau und müsse wieder stärker gefördert werden - denn die Verführung durch die unterschiedlichsten Unterhaltungsmedien drohe viele Kinder zu "Stubenhockern" werden zu lassen.

 

In der Titel-Geschichte des Spiegels vom 25.02.2008 bezieht nifbe-Forscherin Heidi Keller in der Diskussion um „Krippe oder Kinderzimmer: Wie viel Mutter braucht das Kind“ aus entwicklungspsychologischer Sicht Stellung. Unter Hinweis auf ihre interkulturellen Forschungen mit Müttern z.B. aus Afrika, Indien oder Südamerika warnt sie davor ein einziges universelles, natürliches Modell des Elternverhaltens zu unterstellen. Sie stellt klar: „Es gibt nicht das eine natürliche Muster. Es gibt Anpassungsstrategien“ und diese wiederum seien eindeutig kulturell geprägt.

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Innovative Elternkurse sollen frühzeitig Unterstützung bieten

Kein Lebensabschnitt ist für die gesunde Entwicklung des Menschen von so großer Bedeutung wie das erste Lebensjahr. Frauenärzte und Hebammen stellen fest, dass es eine zunehmende Verunsicherung im Umgang mit dem neugeborenen Kind gibt. Hier setzt die Katholische Erwachsenenbildung in Kooperation mit der Katholischen Familien-Bildungsstätte und der Universität Osnabrück mit dem vom nifbe geförderten Projekt „Fit für den Start“ an. Entwickelt wird ein innovatives Konzept für ein flächendeckendes Präventionsangebot für Mütter bzw. Eltern und Kinder, welches bereits in der Schwangerschaft beginnt und bis in das erste Lebensjahr reicht.

 

Schon seit mehr als einem Jahr setzen sich die beiden Initiatorinnen Dr. Ursula Hoffmann und Karin Twietmeyer für ein zusätzliches Angebot zur frauenärztlichen Schwangerenbetreuung und der Geburtsvorbereitung durch die Hebamme ein. Wie auch die Kinderärzte sehen sie in Ihrer Praxis einen deutlich gestiegenen Bedarf nach Hilfestellung für das Eltern-Sein und das Leben mit dem Kind.


Die Universität Osnabrück mit ihrem Fachgebiet „Entwicklung und Kultur“ bietet mit neusten wissenschaftlichen Erkenntnissen aus der Forschung der frühkindlichen Entwicklung die fachliche Grundlage für dieses Modellvorhaben. Ebenfalls können aus der dort angegliederten Babysprechstunde langjährige Erfahrungswerte der Beratungsarbeit mit jungen Familien für das Projektvorhaben genutzt werden.

Überforderung präventiv begegnen

„Die Tatsache, dass circa 15 Prozent der Elternhäuser mit den Erziehungsaufgaben überfordert sind und besonders Erstmütter/Ersteltern immer mehr Unkenntnis und Hilflosigkeit bei der Kindsversorgung zeigen, kann uns als Schwangerschaftsbetreuer nicht unberührt lassen“, so Dr. Ursula Hoffmann. Im Rahmen von „Fit für den Start“ wird ein zehn Doppelstunden umfassender Informations- und Erfahrungskurs konzipiert, der bereits in der ersten Hälfte der Schwangerschaft beginnt. Durch praktisches Lernen und Erfahrungsaustausch soll hier Elternkompetenz vermittelt werden, um die Mütter vor Überforderung und die Kinder in der Folge vor Vernachlässigung zu schützen.

 

Die großen Themen sind:

 

  • Freilegung bisher nicht genutzter emotionaler Fähigkeiten
  • Beziehung zwischen Eltern und Kind
  • das Baby verstehen
  • Familienalltag
  • Vernetzung der jungen Mütter untereinander
  • Schutz vor Überforderung
  • Grundzüge der Gesundheitsvorsorge.

 

Enge Kooperation mit verschiedenen Akteuren

In der Durchführung des Projekts ist eine enge Kooperation mit Einrichtungen des Gesundheitswesens, der Erwachsenenbildung sowie der Kinder- und Jugendhilfe vorgesehen. Christiane van Melis, Leiterin der Katholischen Familien-Bildungsstätte, wies in diesem Sinne explizit darauf hin, dass die Zusammenarbeit bereits in der Entwicklungsphase des Modellkurses gewünscht ist. Die konkrete inhaltliche Ausgestaltung dieser Kurse wird in Form von Tagungen und Workshops mit den Netzwerkpartnern begleitet, um verschiedenste Anliegen und Sichtweisen in diese Kurse zu integrieren. Im weiteren Projektverlauf ist es geplant, Mitarbeiter aus verschiedensten Einrichtungen als Kursleiter zu schulen, so dass die entwickelten Kursmodelle im weiteren Verlauf in Einrichtungen der Kooperationspartner angeboten werden können. Im September und Oktober 2008 sollen zunächst die Aus- und Weiterbildung der TrainerInnen durchgeführt werden, um dann im Anschluss rund 40 Kurse nach diesem Modell in Osnabrück und Wallenhorst für Eltern wohnortnah anbieten zu können. Ziel ist es in der Zukunft, Erstmütter in Osnabrück flächendeckend mit diesem Kurs zu erreichen.

Als Einrichtung der Erwachsenenbildung übernimmt die Katholische Erwachsenenbildung Osnabrück (KEB) die Trägerschaft des Projektes. "Menschen fit zu machen zur Bewältigung von Lebenssituationen ist Kernaufgabe der KEB und kann in diesem Projekt hervorragend umgesetzt werden", so Herbert Rosemann, Geschäftsführer der KEB. Ziel ist die Umsetzung des Projekts auch über die Grenzen von Osnabrück hinaus.

 

Weitere Informationen und Kontakt:


Katholische Erwachsenenbildung
Projekt „Fit für den Start“
Birgit Elixmann
Große Rosenstraße 18
49074 Osnabrück
Telefon 0541/ 35868-22
Fax 0541/35868-20
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Viele Hände sind im Spiel, wenn es um das Wohl eines Kindes in den ersten Jahren geht: Von den Eltern über Hebammen, Kinderärzte, Erzieherinnen und Lehrer bis zur Kinder- und Jugendhilfe, von der Politik über die Forschung bis zur Aus- und Weiterbildung der pädagogischen Fachkräfte reicht die breite Palette. Die Aktivitäten all dieser Beteiligten sind bisher allerdings oftmals mehr durch ein Nebeneinander als durch ein konsequentes und aufeinander abgestimmtes Miteinander geprägt.

Das nifbe setzt daher auf eine landesweite Vernetzung und Verzahnung: „Um die ersten Jahre eines Kindes möglichst optimal zu gestalten, müssen alle Beteiligten an einem Strang ziehen und der Transfer aus der Forschung in die Praxis wie auch umgekehrt sicher gestellt werden“, so Prof. Dr. Renate Zimmer, Institutsleiterin des nifbe.

 

Einladung zur Beteiligung

Dafür nehmen jetzt in Emden, Hannover, Hildesheim, Lüneburg und Osnabrück fünf regionale nifbe-Zentren mit den dort angestellten Netzwerk-ManagerInnen ihre Arbeit auf. Zeitgleich wird am 26. Februar 2008 der offizielle Startschuss für die Vernetzung vor Ort gegeben. Alle relevanten Akteure aus der frühkindlichen Bildung und Entwicklung sind eingeladen, in den interdisziplinären Austausch zu kommen sowie gemeinsame Strategien und Arbeitsschwerpunkte für die Zukunft festzulegen.

Querschnittsaufgaben in den regionalen Netzwerken sollen die Aus- und Weiterbildung des pädagogischen Fachpersonals, die modellhafte Entwicklung frühpädagogischer Konzepte und vor allen Dingen auch die Elternbildung sein. „Wir brauchen eine enge Bildungspartnerschaft zwischen den Eltern und den Erzieherinnen in Kindergärten und auch den Lehrern in Grundschulen“, hebt Zimmer hervor.

Aus den regionalen Netzwerken sollen darüber hinaus Transfer- und Kooperationsprojekte entwickelt werden, für die im Rahmen des nifbe 1,2 Millionen Euro zur Verfügung stehen. Im Fokus steht hier die modellhafte Umsetzung von wissenschaftlichen Erkenntnissen und innovativen Verfahren in die Aus- und Weiterbildung sowie in den Alltag von Kindergärten.