Jahrestagung der Deutschen Liga für das Kind


wir sind da 250Unter dem Motto „Wir sind da!“ standen auf der Jahrestagung der Deutschen Liga für das Kind insbesondere die Kinder und Familien mit Fluchterfahrung und darüber hinaus grundsätzlich der Umgang mit Vielfalt im Fokus. Liga-Präsidentin Prof. Dr. Sabine Walper konnte in den Räumlichkeiten des Rheinischen Industriemuseums in Oberhausen rund 200 Gäste aus dem Feld der frühkindlichen Bildung und Entwicklung begrüßen.

Sie wies zur Einführung auf die rund 65 Millionen Menschen hin, die Ende 2015 auf der Flucht waren, darunter rund ein Drittel Kinder. „Kinder mit Fluchterfahrung sind besonders schutzbedürftig und brauchen sichere Orte“ sagte sie und unterstrich zugleich die Bedeutung der ersten Jahre für die gesamte Entwicklung. Daher seien neben der Gesundheit die Frühe Teilhabe und Bildung entscheidende Faktoren.
Auf der zweiten nifbe-Regionalkonferenz „Kinder und Familien mit Fluchterfahrung in der Kindertagesbetreuung“ standen in Lüneburg Themen wie die Pädagogische Professionalität in der Flucht- und Migrationsgesellschaft, die Mehrsprachigkeit, das Trauma sowie übergreifend die KiTa als sicherer Ort im Fokus.

sagrabelna 150Nach der Begrüßung durch den gastgebenden VHS-Leiter Gerhard Cassens unterstrich Verena Sagrabelna vom Niedersächsischen Kultusministerium die Bedeutung der KiTa für eine Integration und für gleiche Bildungschancen von Anfang an. Im Sozialraum KiTa könne die Vielfalt tagtäglich er- und gelebt werden und so hätten viele Pädagogische Fachkräfte auch schon große Erfahrungen im Umgang mit Interkulturalität. Für die Aufnahme von Kindern und Familien mit Fluchthintergrund in die KiTa seien allerdings noch „erweiterte Handlungskompetenzen“ notwendig. Zur Unterstützung der Praxis habe das Kultusministerium in Kooperation mit dem nifbe, der Agentur für Erwachsenen- und Weiterbildung, dem Kindertagespflegebüro und dem Kinderschutzbund so auch die Qualifizierungsinitiative „Vielfalt fördert! Vielfalt fordert!“ initiiert, die aus zwei Säulen bestehe: Der Ausbildung von bis zu 200 MultiplikatorInnen und der Durchführung von zehn Regionalkonferenzen rund um das Thema Flucht. Über die auf nun 12 Millionen Euro verdoppelten Mittel für die Sprachförderung in den Städten und Kommunen könnten auch Fortbildungen zu den verschiedenen Aspekten des Umgangs mit Kindern und Familien mit Fluchthintergrund in der KiTa durchgeführt werden.

nifbe-Interviewreihe zu Kindern und Familien mit Fluchterfahrung

Im dritten und abschließenden Teil unserer kleinen Interviewreihe zum Umgang mit Kindern und Familien mit Fluchterfahrung in der KiTa geht Prof. Dr. Renate Zimmer im Gespräch mit Karsten Herrmann insbesondere auf die Bedeutung der KiTa als Ort der Sicherheit und der verlässlichen Beziehungen sowie auf die Sprachförderung und die Möglichkeiten der nonverbalen Kommunikation ein. Grundsätzlich plädiert sie dafür, die Vielfalt als Chance und Bereicherung zu sehen.

Die Zahl der Kita-Kinder mit einem Migrationshintergrund steigt weiter an. 2015 besuchten bundesweit fast 2 Millionen Kinder zwischen 3 und 6 Jahren eine Kita – gut 560.000 mit einem Migrationshintergrund. Vergangenes Jahr kamen zusätzlich 70.000 bis 80.000 Kinder unter 6 Jahren neu nach Deutschland. Sprache bildet die Basis für gegenseitiges Kennenlernen, Verstehen und erfolgreiche Integration. Vor diesem Hintergrund statten die Stiftung Lesen, die Deutsche Bahn Stiftung und der Carlsen Verlag alle rund 50.000 Kitas in Deutschland mit dem Vorlesekoffer „Alle Kinder dieser Welt“ aus.
Die angeborene, genetisch bedingte Lese-/Rechtschreibstörung (Legasthenie) und die Rechenschwäche (Dyskalkulie) sind Beeinträchtigungen, die Kinder in ihrer persönlichen, sozialen und emotionalen Entwicklung wesentlich beeinflussen können. Viele Betroffene erfahren oftmals schon zu Beginn ihrer Schulzeit Diskriminierungen, obwohl sie, wissenschaftlich belegt, vielfach einen normalen bis überdurchschnittlichen Intelligenzquotienten haben. Petra Wontorra, Niedersächsische Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen, warnt: „Vorhandene Talente können aber verkümmern, wenn die individuelle Leistung kaum Wertschätzung erfährt. So können auch für den Arbeitsmarkt wertvolle Potentiale verloren gehen."
autismusDem immer noch rätselhaften und für viele Menschen fremden Phänomen des Autismus geht der Diplom-Sozialpädagoge und erfahrene Therapeut Klaus Kokemoor auf die Spur und bietet dabei neben theoretischem Hintergrundwissen auch viele Praxisbeispiele und Praxiserfahrungen an.

Grundsätzlich führt Klaus Kokemoor das „Verstehen“ als wesentliche Grundlage ein, um eine Brücke zu einem anderen Menschen herzustellen, um die Ursachen und zugrunde liegenden Bedürfnisse seines Verhaltens zu erkennen und ihn so anzunehmen, wie er ist. Dieses falle bei einem autistischen Kind besonders schwer, denn „es wirkt wie ein Kind einer anderen Kultur, einer anderen Lebensform“. In diesem Sinne unterstreicht er daher die auch bei der interkulturellen Kompetenz so „fundamentale Bedeutung des Perspektivwechsels“, um die kulturellen Umgangsformen der Nichtbetroffenen zu erfassen und ihnen adäquat zu begegnen.
Die Zahl der Kinder unter 3 Jahren in Kindertagesbetreuung ist zum 1. März 2016 gegenüber dem Vorjahr um rund 26 200 auf insgesamt knapp 719 600 Kinder gestiegen. Der Anstieg fiel damit weniger stark aus als in den Vorjahren (2015: + 32 600). Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) anhand der Ergebnisse zur Statistik der Kindertagesbetreuung weiter mitteilt, lag die Betreuungsquote am Stichtag bundesweit bei 32,7 % (2015: 32,9 %). Die im Vergleich zum Vorjahr leicht niedrigere Betreuungsquote ergibt sich trotz einer gestiegenen Zahl betreuter Kinder unter 3 Jahren aus der Zuwanderung und einer höheren Geburtenzahl.
Wie steht es mit der Qualitätsentwicklung, mit Chancengerechtigkeit und dem Umgang mit Vielfalt in den deutschen KiTas nach dem forcierten Platzausbau? Dieser Frage geht das Heft 3/2016 des vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. herausgegebenen „Archivs für Wissenschaft und Praxis der sozialen Arbeit“ mit einer Reihe von aufeinander abgestimmten Fachbeiträgen nach.

Neue nifbe-Plakate und Infokarten zum Thema KiTa & Flucht


Die Aufnahme und Integration der aus den Kriegs- und Krisengebieten dieser Welt nach Deutschland geflüchteten Menschen stellt unsere gesamte Gesellschaft vor vielfältige Herausforderungen. Die KiTas können bei der Integration von Anfang an eine Schlüsselrolle einnehmen. Dafür ist es zunächst einmal wichtig, Vertrauen aufzubauen und insbesondere den Kindern ein sicheres Ankommen im Hier und Jetzt zu ermöglichen. Auch Kinder mit Fluchterfahrung sind in erster Linie Kinder: verschieden und besonders, aber mit gleichen Grundbedürfnissen.
Die Wirtschaft wächst, doch die Kinderarmut auch: In Deutschland leben heute im Vergleich zu 2011 mehr Kinder in Familien, die auf staatliche Grundsicherung angewiesen sind. Das zeigen aktuelle Berechnungen der Bertelsmann Stiftung für Bundesländer, Städte und Kreise. Für die Mehrheit der Kinder ist Armut ein Dauerzustand – staatliche Unterstützung orientiert sich nicht am Bedarf Heranwachsender.