"Engagiert und motiviert über Jahrzehnte"


Prof. Dr. Renate Zimmer prägte über Jahrzehnte hinweg die frühkindliche Bildung auf nationaler und auch internationaler Ebene und etablierte die Bewegung als Motor der Entwicklung und des Lernens. Jetzt ist sie von der Universität Osnabrück feierlich in den Ruhestand verabschiedet worden. Doch eines machte sie ganz deutlich: Ihr Einsatz für die frühkindliche Bildung wird nicht nachlassen und so bleibt sie auch weiterhin Direktorin des nifbe.


IMG 3533Renate Zimmer im Gespräch mit Universitätspräsident Prof. Dr. Wolfgang Lücke. Daneben v. r.n.l.: Prof. Dr. Peter Elflein, Prof. Dr. Dierich Helms, Manfred Höhne, Hans ZimmerRenate Zimmer war seit 1981 als Professorin für Sportwissenschaft im Institut für Sport- und Bewegungswissenschaften tätig und, so Universitätspräsident Prof. Dr. Wolfgang Lücke, „beeindruckte auf nationaler und internationaler Ebene durch zahllose Forschungsprojekte und Publikationen. Sie zählt seit langem zu den führenden Expertinnen der frühkindlichen Bewegungserziehung“. Zu Zeiten als die frühkindliche Bildung noch als „Karrierekiller“ galt, widmete sie sich dieser mit allem Engagement und zeigte das Potenzial der Bewegung als Schnittstelle zur sozialen, emotionalen und kognitiven Kompetenzentwicklung oder auch zuletzt zur Sprachbildung auf. Dabei blieb sie nicht auf der Forschungsebene stehen, sondern sorgte gleichzeitig durch Modellprojekte, durch Bücher wie „Toben macht schlau“ und eine unermüdliche Vortragstätigkeit für den Transfer ihre Ergebnisse in die Praxis der KiTas und Grundschulen. Zu einem Aushängeschild wurde auch der von ihr initiierte und geleitete Kongress „Bewegte Kindheit“, der 1991 zum ersten Mal stattfand und in diesem Jahr sein 25jähriges Jubiläum feierte. Mit über 3.000 TeilnehmerInnen und über 170 Vorträgen, Seminaren und Workshops ist er der bundes- und wohl auch europaweit größte und renommierteste Kongress zur frühkindlichen Bildung.

Verdienstorden und "Professorin des Jahres"

2007 wurde sie wegen ihres besonderen gesellschafts- und bildungspolitischen Engagements für Kinder durch den Bundespräsidenten Horst Köhler mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet und 2009 von den Studierenden zur „Professorin des Jahres“ in Deutschland gewählt. Renate Zimmer, so resümierte Wolfgang Lücke ein beeindruckendes Lebenswerk, „hat in ihrer 35jährigen Tätigkeit entscheidend zum Renommee der Universität Osnabrück beigetragen“.

Renate Zimmer nahm nach ihrem Abitur ein Sport-Studium an der Deutschen Sporthochschule Köln und am Hochschulinstitut für Leibeserziehung an der Universität Mainz auf, das sie als Sportpädagogin abschloss. Vier Jahre arbeitete sie als Lehrerin an einem Gymnasium und an einer Grundschule und begann dann ein zweites Studium an der Erziehungswissenschaftlichen Hochschule Rheinland-Pfalz, welches sie 1976 mit dem Abschluss als Diplom-Erziehungswissenschaftlerin mit dem Schwerpunkt „Frühe Kindheit“ beendete. Anschließend war Zimmer als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Pädagogischen Hochschule Niedersachsen (Hildesheim) tätig. 1980 promovierte sie an der Universität Osnabrück und wurde nur ein Jahr später zur Professorin für Sportwissenschaft berufen.

Vielzahl von wichtigen Positionen in der Uni übernommen

Wie Prof. Dr. Dietrich Helms und Prof. Dr. Peter Elflein aufzeigten, übernahm Renate Zimmer an der Universität eine Vielzahl von wichtigen Positionen: Sie war unter anderem Mitglied des Senates, Sprecherin des Fachgebiets Sportpädagogik, Leiterin des Instituts für Sport- und Bewegungswissenschaften sowie Dekanin des Fachbereichs Erziehungs- und Kulturwissenschaften. Stark habe der Fachbereich und das Institut von ihren zahlreichen Drittmittelprojekten und insbesondere auch vom nifbe profitiert, dem Renate Zimmer seit 2007 als Direktorin vorsteht. „Renate Zimmer“, so Helms, „hat Bewegung nicht nur erforscht, sondern unglaublich viel in Bewegung gesetzt und in Bewegung gehalten.“

Reinhold Mokrosch und Burkhard JasperDurch die Reden und Erinnerungen der WeggefährtInnen zogen sich an diesem Abend insbesondere auch zwei einschneidende Wegmarken: Die Rettung der Sportwissenschaften am Standort Osnabrück im Jahr 2000 sowie die große UnterstützerInnenkampagne zum Erhalt des nifbe in seiner innovativen Verbindung von Forschung und Praxis im Jahr 2015. Unbeugsamen Widerstand“ und „Protest in allen Formen“ attestierte ihr Prof. Dr. Reinhold Mokrosch dabei und der Landtagsabgeordnete Burkhard Jasper ergänzte: „Wenn an der frühkindlichen Bildung gespart werden soll, ist Renate Zimmer nicht mehr zu halten“.

Claudia Solzbacher und Reinhard SliwkaNifbe-Gründungsmitglied Prof. Dr. Claudia Solzbacher erinnerte in einer launisch-amüsanten Rede an die Entstehungsgeschichte des nifbe, in der Renate Zimmer bei jedem Besuch im Ministerium ihre „Kampfhosen“ angezogen und dafür gesorgt hätte, dass letztlich trotz unterschiedlichster Interessen schließlich alle „an einem Strang zogen“. Und auch als das nifbe trotz zweier positiver Evaluationen und seiner bundesweiten Vorreiterrolle im letzten Jahr um seinen Bestand fürchten müsse, kamen die „Kampfhosen“ wieder zu Ehren. „Niemals aufgeben, zur Not die Nacht zum Tag machen und kompromisslos für die eigenen Überzeugungen einstehen“ – das zeichne Renate Zimmer und ihren Erfolg aus, so Claudia Solzbacher. Im Gegensatz zu seinen Vorrednern von der Universität Osnabrück, die Abschied von Renate Zimmer nehmen mussten, freute sich nifbe-Geschäftsführer Reinhard Sliwka darüber, dass diese nun noch mehr Zeit für das nifbe habe und sich hier nun „mit Volldampf“ engagieren könne. „Sie werden eine persönlich und wissenschaftlich prägende Persönlichkeit im Feld der frühkindlichen Bildung und Entwicklung bleiben und noch viele Impulse setzen und wichtige Weichen stellen!“ schloss er.

Erfolgreiche Wissenschaftlerin und und starke Persönlichkeit

Im Laufe der Verabschiedung kristallisierte sich Stück für Stück nicht nur das Bild einer erfolgreichenWissenschaftlerin heraus, die immer den Transfer in die Praxis im Blick hat, sondern auch das Bild einer großen Persönlichkeit mit „schier unerschöpflicher Vitalität“ und „unglaublicher Power“: „Authentisch“, „tough“ „gerade heraus“, „sehr ehrlich“, „ausgleichend“, „stets freundlich“, “charmant“ oder „wohltuend unkonventionell“ waren so nur einige der hervorgehobenen Charaktereigenschaften von Renate Zimmer.

panorma2Renate Zimmer vor dem Abschiedsgeschenk ihrer MitarbeiterInnen und StudentInnen
Und auch von ihren MitarbeiterInnen und den Studierenden bekam sie abschließend höchstes Lob: Renate Zimmer brenne „mit Leib und Seele für ihre Sache“, begeistere in der Lehre durch ihre Hingabe und Wertschätzung und setze sich unermüdlich für die Belange ihrer StudentInnen ein. Hervorgehoben wurde auch ihr Talent Verbindungen zu schaffen und unterschiedlichste Menschen zusammen zu führen. Als Abschiedsgeschenk rollten sie die lebensgroße und künstlerisch gesaltete Nachbildung einer Kuh in den Saal – nicht zuletzt als Symbol dafür, dass Renate Zimmer in ihrem Leben so manche „Kuh vom Eis“ geholt hat und vielleicht auch noch weitere vom Eis holen muss.

"Widerstand statt Ruhestand"


Renate Zimmer„Widerstand statt Ruhestand“ gab Renate Zimmer so auch als Slogan für die Zeit nach der Universität aus und kündigte an, sich weiter kompromisslos für die frühkindliche Bildung einzusetzen. Ausdrücklich dankte sie ihren vielen WeggefährtInnen, MitstreiterInnen und MitarbeiterInnen, ohne die das Erreichte nicht möglich gewesen wäre. Als Highlight ihrer Universitätskarriere hob sie die Gründung des nifbe im Jahr 2007 heraus, mit dem sich „viele Chancen eröffnet haben“. Aktuell würden so ihre Forschungsergebnisse und Konzepte aus dem nifbe zur alltagsintegrierten Sprachbildung und –beobachtung flächendeckend in Nordrhein-Westfalen eingeführt. Auch zukünftig werde sie weiterhin für aktuelle gesellschaftspolitische Themen wie der sprachlichen und sozialen Integration von Flüchtlingskindern einsetzen.