Als erstes Bundesland hat Nordrhein-Westfalen vor neun Jahren damit begonnen, Familienzentren zu entwickeln. Unterdessen gibt es in allen Bundesländern ähnliche Einrichtungen. In Niedersachsen etwa sind es gegenwärtig rund 300. Familienzentren liegen also im Trend. Doch was genau zeichnet sie aus? Was passiert in diesen Zentren und wie werden sie genutzt? Erläuterungen dazu von Heike Engelhardt. Sie koordiniert die landesweite, interdisziplinärinterdisziplinär|||||Unter Interdisziplinarität versteht man das Zusammenwirken von verschiedenen Fachdisziplinen. Dies kann auch als „fächerübergreifende Arbeitsweise“ verstanden werden, z.B wenn Psychologen, KinderärztInnen, ErzieherInnen und Lehrende zusammen an einer Fragestellung arbeiten.e Expertengruppe Familienzentren im Niedersächsischen Institut für frühkindliche Bildung und Entwicklung (nifbe).

  • Frau Engelhardt, Familienzentren gibt es in Deutschland erst seit rund zehn Jahren. Eine neue Erfindung also?

Heike Engelhardt 2Heike Engelhardt: Es gab schon in den Sechziger-, Siebzigerjahren Unterstützung in den Gemeinden für Familien: die Familienhebammen und Gemeindedienste etwa. Das wurde jedoch nach und nach wieder eingestellt. Die heutigen Familienzentren gehen unter anderem auf die Early Excellence Centres in Großbritannien zurück, mit diesem Förderprogramm wollte die britsche Regierung Familien in prekären Lagen – also etwa in Gegenden mit hoher Arbeitslosigkeit – unterstützen. Hierzulande gibt es keine einheitliche Beschreibung für Familienzentren. Die Expertenrunde des nifbe hat deshalb vor zwei Jahren eine Definition für Niedersachsen verabschiedet. Demnach sind Familienzentren Orte der Begegnung, der Bildung und Beratung für Familien. Sie sind für alle Familien in der Umgebung offen. Wenn sich also zum Beispiel eine Kita zu einem Familienzentrum weiterentwickelt, dann ist sie nicht nur für die Familien, die ihr Kind dort angemeldet haben, offen, sondern auch für andere Eltern. Es geht letztendlich darum, wohnortnah viele familienunterstützende Angebote vorzufinden, die sich an den Bedürfnissen der Familien orientieren.

  • Wie arbeiten die Zentren?

Heike Engelhardt: Auch hier ist der Ansatz der Early Excellence Centres Vorbild. Es geht um Wertschätzung. Die Eltern werden als Experten ihres Kindes angesehen. Sie kennen ihr Kind, sie wissen, was es mag, was es gern isst, womit es sich gern beschäftigt. Über diesen Zugang lässt sich eine gute, vertrauensvolle Basis schaffen, auf der es dann auch leichter gelingt, Probleme anzusprechen und beispielsweise Fördermaßnahmen zu empfehlen. Es ist eine Frage der Haltung, die Situation aus den Potenzialen heraus zu betrachten "dies kann Ihr Kind sehr gut, haben Sie das zu Hause auch schon entdeckt, und dort können Sie Ihr Kind noch unterstützen". Das ist eine große Herausforderung für das Personal und erfordert auch eine hohe Professionalität.

  • Es geht also in erster Linie um die Kinder?

Heike Engelhardt: Ja, im Grunde geht es zentral um die Kinder in ihren Familien und darum, was Familien insgesamt brauchen. Es können auch ganz einfache Dinge sein. In einem Zentrum beispielsweise haben sich Mütter gewünscht, schwimmen zu lernen. Sie waren in Sorge, ihren Kindern im Schwimmbad nicht helfen zu können. Andere wollten Fahrradfahren lernen, um mobiler zu sein. Es gibt künstlerische Angebote oder Ernährungskurse. Die Palette ist sehr groß und wird auch von den Familien selbst mitgestaltet. Diese Angebote stärken die Mütter und das wiederum stärkt das Familienleben.


Dazu auf der didacta 2015 in Hannover


Dienstag 24. bis Samstag 28. Februar 2015

Sonderschau des nifbe "Forschung - Vernetzung – Transfer" in der in der Kita-Halle 17 am Stand F38. Dort werden täglich vier kostenlose und offene Workshops zu folgenden Themenbereichen angeboten: "Arbeit mit Kindern unter drei", "Material- und Lernwerkstatt", "MINT", "Sprache (im Übergang)" und "Inklusion".


Dienstag, 24. Februar 2015,


Sozialraumorientierung - die Kita als Familienzentrum

Kindertageseinrichtungen sind heute mehr als nur bloße Bildungshäuser für Kinder. Vielmehr haben sie den Auftrag der Unterstützung und Förderung der ganzen Familie durch Netzwerkbildung und Verknüpfungen innerhalb des Sozialraumes. Als zentraler Bestandteil der kommunalen Kinder- und Jugendhilfeplanung sollten sie sich an den konkreten Bedürfnissen vor Ort orientieren, um den Familien nah am Wohnort liegende Lösungen im Stadtteil zu ermöglichen. Doch wie können die unterschiedlichen Angebote für die unterschiedlichen Zielgruppen entwickelt werden? Im Workshop werden Lösungsansätze aufgezeigt und am Beispiel der Early Excellence Centres in Großbritannien dargestellt. Workshop im Rahmen der Kita-Seminare. Referentinnen: Mario Gräff und Ute Günther. 13:00 -14:30 Uhr, Convention Center (CC), Saal Heidelberg


Bündnis Frühkindliche Bildung: Familienzentrum ist nicht gleich Familienzentrum - was macht eine Kita zum Zentrum für Familien?

Zentren für Familien haben je nach Bundesland verschiedene Bezeichnungen, sind an unterschiedliche Institutionen angebunden und werden unterschiedlich finanziert. Vielerorts entwickeln sich Kindertageseinrichtungen zu Familienzentren. Was bedeutet das für die Kita, die Kinder, die Eltern und die Erzieher/-innen? Wer bestimmt, wer Familienzentrum wird, was ein Familienzentrum ausmacht und wie der Weg dahin beschritten wird. Mit Jan Hofer, WDR, diskutieren Heike Engelhardt, nifbe, Prof. Dr. Wassilios E. Fthenakis, Didacta Verband der Bildungswirtschaft; Sandra Gottwald, Evangelisches Kinder- und Familienzentrum Wolfsburg Kobelt Neuhaus, Bundesverband der Familienzentren und Prof. Dr. Waldemar Stange, Leuphana Universität Lüneburg. 14:00 – 14:45, Forum didacta aktuell, Halle 23, Stand E41.

 

Quelle: wwww.bildungsklick.de