In Kooperation mit dem nifbe ist jetzt an der Universität Osnabrück das „KinderWerk“, eine Forschungs- und Lernwerkstatt für Kinder im Alter von drei bis zehn Jahren, eröffnet worden. Die Federführung bei der Realisierung hatten Prof. Dr. Ulrike Graf und Prof. Dr. Hilmar Hoffmann, die neben ihren Universitätsprofessuren auch gemeinsam die nifbe-Forschungsstelle Elementar- und Primarpädagogik leiten.

graf 200Im „KinderWerk“, so Ulrike Graf zur Begrüßung der zahlreichen Eröffnungsgäste, sollen Kinder gemeinsamen mit StudentInnen, Lehrenden und ErzieherInnen „den Dingen der Welt begegnen, entdecken und erforschen.“ In der Lernwerkstatt sollten die Kinder ihrem eigenen Gestaltungswillen folgen können, ohne sich in der Offenheit des Materialangebots und der Aufgabenstellung zu verlieren. Die Lernwerkstatt, so Ulrike Graf, öffne einen Raum der Begegnung und Verständigung über kindliche Zugänge zur Welt, über Potentiale von Materialien, Angebotsstrukturen und Bildungsbegleitung. Die spannendste Frage sei dabei für sie „was die Kinder denn tatsächlich tun, wenn sie etwas tun“. Sie warb für die Lernwerkstatt „als anerkanntem Teil einer institutionalisierten Bildungskultur in Hochschulen“.

IMG 2395In diesem Sinne freute Uni-Vizepräsident Prof. Dr. Joachim Härtling sich über das „KinderWerk“ als nunmehr vierter Lern- und Forschungswerkstatt an der Universität Osnabrück und versprach, die „Kultur des forschenden Lernens“ und die „ideale Kombination von Theorie und Praxis in den Lernwerkstätten“ hier noch weiter auszubauen. Er unterstrich auch die Bedeutung des Übergangs von der KiTa in die Grundschule, der in der neuen Lernwerkstatt ausdrücklich in den Blick genommen werde.

Von den Phänomenen ausgehen

wedekind 200Im Rahmen der Eröffnung startete auch eine von Universität Osnabrück und nifbe konzipierte Fortbildungsreihe für Studierende, Pädagogische Fachkräfte und LehrerInnen. Den Auftaktvortrag übernahm dabei Prof. Dr. Hartmut Wedekind von der Alice Salomon-Hochschule in Berlin, der als einer der Gründungsväter der Lernwerkstattbewegung gilt. Statt über Lernwerkstätten zu dozieren begann er damit „Lernwerkstatt zu machen“. Mit dem magischen Phänomen einer den Blicken einer Versuchsperson folgenden Streichholzschachtel an einem Bindfaden machet er die ZuhörerInnen neugierig und ließ sie dem Phänomen in der Praxis experimentell nachspüren.  Und damit hatte Hartmut Wedekind schon ein Grundprinzip der Lernwerkstatt plastisch vermittelt: „Es geht darum, Phänomene wahrzunehmen und Neugierde zu entwickeln.“

Im Hinblick auf die Vermittlung von Naturwissenschaften zeigte er eindringlich auf, dass nicht die abstrakte Ebene, die Forschungserkenntnis und Formel der Ausgangspunkt sein dürfe, sondern die direkte Begegnung mit den Naturphänomenen und der Prozess des Entdeckens von Anfang an. Kinder müssten sich „in die Wirklichkeit einwurzeln“, wie Martin Wagenschein es genannt habe.

In diesem Sinne forderte Hartmut Wedekind, dass die pädagogische Praxis sich am wirklichen Verstehen orientieren müsse. Kinder müssten eine Sache „ganz lange durchdenken, nachfragen, abwägen, nachspüren“ und - nachdem sie ihre Zweifel und Widersprüche abgearbeitet hätten – „wirklich überzeugt sein“.


"Umwege erhöhen die Ortskenntnisse"

In Modifikation des klassischen Forscher-Kreises, der von der eigenen Frage des Kindes ausgeht, sah er am Anfang die „spielenden und explorierenden Erkundungen“, aus denen dann Verwunderung und Interesse resultierten. Nach einem vertieften Explorieren begännen die Kinder schließlich Ideen zu entwickeln und Vermutungen zu äußern, Materialien zusammen zu stellen, zu planen und Versuche durchzuführen. Am Ende stünden dann das Reflektieren der Lernwege und Erkenntnisse sowie das Entwickeln von neuen Ideen und Fragestellungen.

Dieser nach dem von ihm geleiteten Kinderforschungszentrum Helleum in Berlin benannte Forscher-Kreis  kann, so Wedekind, „optimal in Kontexten von Lernwerkstätten umgesetzt werden“. Diese seien „Orte für versuchsweises Probehandeln und entdeckendes Lernen“. Wichtig sei hier auch, dass sie offen für Fehler, Irrtümer und Umwege seien, denn, so pointierte Hartmut Wedekind zum Abschluss seines Vortrages: „Umwege erhöhen die Ortskenntnisse“.


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