Rund 60% der befragten KiTa-KiTa-Leitungen konstatieren in der Befragung eine starke Zunahme der Kinder mit herausfordernden Verhalten in ihren Einrichtungen in den letzten Jahren. Über die Hälfte der Befragten schätzt den Anteil in ihrer KiTa zwischen 11 und 25 Prozent ein, ein weiteres gutes Viertel im Bereich zwischen 26 und 50 Prozent. 7 Prozent schätzen den Anteil aktuell sogar auf über 50 Prozent ein. Durchschnittlich kann man so von rund fünf Kindern in einer 20köpfigen Kindergartengruppe ausgehen, deren Verhalten in sozialer oder emotionaler Hinsicht als herausfordernd wahrgenommen wird. Fast zwei Drittel der befragten KiTa-Leitungen sehen ihre Teams entsprechend als „stark bis sehr stark belastet“ an.
"Der geht mir dann über Bänke und Tische"
„Kinder sind lauter und ungeduldiger geworden“ oder „Der geht mir dann über Tische und Bänke“ - so konkretisierten KiTa-Leitungen beispielsweise ihre aktuellen Wahrnehmungen. In der Folge würden auch immer mehr junge Fachkräfte professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Zurückgeführt wird das Verhalten der Kinder unter anderem darauf, dass es Eltern „immer schwerer fällt ihre Kinder selber zu erziehen und Grenzen zu setzen“.Konstatiert wird aber auch: „Viele Kinder mit herausforderndem Verhalten müssten dieses nicht zeigen, wenn die Kita ihnen einen Rahmen bieten würde, in dem sie von den ErzieherInnen gut begleitet werden könnten.“
Personalmangel verschärft die Lage
Landesweit sehen KiTa-Leitungen ihre Teams neben den Kindern mit herausforderndem Verhalten zusätzlich zu gut zwei Dritteln durch den aktuellen Personalmangel belastet. 71 Prozent berichten dabei von einer starken bis sehr starken Zunahme dieses Belastungsfaktors in den letzten Jahren. Als weitere Belastungsfaktoren geben die KiTa-Leitungen insbesondere räumliche Probleme (25 Prozent) und eine herausfordernde Zusammenarbeit mit Eltern (23 Prozent) an.Als zum Teil mittel- bis langfristige Entlastungsfaktoren führen die befragten KiTa-Leitungen insbesondere an:
- Mehr Personal; kleinere Gruppen; Verbesserung des BetreuungsschlüsselBetreuungsschlüssel||||| Der Betreuungsschlüssel gibt an wieviele Personen, für die Betreuung anderer Personen zur Verfügung stehen. Es wird meist in dem Format angegen 1:n, um zu verdeutlichen, dass eine Persone für eine bestimmte Anzahl n Personen zuständig ist. Der Betreuungsschlüssel wird auch als Personalschlüssel angegeben, oder im Bereich der Schule, als Klassengröße. Bei Vorgaben zu Betreuungsschlüssel spielen auch die Qualifikationen der betreuuenden Personen eine Rolle. s
- Mehr fachlich spezialisiertes Personal in der Einrichtung (z.B. Heilpädagog*innen)
- Mehr Begleitung / Unterstützung durch externe Stellen / externe fachlich spezialisierte Fachkräfte
- Supervision; Fortbildung
"KiTas stehen mit dem Rücken zur Wand"
Der nifbe-Vorstandsvorsitzende Prof. Dr. Kai-Uwe Kühnberger resümiert angesichts der Ergebnisse der Befragung: „Rund zwei Drittel der KiTas in Niedersachsen stehen mit dem Rücken zu Wand und fühlen sich stark bis sehr stark belastet. Hier muss dringend Entlastung geboten werden, kurzfristig beispielsweise auch durch den verstärkten Einsatz von spezifisch qualifizierter Fachberatung.“Zugleich warnt er aber auch davor, Kinder im Hinblick auf ihr Verhalten pauschal zu klassifizieren und zu stigmatisieren: „Zunächst hat jedes Verhalten erst einmal seinen Sinn und lässt auf nicht erfüllte Bedürfnisse schließen. Diese gilt es im Einzelfall zu ergründen.“ Er führt weiter aus: „Kinder sind auch immer ein Spiegelbild der Gesellschaft und in der heutigen Zeit mit Pandemie, vielfachen Krisen und Kriegen sowie einer umfassenden Mediatisierung stark herausgefordert“.
Zur Befragung
Die nifbe-Befragung wurde im September 2024 durchgeführt. 1.479 niedersächsische KiTa-Leitungen beantworteten den aus zehn geschlossenen und vier offenen Fragen bestehenden Fragebogen – das sind rund 25 Prozent der KiTa-Leitungen in Niedersachsen. In den nächsten Wochen wird die Befragung noch weiter im Detail sowie im Hinblick auf mögliche Korrelationen und die umfangreichen Freitextangaben ausgewertet.
Wichtiger methodischer Hinweis:
In der Befragung sind die durch KiTa-Leitungen subjektiv wahrgenommenen Belastungsfaktoren erhoben worden. Im Hinblick auf das als herausfordernd wahrgenommene Verhalten von Kindern können aus der Befragung keine diagnostischen Rückschlüsse gezogen werden und es kann keine Aussage darüber getroffen werden, ob und inwieweit das Verhalten von Kindern tatsächlich herausfordernder geworden ist oder ob es lediglich so wahrgenommen wird.