Mitbestimmung im Alltag
Die Ergebnisse zeigen, dass die Mitbestimmung der Kinder im Alltag vieler Einrichtungen und Kindertagespflegestellen von den Fachkräften weitgehend positiv bewertet wird. Insbesondere in den Bereichen Bildung, Essen und Trinken sowie bei der Gestaltung des Tagesablaufs gaben die Befragten auf die Frage „Welche der folgenden anlassbezogenen/projektorientierten demokratischen Beteiligungsangebote gibt es in ihrer Einrichtung/Kindertagespflege?“ an, dass es solche Beteiligungsangebote „Ja, immer“ und „Ja, meistens“ in rund 75% der Fälle gibt. Allerdings deuten die Antworten an, dass es in einzelnen Bereichen, wie bei der Beschwerdekultur und der Mitbestimmung bei Ruhezeiten, noch Raum für Verbesserungen gibt. Auch finden sich Freitextangaben, die es kritisch zu reflektieren gilt. Zum Beispiel: „selbst entscheiden lassen, ob das Kind weiter z.B. stören will und somit raus gehen muss, oder bei uns bleiben möchte“.Strukturelle Angebote zur Beteiligung: Gremien und Kinderparlamente
Interessant ist, dass viele Betreuungs- und Bildungsangebote formelle Strukturen zur Beteiligung der Kinder vorhalten: 13 Prozent der Befragten gaben an, dass es in ihrer Einrichtung/Kindertagespflegestelle täglich Versammlungen wie Kinderversammlungen oder Kinderparlamente gibt. 21 Prozent berichten von wöchentlichen Treffen. Auffällig ist, dass 29 Prozent der pädagogischen Fachkräfte aus Kindertagesstätten angeben, dass es bei ihnen so ein Angebot nicht gibt. Während es für die Kindertagespflege aufgrund der sehr jungen Kinder erwartbar ist, dass diese zu 68 Prozent angeben, dass es so ein Angebot nicht gibt, ist dies für institutionelle Angebote ein eher auffälliger Wert, den es weiter zu analysieren gilt.Gefragt nach der Inklusivität der Gremien, geben die Befragten auf einer Skala von 1 (gar nicht) bis 5 (sehr inklusiv) im Durchschnitt Antworten mit einem Wert von 3,35. Waren die subjektiven Einschätzungen zur Beteiligung von Kindern im Alltag überwiegen gut, so sticht dieses Ergebnis vor dem Hintergrund des Menschen- und kinderrechtlichen Anspruchs auf Gleichberechtigung hervor.
Herausforderungen in der Demokratiebildung
- 68 Prozent der Befragten (allen voran Kindertagespflegepersonen) nannten Zeitmangel als größte Herausforderung.
- 58 Prozent (allen voran Fachkräfte aus Kindertageseinrichtungen) verwiesen auf den Personalmangel.
- Aber auch: 41 Prozent der Befragten gibt die „pädagogische Haltung von Kolleg*innen /Einstellung zur Demokratie und Partizipation von Kindern“ wie auch die fehlende Unterstützung durch den Träger (12 Prozent) an.
Die Lage in den Kindertageseinrichtungen gestaltet sich laut Kita-Bericht 2024 des Paritätischen Gesamtverbandes weiterhin prekär. In den über 1.500 erfassten Einrichtungen dieser Befragung seien etwa 4.000 Stellen (vorübergehend) unbesetzt. Bundesweit würden damit rund 125.000 Fachkräfte fehlen, die Situation in vielen Kindertageseinrichtungen habe sich seit der letzten Umfrage 2021 deutlich verschlechtert. Durchschnittlich bedeute das also das Fehlen von mehr als zwei Fachkräften in jeder Kita, oftmals sogar mehr. Vor diesen Hintergrund sind Zeit- und Personalmangel als häufigste Antworten der Befragten der Umfrage zur frühen Demokratiebildung nicht überraschend.
Notwendigkeit früher Demokratiebildung
Die Frage nach der Notwendigkeit frühkindlicher Demokratiebildung wurde auf einer Skala von 0 (sehr hohe Notwendigkeit) bis 10 (keine Notwendigkeit) gestellt. Der durchschnittliche Wert von 3,85 zeigt, dass die Mehrheit der Befragten die frühkindliche Demokratiebildung als sehr notwendig für unsere Demokratie ansieht.- 26% (535 Personen) der Befragten haben mit der niedrigsten Bewertung (0) geantwortet, was bedeutet, dass sie die Notwendigkeit als sehr hoch einschätzen.
- 11% (230 Personen) haben einen Wert von 1 angegeben, was ebenfalls eine hohe Notwendigkeit zeigt.
- 11% (164 Personen) haben einen Wert von 2 angegeben.
- 8% (232 Personen) haben einen Wert von 3 angegeben.
- 4% (88 Personen) haben einen Wert von 4 angegeben.
- 8% (158 Personen) haben einen Wert von 5 angegeben.
- 4% (80 Personen) haben einen Wert von 6 angegeben.
- 5% (114 Personen) haben einen Wert von 7 angegeben, was eine niedrige Notwendigkeit zeigt.
- 9% (197 Personen) haben einen Wert von 8 angegeben, was ebenfalls eine niedrige Notwendigkeit zeigt.
- 3% (72 Personen) haben einen Wert von 9 angegeben, was eine sehr niedrige Notwendigkeit zeigt.
- 11% (224 Personen) bewerten die Notwendigkeit mit der Höchstzahl von 10, was bedeutet, dass sie keine Notwendigkeit für frühkindliche Demokratiebildung sehen. Fehlangaben können in dieser Stelle nicht ausgeschlossen werden.
Unterstützungswünsche
Die drei häufigsten Nennungen hinsichtlich der Frage, was sich die pädagogischen Fachkräfte und Kindertagespflegepersonen ganz besonders wünschen, waren:- 51 Prozent der Befragten wünschten sich konkrete Materialien und Anleitungen, um die demokratische Beteiligung in ihren Einrichtungen besser umzusetzen.
- 50 Prozent der Teilnehmenden hielten den Austausch mit anderen Einrichtungen und Kolleg*innen für sehr wichtig.
- 43 Prozent der Befragten sprachen sich für zusätzliche Fortbildungen aus, um das Thema Demokratiebildung zu vertiefen.
Insgesamt geben die ersten ausgewerteten Ergebnisse gute Hinweise zur Verbesserung der Förderung der Demokratiebildung und auch für eine schärfere Differenzierung bei den Fachkräftegruppen.
Quelle: Paritätischer Wohlfahrtsverband