Nach dem letzten Lockdown kehren die KiTas jetzt (je nach Inzidenzlage vor Ort) zum Regelbetrieb zurück und damit auch die Kinder und Eltern, die nicht in die Notbetreuung durften. Wie kann dieses „Wiederankommen“ von Fachkräften nun gut begleitet werden? Diese Frage stand im Fokus eines Vortrags von Anne Kuhnert im Rahmen der kostenlosen nifbe-Vortragsreihe „KiTa in Corona-Zeiten“. Moderiert wurde die Veranstaltung von den nifbe-Transfermanager*innen Valeria Ege und Sandra Köper-Joksch.

Zum Auftakt nahm Anne Kuhnert noch einmal das Hin und Her aus Lockdown, KiTa-Schließung, Notbetreuung, und (eingeschränkten) Regelbetrieb in den Blick und kritisierte ein durch die Begrifflichkeiten oftmals schiefes Bild in der Öffentlichkeit: „KiTas waren im letzten Lockdown nie geschlossen und es waren rund 50 Prozent der Kinder weiter in der Notbetreuung“ – was den Fachkräften wiederum oftmals ein Arbeiten unter ganz anderen Fachkraft-Kind-Schlüsseln mit intensiven pädagogischen Angeboten ermöglichte.

Für die Familien, die ihre Kinder nicht in die Notbetreuung geben konnten, waren die Belastungen allerdings sehr hoch, so die Weiterbildnerin. Nichtsdestotrotz geben aber laut einer Online-Kurzbefragung des DJI die meisten Eltern an, dass ihre Kinder die Pandemie bisher gut überstanden haben. Aus kinder- und jugendpsychiatrischer Sicht würden sich Kinder auch durch eine hohe Flexibilität auszeichnen und „je jünger die Kinder sind, desto weniger bedrohlich ist die Situation für sie“. Wie Anne Kuhnert ausführte, fehlen den Kindern aber natürlich dennoch die sozial vielfältigen Kontakte und die Sprachanregungen in der KiTa und die Bildungsgerechtigkeit und der Kinderschutz zeigten sich als gefährdet – dies gelte insbesondere auch für sozial benachteiligte Familien mit wenigen Ressourcen.

Als Schlussfolgerung für die Praxis empfahl Anne Kuhnert eine „McGyver-Strategie“ der kreativen und innovative Lösungen. Wichtig seien dafür folgende Schritte:
  • Anerkennen, dass sich die Situation in den Kitas für einen längeren Zeitraum verändert haben wird.
  • Überzeugung und Haltung, dass sich auch Positives entdecken lässt! (Optimismus)
  • Erkunden der eigenen/neuen Handlungsspielräume: Was ist möglich, was kann ich tun?
  • Banden bilden = Netzwerke eingehen und im Team neue Partner:innenschaften finden
  • Explorieren und Ausprobieren, Fehler machen und geduldig sein

Damit seien, so Ane Kuhnert, auch die „grundlegenden ResilienzResilienz|||||Resilienz kann als "seelische Widerstandsfähigkeit" verstanden werden mit der Fähigkeit Krisen zu meistern und diese als Anlass für Selbstentwicklungen zu nutzen. In der Resilienzförderung geht es speziell darum die Widerstandsfähigkeit von Kindern und Erwachsenen in belasteten und risikobehafteten Lebenssituationen durch schützende Faktoren zu entwicklen, zu ermutigen und zu stärken. Ein verwandter Begriff ist der der Salutogenese. faktoren“ umrissen, die es Menschen ermöglichten in krisenhaften Situationen zu bestehen und selbstwirksam zu bleiben. Und diese Einstellung gelte es nach dem Motto „Heute wird trotz aller Schwierigkeiten ein guter Tag!“ auch an die Kinder zu vermitteln.

Kein bruchloses Anknüpfen an Vor-Corona-Zeiten

Für Kinder, die zuhause waren, komme es jetzt darauf an, sie in der KiTa neu einzugewöhnen und ein „langsames Ankommen“, ein „prolongiertes Ankommen“ zu ermöglichen. Wichtig seien dafür feste Bezugspersonen und (leider oftmals fehlende) Zeit für die Kinder, die zum Teil wieder deutlich längere Ablösungsprozesse durchmachten. Daher sei kein „bruchloses Anschließen an Vor-Corona-Zeiten“ möglich und für diese Übergangsphase gelte es in besonderem Maße „die Kinder nicht zu überfordern und sie in ihren Bedürfnissen und Gefühlen ernst zu nehmen“. Kinder, die die ganz Zeit in der KiTa waren, sollten von den Fachkräften daher auch „beim Erlernen von Rücksicht und Empathie“ begleitet werden.

Grundsätzlich zeigte sich Anne Kuhnert überzeugt, dass Beziehung und Bindung zumindest bei den schon etwas größeren Kindern auch mit körperlicher Distanz möglich sei. Aber bei den Kleinsten bedeute dies einen „schwierigen Spagat zwischen pädagogischen Ansprüchen und dem Infektionsschutz“.

Als zentrale Ansätze für ein gelingendes Wiederankommen der Kinder in der KiTa führte die Weiterbildnerin folgende an:
  • Planung im Team
  • (vorbereitende) Gespräche, auch mit dem Kind
  • Einstimmung z.B. mit PortfolioPortfolio||||| Ein Portfolio bezeichnet ursprünglich  eine Sammlung von Objekten eines bestimmten Typs. Im  Handlungsfeld frühkindliche Bildung werden Portfolios beispielsweise wie "Ich- .Mappen" für Kinder genutzt um eigene Fortschritte zu dokumentieren. Auch in Studiengängen gibt es Beispiele, wo Portfolios als Prüfungsleistung oder Dokumentation von Entwicklungen zählen können. -Blatt: Was war? Was ist? Was wird sein?
  • Interaktion, Freispiel, Portfolio und Rollenspiel im Fokus
Anne Kuhnert betonte aber zugleich, dass daneben auch wieder der „ganz normale“ KiTa-Alltag gelebt werden solle. Wichtig sei es zudem, mit den Eltern in Kontakt zu bleiben und dabei aufgrund von deren Belastungssituation auch eine fehlerfreundliche „goldene Brille“ aufzusetzen und „fünfe auch mal gerade“ sein zu lassen.

Im Hinblick auf die Zusammenarbeit im Team unter Corona-Bedingungen und den Wechsel aus Notbetreuung und Regelbetrieb konstatierte Anne Kuhnert, dass „Corona wie ein Brennglas wirkt und vorhandene teaminterne Probleme und Konflikte“ verschärft. Wichtig seien hier eine „gute Kommunikation“ und „verstärkte Absprachen“ (s. hierzu auch KiTa-Leitung auf Distanz).

Abschließend machte sie den Fachkräften Mut „KiTa-Praxis auch partiell neu zu denken“, „neue Ideen zu generieren“ und „neues zu wagen“ – ganz nach dem McGyver-Pprinzip!

Download Präsentation


Karsten Herrmann