Im Rahmen der nifbe-Vortragsreihe „KiTa in Corona-Zeiten“ stellte Prof. Dr. Yvonne Anders von der Otto-Friedrich-Universität Bamberg eine groß angelegte Studie zur Kindertagesbetreuung und zu Familien mit KiTa-Kindern in der Corona-Pandemie vor. Ziel der im April und Mai 2020 mit über 10.000 Eltern und über 5.000 Fachkräften durchgeführten Studie war dabei „die Erfassung und ein besseres Verständnis der Herausforderungen und Auswirkungen der Corona-Krise auf die (Arbeits-)Situation der jeweiligen Zielgruppe“. Bei den Familien standen so Fragen zur aktuellen Belastung, zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, zur Mediennutzung der Kinder und zur Zusammenarbeit mit der KiTa im Fokus. Bei den Fachkräften wurde der Umgang mit der aktuellen Situation und insbesondere auch die Gestaltung der (digitalen) Zusammenarbeit mit Eltern erfasst.

Grundsätzlich charakterisierte Yvonne Anders die Zusammenarbeit mit Eltern als „wichtige Qualitätsdimension“ und während des Lockdowns seien die üblichen Kommunikationswege „fast gänzlich von einem Tag auf den anderen weggefallen“. Die fast nur noch übrig gebliebenen digitalen Kommunikationskanäle würden in der Forschung als in der Regel „niedrigschwelliger, flexibler und effizienter“ angesehen, benötigten aber eine spezielle professionelle Kompetenz z.B. bei der Interpretation der ausgesendeten Worte und Signale.

82% der KiTas haben Kontakt mit Eltern aufgenommen

Von den KiTas gaben 82% an Kontakt zu den Eltern aufgenommen zu haben, darunter 96% Leitungskräfte und 76% Erzieher*innen. Aber nur ein Drittel der Fachkräfte gab an regelmäßig Kontakt zu den Familien zu haben und z.B. Tipps für Aktivitäten zu geben. Drei Viertel der Kontakte mit den Eltern liefen dabei über digitale Wege wie E-Mail, Chat oder Online-Portale.

Wir haben sich nun die Einstellungen und Überzeugungen der Fachkräfte im Hinblick auf die (digitale) Zusammenarbeit mit Eltern verändert? Quantitativ nutzten laut der Studie zunächst einmal 70% der Fachkräfte die digitalen Medien mehr als vorher. Fast die Hälfte der Fachkräfte gab zudem an, dass sich ihre Einstellung zu digitalen Medien während der Corona-Krise positiv verändert habe. Das trifft aber auf Leiter*innen stärker zu als auf Erzieher*innen und bei letzteren eher auf jüngere als auf ältere. Die wahrgenommene bzw. angenommen Reaktion der Eltern auf die digitale Kontaktaufnahme und Zusammenarbeit wurde positiv eingeschätzt. Aus einer Familienstudie mit rund 10 000 Eltern, die an der Uni Bamberg zeitgleich lief, zeigte sich, dass Eltern die digitale Kontaktaufnahme in der Regel tatsächlich schätzten und positiv empfanden. Sie wünschten sich Kontakt, Beratung, Unterstützung und auch Fördermöglichkeiten für ihre Kinder.

Die eigene Einstellung nimmt starken Einfluss

„Grundsätzlich“, so Yvonne Anders, „hat die eigene wahrgenommene Einstellung zur Bedeutung der Zusammenarbeit mit Eltern starken Einfluss" darauf, ob auch im Lockdown Kontakt mit den Eltern aufgenommen wurde. Wie die Kontaktaufnahme dann ablief hing wiederum stark von der Einstellung zu digitalen Medien ab.

Als Fazit ihrer Studie unterstrich Yvonne Anders, dass „die Fachkräfte einerseits die Bedeutung der Zusammenarbeit mit Eltern zur Umsetzung ihres Bildungsauftrags sehen“. Andererseits hätten die Einrichtungen aber keine Konzepte dazu entwickelt, wie sie eine (digitale) Elternzusammenarbeit gestalten können, die sowohl die Eltern darin unterstützt ein optimales Entwicklungs- und Lernumfeld für ihre Kinder zu schaffen als auch den eigenen Bildungsauftrag integriert. In diesem Sinne konnte das volle Potenzial der digitalen Zusammenarbeit während des Lockdowns noch nicht ausgeschöpft werden.

Es gibt starken Nachholbedarf

In der von den nifbe-Mitarbeiter*innen Inga Doll und Meike Sauerhering moderierten Diskussionsrunde im Anschluss an den Vortrag zeigte sich, dass in dieser schnell aufgelegten Studie naturgemäß viele Fragen offen bleiben mussten. So konnten relevante Aspekte wie z.B. die genaue technische Ausstattung, die genutzten online-Dienste oder persönliche Vorkenntnisse der Fachkräfte nicht näher erhoben werden. Auch wurde nicht in den Blick genommen, nach welchen Prinzipien Kontakt zu Eltern aufgenommen wurde und ob dabei z.B. Familien in prekären Lebenslagen besonders von den Fachkräften beachtet und kontaktiert wurden. Mehr als deutlich wurde aber, dass bei der Ausstattung und der Aus- und Fortbildung sowie dem Support im Kita-Alltag großer Nachholbedarf besteht. Weiterhin dürfen Datenschutzbedenken nicht grundsätzlich jede Innovation in Keim ersticken. Deutlich wurde auch, dass digitale Zusammenarbeit mit Eltern nicht alles Altbewährte ersetzt und es weiterhin Eltern geben wird, die nicht oder kaum erreicht werden. Ohne Zweifel gehört die digitale Kommunikation aber zukünftig in jede KiTa-Konzeption.


Download Präsentation

Karsten Herrmann / Iris Hofmann