DIW-Forscherinnen untersuchen erstmals für einen längeren Zeitraum, wie sich die Kita-Ausgaben in Deutschland entwickelt haben – Starke Ausgabenanstiege vor allem für Kita-Nutzung unter drei Jahre alter Kinder – Verbesserung der Qualität sollte Priorität vor Beitragsbefreiung für alle haben.

Eltern, deren Kinder eine Kindertageseinrichtung besuchen, mussten dafür in den vergangenen Jahren im Durchschnitt immer tiefer in die Tasche greifen. Gaben sie im Jahr 2005 für ihre unter drei Jahre alten Kinder noch monatlich 98 Euro aus, waren es zehn Jahre später schon 171 Euro – jeweils berechnet in Preisen des Jahres 2010, um die allgemeine Inflation auszuklammern. Die Betreuung von Kindern im Kindergartenalter, also ab drei Jahren, kostete im Jahr 1996 im Durchschnitt 71 Euro monatlich und im Jahr 2015 98 Euro. Gleichzeitig wurden immer mehr Haushalte vollständig von Beiträgen befreit – insbesondere im Kindergartenbereich. Allerdings müssen armutsgefährdete Haushalte, sofern sie für die Kita zahlen, mit rund acht Prozent nahezu den gleichen Anteil ihres Einkommens aufbringen wie andere Haushalte. Das sind zentrale Ergebnisse einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), für die die Bildungsökonomin C. Katharina Spieß, Leiterin der Abteilung Bildung und Familie, gemeinsam mit Sophia Schmitz und Juliane Stahl die Entwicklung der Kita-Ausgaben erstmals für einen längeren Zeitraum untersucht hat. Datengrundlage sind das Sozio-oekonomische Panel (SOEP) im DIW Berlin und die Spezialstudie Familien in Deutschland (FiD).

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Verbindliche Beitragsstaffelungen gefordert

Auch wenn einkommensschwächere Haushalte und alleinerziehende Eltern über die Jahre weniger stark oder überhaupt nicht vom Anstieg der Kita-Kosten betroffen waren, sollten sie nach Ansicht der Autorinnen künftig noch gezielter und stärker entlastet werden. Immerhin tätigen noch 70 Prozent der Haushalte im unteren Einkommensbereich Ausgaben für den Kita-Besuch ihres Kindes im Kindergartenalter. Eine weitere Entlastung wäre über progressivere Beitragsstaffelungen möglich, die bundesweit verbindlich sein sollten. „Es sollte Schluss sein mit dem Flickenteppich aus Bundesländern, in denen die Kita für niemanden etwas kostet, und anderen Bundesländern, in denen selbst armutsgefährdete Familien mit vergleichsweise hohen Summen zur Kasse gebeten werden“, sagt Spieß. Allgemeine Beitragsbefreiungen für alle Haushalte seien gleichwohl nicht empfehlenswert: Weil schon heute 93 Prozent und damit fast alle Kinder ab drei Jahren eine Kita besuchen, könnten die Nutzungsquoten dadurch kaum noch gesteigert werden. „Zudem ergeben Umfragen, dass Haushalte mit höheren Einkommen bereit sind, für eine Kita noch mehr zu zahlen als bisher – gelänge es, die Kita-Qualität zu steigern, wären die Zahlungsbereitschaften sogar noch höher. Deshalb sollte die erste Priorität sein, öffentliche Gelder statt für Beitragsbefreiungen für einen Ausbau der Kita-Qualität zu verwenden“, so Spieß.

Große Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland

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Der Anteil von Kita-Kindern ab drei Jahren, deren Eltern für die Kita zahlen, ist von 1996 bis 2015 um etwa sieben Prozentpunkte auf 84 Prozent gesunken. In Westdeutschland war dieser Rückgang mit acht Prozentpunkten doppelt so stark wie in Ostdeutschland, wo Eltern zudem jeden Monat im Durchschnitt 20 Euro mehr für die Kita ausgeben. Umgekehrt das Bild im U3-Bereich: Dort zahlten Familien in Westdeutschland im Jahr 2015 über 30 Euro mehr als Familien in Ostdeutschland.

Qualitätsverbesserung statt Beitragsfreiheit

Zumindest ein Teil des Anstiegs der Kita-Beiträge ist allerdings darauf zurückzuführen, dass sich die Haushalte über die Zeit hinsichtlich verschiedener Merkmale unterscheiden. So sind beispielsweise die durchschnittlichen Haushaltseinkommen gestiegen, mehr Mütter erwerbstätig und die täglichen Betreuungszeiten von Kindern haben zugenommen. Zudem zeigen vertiefte Analysen auch, dass zumindest im Kindergartenbereich immer mehr Haushalte von Beiträgen befreit wurden und insgesamt die Zahlungen stärker nach den Einkommen gestaffelt wurden.

Künftig noch stärker nach dem Einkommen gestaffelte Beiträge seien zu begrüßen, so Spieß, weil einkommensärmere Haushalte das eingesparte Geld dann anderweitig für ihre Kinder ausgeben könnten, etwa für Aktivitäten wie Kinderturnen oder eine musikalische Früherziehung. Anstelle von Beitragsbefreiungen für alle gebe es jedoch bessere Alternativen: „Erstens sollte die Qualität der Kindertageseinrichtungen erhöht werden, denn eine gute frühkindliche Bildung wirkt sich besonders positiv auf den weiteren Bildungsweg aus“, sagt Spieß. „Und zweitens sollte die Betreuung für unter drei Jahre alte Kinder weiter ausgebaut werden, denn in einigen Regionen haben Eltern noch immer Schwierigkeiten, überhaupt einen Betreuungsplatz zu finden.“

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Quelle: DIW