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Frühkindliche Bildung im Fokus des Bildungsberichts 2018

Der Bericht "Bildung in Deutschland 2018" liefert die nunmehr 7. Gesamtschau des deutschen Bildungswesens. Er bildet Bildungsprozesse in der Perspektive des Lebenslaufs ab und zeichnet indikatorengestützt die Leistungen der verschiedenen Bereiche des deutschen Bildungswesens nach: angefangen vom Elementarbereich über den Schulbereich, die berufliche Ausbildung, die Hochschule bis hin zur Weiterbildung. Bildungsberichterstattung ist dabei als Bestandteil eines umfassenden Bildungsmonitorings zu verstehen, das darauf abzielt, durch kontinuierliche, datengestützte Beobachtung und Analyse Informationen für politisches Handeln aufzubereiten und bereitzustellen. Damit fügt sich der Bildungsbericht ein in die für den Schulbereich bereits im Jahre 2006 von der Ständigen Konferenz der Kultusminister in der Bundesrepublik Deutschland (KMK) erklärte und 2015 überarbeitete „Gesamtstrategie zum Bildungsmonitoring“ in Deutschland.

Die Ausgabe 2018 führt die Berichterstattung über bereits in den vorherigen Berichten dargestellte Indikatoren zum deutschen Bildungswesen fort und präsentiert zugleich neue Indikatoren. Im Rahmen einer vertiefenden Analyse wird der Situation von Menschen mit Migrationshintergrund im Bildungssystem nachgegangen. Im Fokus des Bildungsberichtes 2018 stehen die Wirkungen und Erträge von Bildung. Nach wie vor wird eine starke Abhängigkeit des Bildungserfolgs von der sozialen Herkunft festgestellt.

Schlaglichter aus dem Bildungsbericht für den frühkindlichen Bereich:


U 3-Ausbau

Auch mehrere Jahre nach dem Inkrafttreten des Rechtsanspruchs auf einen Platz in der Kindertagesbetreuung für unter 3¬Jährige steht das System der frühen Bildung unter einem anhaltenden Expansionsdruck. 2017 belegten 762.361 unter 3¬Jährige einen solchen Platz. Zwischen 2015 und 2017 wurden dabei fast 70.000 zusätzliche Angebote für unter 3¬Jährige geschaffen.

Für unter 3¬Jährige ist die Tagespflege neben den Tageseinrichtungen ein gleichrangiges Angebot. Daher erfolgt der Ausbau der Angebote für diese Altersgruppe in beiden Formen. Die Tagespflege stellt seit 2006 über 85.000 zusätzliche Plätze zur Verfügung, sodass sich dieses Platzangebot um mehr als das 3,5¬Fache erhöht hat. Nachdem die Tagespflege zuletzt beim Ausbau etwas an Bedeutung verloren hat, nimmt die Anzahl zusätzlicher Plätze seit 2016 wieder zu, was vor allem mit der Großtagespflege zusammenhängt.

Ü3-Bereich

Auch die Angebote der frühen Bildung für Kinder im Alter zwischen 3 Jahren und
dem Schuleintritt werden mittlerweile wieder ausgebaut. 2017 wurden fast 2,4 Millionen Plätze von dieser Altersgruppe belegt. Sowohl die Vorverlegung des Einschulungsalters in einigen Ländern als auch die demografischen Veränderungen dieser Altersgruppe haben zwischen 2006 und 2012 zu einem Rückgang um fast 108.000 belegte Plätze geführt. Diese Entwicklung hat sich seither umgekehrt: Wurde zunächst das Ausgangsniveau wieder erreicht, ist der Anstieg vor allem in den letzten beiden Jahren deutlich ausgefallen. Zwischen 2015 und 2017 war ein jährlicher Zuwachs von jeweils rund 40.000 betreuten Kindern zu beobachten.

Die Bildungsbeteiligungsquote dieser Altersgruppe liegt bei 94% und unterscheidet sich nur wenig vom Anteil der Familien, die einen Platz wünschen (96%). Damit konnte Kindern rechnerisch fast flächendeckend ein Platz in der Kindertagesbetreuung zur Verfügung gestellt werden.

Auf der Grundlage der aktualisierten 13. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung werden auch für diese Altersgruppe bis 2025 bundesweit schätzungsweise fast 300.000 zusätzliche Plätze benötigt.


Öffnungszeiten von KiTas

Öffnungszeiten sind aus Elternsicht ein wichtiges Merkmal der Qualität von Kindertageseinrichtungen. West¬ und Ostdeutschland unterscheiden sich deutlich hinsichtlich des Öffnungs- und Schließzeitpunktes sowie der Öffnungsdauer. 2017 öffneten fast 2 von 3 ostdeutschen Einrichtungen spätestens gegen 6 Uhr, westdeutsche dagegen meist 1 bis 1,5 Stunden später: Bis etwa 7 Uhr öffnete dort nahezu jede 2. Einrichtung, bis 7.30 Uhr insgesamt 88%. Daher kann in Westdeutschland von Randöffnungszeiten gesprochen werden, wenn Einrichtungen vor 7 Uhr öffnen; in Ostdeutschland gilt dies für Kindertageseinrichtungen, die bereits vor 6 Uhr öffnen.

Auch die Schließzeitpunkte der Kindertageseinrichtungen unterscheiden sich zwischen Ost¬ und Westdeutschland um mehr als 1 Stunde. So müssen in fast jeder westdeutschen Einrichtung Kinder bereits vor 16.30 Uhr abgeholt werden, demgegenüber haben 77 % der ostdeutschen Einrichtungen bis mindestens 17 Uhr geöffnet.

In der Folge unterscheidet sich auch die tägliche Öffnungsdauer deutlich voneinander: Etwa jede 2 westdeutsche Kindertageseinrichtung hat eine tägliche Öffnungsdauer von maximal 9 Stunden, während der entsprechende Anteil in Ostdeutschland bei 14 % liegt und rund 3 von 4 Einrichtungen länger als 10 Stunden geöffnet sind.

Bildungsbeteiligung

Im März 2017 nahmen mehr als 760.000 Kinder unter 3 Jahren ein Angebot der Kindertagesbetreuung in Anspruch, sodass die Anzahl der unter 3¬Jährigen in institutionalisierten Angeboten weiter gestiegen ist. Damit wurde 2017 erstmals das im Jahr 2007 politisch gesetzte Ziel von 750.000 genutzten Plätzen für unter 3¬Jährige überschritten. Die Quote der Bildungsbeteiligung liegt seit mittlerweile 3 Jahren konstant zwischen 32 und 33%, nachdem diese seit 2006 von 13,6% um 19 Prozentpunkte gestiegen war. Diese Stagnation hängt jedoch nicht mit einem mangelnden Ausbau zusammen, sondern mit dem Anstieg der altersentsprechenden Bevölkerung. Allein zwischen Ende 2013 und Ende 2016 nahm die Anzahl der unter 3¬Jährigen in der Bevölkerung um fast 259.000 Kinder zu.

Deutliche Unterschiede in der Inanspruchnahme zeigen sich weiterhin zwischen West¬ und Ostdeutschland. Im Westen waren im März 2017 28,8% der unter 3¬Jährigen in Kindertagesbetreuung; dieser Anteil hat sich seit 2006 weit mehr als verdreifacht. In Ostdeutschland besuchte mit 51,3% zuletzt mehr als jedes 2. Kind im Alter von unter 3 Jahren eine Tageseinrichtung oder Tagespflege. Damit ist die Quote dort nach wie vor deutlich höher als im Westen. Das hängt mit dem unterschiedlichen Ausbaustand und den ungleichen Betreuungswünschen zusammen. So wünschen sich im Westen 42% der Eltern unter 3¬Jähriger ein Kindertagesbetreuungsangebot, im Osten sind es hingegen 59%.

Die Quote der Bildungsbeteiligung der 3- bis 5-Jährigen liegt weiterhin vergleichsweise konstant bei 94%. Von den 4- und 5-Jährigen nutzen sogar 95 bzw. 97% ein Angebot der frühen Bildung, sodass  nahezu jedes Kind dieser Altersgruppe eine Kindertageseinrichtung besucht.

Die Bildungsbeteiligung bei den 3¬Jährigen lag zuletzt bei 89%; sie unterscheidet sich kaum noch zwischen West- und Ostdeutschland. Allerdings ist die Quote in beiden Landesteilen aufgrund des Bevölkerungsanstiegs in dieser Altersgruppe zuletzt leicht zurückgegangen, nachdem sie zuvor seit 2006 kontinuierlich gestiegen war.

Betreuungsumfänge

Die Anzahl der Plätze für Kinder in Kindertagesbetreuung steigt nicht nur der Menge nach. Vielmehr wird zugleich der zeitliche Umfang der Betreuung ausgeweitet. Dabei hat die größere Ausweitung der vertraglich vereinbarten Betreuungsumfänge bei den Kindern zwischen 3 Jahren und dem Schuleintritt um mehr als 1,5 Stunden pro Woche bzw. knapp 20 Minuten pro Tag dazu geführt, dass sich die Betreuungsumfänge bei den beiden Altersgruppen kaum noch unterscheiden. Für unter 3¬Jährige wurden im Jahr 2017 im Schnitt 37,1 und für Kinder zwischen 3 Jahren und dem Schuleintritt 37,5 Wochenstunden gebucht.

Bildungsbeteiligung von Kindern mit Migrationshintergrund

Die Bildungsbeteiligung von Kindern hängt nach wie vor mit herkunftsbedingten Merkmalen zusammen, was etwa bei Kindern mit Migrationshintergrund sichtbar wird. Diese nehmen – sowohl bei unter 3¬Jährigen als auch bei Kindern zwischen 3 und 5 Jahren – weiterhin seltener Kindertagesbetreuungsangebote in Anspruch als Gleichaltrige ohne Migrationshintergrund. Allerdings zeigen die steigenden Anteile von Kindern mit Migrationshintergrund in den Angeboten auch eine andere Seite der Entwicklung. Hatten 2007 noch 23% der Kinder in Kindertagesbetreuung einen Migrationshintergrund, so liegt dieser Anteil inzwischen bei 28%. Ihre Anzahl ist seit 2007 von 614.000 auf nahezu 868.000 Kinder und damit um 41% gestiegen. Noch auffälliger ist der Anstieg in der Kindertagesbetreuung bei Kindern mit Migrationshintergrund, die zu Hause vorrangig nicht Deutsch sprechen: Waren das 2007 noch rund 366.000 Kinder, so sind es 2017 fast 563.000, also 54% mehr. Allein zwischen 2015 und 2017 – also während und kurz nach der starken Neuzuwanderung – stieg die Anzahl dieser Kinder um mehr als 75.000. Sofern es sich dabei ganz überwiegend um Kinder von Schutz¬ und Asylsuchenden handelt, hieße das, dass bislang aus dieser Gruppe bis zu 59.000 Kinder zwischen 3 Jahren und dem Schuleintritt und rund 16.000 unter 3¬Jährige in Kindertagesbetreuungsangebote aufgenommen worden wären.


Bildungsbeteiligung von Kindern mit Behinderung, die Eingliederungshilfe erhalten

Im März 2017 besuchten 78.440 Kinder mit Behinderung, die Eingliederungshilfe erhalten, eine Tageseinrichtung oder Tagespflege. Ihre Anzahl stieg zuletzt weiter an: Allein seit 2015 sind 2.349 betreute Kinder mit Behinderung, die Eingliederungshilfe erhalten, hinzugekommen. Stabil ist der Befund, dass ihr Anteil mit zunehmendem Alter steigt. Diese Kinder werden sowohl in eher inklusionsorientierten als auch in tendenziell separierenden Einrichtungen und Gruppen betreut, wobei sich der Trend zu inklusionsorientierten Angeboten fortgesetzt hat. Zuletzt wurden 45% der Kinder mit Behinderung, die Eingliederungshilfe erhalten, in Gruppen betreut, in denen maximal jedes 5. Kind Eingliederungshilfe erhält.


Pädagogisches Personal in der KiTa

Im März 2017 waren 600.153 Personen in Kindertageseinrichtungen pädagogisch tätig oder als Tagespflegepersonen beschäftigt. Damit hat sich das pädagogische Personal in der Kindertagesbetreuung seit Mitte der 1990er¬Jahre, und damit seit dem Beginn des Rechtsanspruchs ab 3 Jahren auf einen Platz in der Kindertagesbetreuung, weit mehr als verdoppelt. Besonders stark war dieser Anstieg in der Zeit des Ausbaus der Angebote für unter 3¬Jährige. Allein innerhalb dieser 11 Jahre kamen bundesweit mehr als 252.000 pädagogisch Tätige hinzu. Das pädagogisch tätige Personal in Kindertageseinrichtungen ist mit mehr als 556.000 Personen seit jeher deutlich stärker vertreten als die KindertagespflegeKindertagespflege|||||Kindertagespflege oder Tagespflege umfasst eine zeitweilige Betreuung von Jungen und Mädchen bei Tagesmüttern oder Tagesvätern. Nach dem Tagesbetreuungsausbaugesetz von 2004 ist die Tagespflege neben der Tagesbetreuung in Kindertageseinrichtungen eine gleichwertige Form der Kindertagesbetreuung.  mit knapp 44.000 Personen. Zwar lässt sich seit 2006 in beiden Gruppen ein verhältnismäßig starker Zuwachs beobachten, dieser fiel aber bei den pädagogisch Tätigen in Kindertageseinrichtungen mit einer Zunahme um rund 75% höher aus als bei den Tagespflegepersonen, deren Anzahl auf einem deutlich niedrigeren Niveau um 44% gestiegen ist. 89% des pädagogisch tätigen Personals in Kindertageseinrichtungen haben dabei eine fachlich einschlägige Ausbildung.

Unter Berücksichtigung verschiedener Faktoren, die bei einer Abschätzung zukünftiger Personalbedarfe zu berücksichtigen sind, ergibt sich – bei in etwa gleichbleibenden Ausbildungszahlen – eine Personallücke bis 2025 von mindestens 39.000 Personen; dieser Personalbedarf könnte aufgrund des noch nicht eingerechneten hohen Geburtenanstiegs im Jahr 2016 um bis zu 27.000 Personen steigen. Sollten zudem qualitative Verbesserungen der Personalausstattung z. B. für Kinder mit erhöhten Förderbedarfen umgesetzt werden, kann der Fehlbedarf um weitere bis zu 270.000 Personen steigen, sodass eine Personallücke von bis zu 309.000 Fachkräften bis 2025 entstehen kann.

Zum Download des Bildungsberichtes