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Rhythmik – Musik, Spiel und Tanz

Rhythmik – Musik, Spiel und Tanz

Inhaltsverzeichnis

  1. Transfereffekte und Musik
  2. Wahrnehmungsförderung durch Rhythmik
  3. Sprachförderung durch Rhythmik
  4. Sozial-emotionale Entwicklungsförderung durch Rhythmik
  5. Die Rhythmisch-musikalische Arbeitsweise

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Sozial-emotionale Entwicklungsförderung durch Rhythmik

Musik ist ein unschätzbares Mittel, um Gefühle zum Ausdruck zu bringen. Gegensätze spüren und erleben, das gehört zum Grundprinzip von Rhythmikprojekten. Es fördert nicht nur das bewusste Erleben von Gefühlen (z.B. ängstlich – freudvoll, sich stark oder schwach fühlen), sondern auch das kontrastierende Erleben von Sinneseindrücken (z.B. schnell – langsam, laut – leise), was wiederum für die Entwicklung der Sensorischen Integration von Bedeutung ist. Und da kann es vorkommen, dass ein schweigsames Kind sich in der Löwen-Rolle trommelnd lautstark zum Ausdruck bringt, während sich der hyperaktive Gruppenclown in der Rolle des Schafs mit einem sanften „Mäh“ ab und an zu Wort meldet. Das spielerische Erleben, das Agieren und Reagieren, das Nachsinnen in sich selbst, um das Erlebte in den Rhythmikangeboten zu verarbeiten, wirken sich auf die Entwicklung der sozial-emotionalen Kompetenzen aus.

Gemeinsames Singen und Bewegen fördert nachweislich die sozial-emotionale Kompetenz
Sebastian Kirschner und Michael Tomasello vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie (Abteilung für vergleichende Entwicklungspsychologie) in Leipzig veröffentlichten 2010 eine Studie mit 48 vierjährigen Kindergartenkindern. Das Forschungssetting sah folgendermaßen aus: Es sangen und bewegten sich ein Erwachsener mit zwei Kindern um einen mit Tüchern gelegten Teich, der mit Fröschen, Seerosenblättern und Fischen geschmückt war. Dazu begleiteten sie sich auf Raspelfröschen.

Die Vergleichsgruppe von ebenfalls zwölf Kinderpaaren betrachtete nur den Teich und sprach über die Eindrücke. Im Anschluss wurden ein Hilfs- und ein Kooperationsspiel durchgeführt. Die Kinder, die gemeinsam das Lied gesungen und bewegt hatten, halfen und kooperierten wesentlich häufiger als die Kinder, die nicht gemeinsam gesungen hatten (Helping test: Mädchen 9:3; Jungen: 4:1, Cooperation test: Mädchen 11:7; Jungen: 5:1) (vgl. Kirschner & Tomasello 2010).

Die Fähigkeit der Selbstwahrnehmung stellt die Grundlage einer positiven Beziehungsbildung zu gleichaltrigen Kindern dar. Nur wenn wir unsere Gefühle bewusst wahrnehmen können, werden wir die Fähigkeit entwickeln, uns empathisch in die Gefühle und Handlungen anderer hineinzuversetzen.

In Rhythmikangeboten gibt es zur Entwicklung dieser Fähigkeiten vielfältige Methoden in unterschiedlichen Sozialformen. Liedformen werden zum Beispiel als Rollenspiel oder Wahrnehmungs- und Sprachspiele in unterschiedlichen Gruppenkonstellationen angeboten. Sie fördern das bewusste Erleben und den individuellen Einsatz des mimischen und gestischen Ausdrucks bei sich und anderen.

Zudem erhalten die Kinder die Gelegenheit, in verschiedene Rollen und Aktivitäten zu schlüpfen, die ihnen die Möglichkeit eines Perspektivwechsels bieten, der die Grundlage für die Entwicklung weiterer abstrakter und kognitiver Fähigkeiten ist.

Da Rhythmikangebote im Gruppenkontext angeboten werden, wird die Entwicklung von Frustrationstoleranz und dadurch die Regulation von Gefühlen gefördert. Frustrationstoleranz heißt u.a. abwarten können, etwas nicht sofort haben können etc. Das können die Kinder vielfältig erleben und sie bekommen die Möglichkeit, Handlungskompetenzen in diesen Bereichen zu entwickeln. Auf einer weiteren Entwicklungsebene ergeben sich durch die gruppendynamischen Prozesse vielfältige Möglichkeiten zur verbalen und non-verbalen Kommunikation.

Die Kinder lernen die Regeln des Spiels innerhalb der Gruppe anzuerkennen und entsprechend darin zu agieren und zu kooperieren. Dabei verstehen sie immer besser die Zusammenhänge. Ebenso lernen die Kinder, ihre Interaktionen auf die Gruppe und einzelne Mitglieder anzupassen und versuchen, bei Konflikten lösungsorientiert zu interagieren. In Rhythmikangeboten kommen viele spielerische Methoden zum Einsatz, bei denen sie verantwortlich für sich und andere sind (z. B. Dirigentenspiele, Führen und Folgen). Zudem lernen sie, andere Kinder auf ihrer jeweiligen sozial-emotionalen Entwicklungsstufe zu tolerieren und helfen ihnen, sich zu entwickeln (vgl. Merell & Gueldner 2010, Hirler 2018).



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