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Humor in der frühen Kindheit

Inhaltsverzeichnis

  1. Die Entwicklung des frühkindlichen Humors
  2. Humor, Emotion und Neurobiologie
  3. Humor und Spiel
  4. Fazit und Ausblick
  5. Literatur

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Fazit und Ausblick

Nach diesen vielfältigen Darstellungen ist es gerechtfertigt sich zu fragen, welchen Nutzen Eltern und pädagogische Fachkräfte aus dem Humor in ihren Beziehungen zu Kindern ziehen können. Böhnsch-Kauke benennt zum einen drei wichtige Funktionen des Humors in der frühen Kindheit.

(1) Die erste Funktion soll dem Überleben des Kindes dienen. Janata schreibt, dass Lächeln und Lachen im Menschen biologisch veranlagt sind (vgl. Janata 1998, S. 19) und dass der Humor im Laufe der menschlichen Evolution entstand, weil er durch seinen „positiven, belohnenden psychologischen und sozialen Wert“ vermutlich eine Rolle für das Überleben spielte (ebd., S. 21).

(2) Eine weitere Funktion besteht in der Verstärkung der Beziehungen eines Kindes zu seinen Eltern und zu gleichaltrigen Kindern (vgl. Böhnsch-Kauke 2003, S. 59).

(3) Die dritte Funktion soll „effektive Transaktionen mit der Umwelt in umfassenderen Sozialisationsprozessen“ ermöglichen (ebd., S. 59). Aufgrund seines interaktiven und auf Kommunikation gerichteten Charakters ermöglicht die Anwendung von Humor, dass Menschen sich beispielsweise in der Schule, im Beruf oder in der Freizeit integrieren und gute Beziehungen aufbauen können.

Neben dieser beziehungsfördernden Eigenschaft spielt der Humor auch eine Rolle in der Stressverarbeitung und demzufolge in der Emotionsregulation. Der Humor ist ein wichtiger Coping-Mechanismus und hilft durch eine heitere oder ironische Einstellung gegenüber einer stressauslösenden Situation besser mit negativen Emotionen umzugehen (vgl. Öxle 2012, S. 14). Durch seine Eigenschaft, Heiterkeit zu generieren, fördert der Humor auch die Fähigkeit zur ResilienzResilienz|||||Resilienz kann als "seelische Widerstandsfähigkeit" verstanden werden mit der Fähigkeit Krisen zu meistern und diese als Anlass für Selbstentwicklungen zu nutzen. In der Resilienzförderung geht es speziell darum die Widerstandsfähigkeit von Kindern und Erwachsenen in belasteten und risikobehafteten Lebenssituationen durch schützende Faktoren zu entwicklen, zu ermutigen und zu stärken. Ein verwandter Begriff ist der der Salutogenese. . In Zeiten von Krisen in ihrem Lebenszyklus können Menschen auf ihre positiv erlebten Emotionen zurückgreifen, um Stress und depressive Stimmung zu mildern und dadurch die Umstände besser durchzustehen (vgl. ebd., S. 22).

Ein zentraler Aspekt, der zur Entwicklung von Humor beiträgt, liegt in der Person des Erziehenden. Da Kinder sich unter anderem durch Beobachtung und Nachahmung Wissen und Verhaltensweisen aneignen, betrachten sie die Erwachsenen als Modell. Es ist deswegen sowohl für pädagogische Fachkräfte als auch für Eltern notwendig, sich ihre persönliche Einstellung und ihr Wissen über den Humor zu vergegenwärtigen und beides kritisch zu betrachten (vgl. Drews 2010, S. 230). Angesichts des Altersgefälles und des damit verbundenen Erfahrungsschatzes verfügen Kinder und Erwachsene über unterschiedliche Formen und Interpretationen von Humor. Aus diesem Grund ist es die Aufgabe der Erziehenden ihre humorvollen Verhaltensweisen an das Verständnis der Kinder anzupassen, damit diese von ihren Vorbildern profitieren und somit ihr Handlungsrepertoire erweitern können.

Eine kritisch reflexive Auseinandersetzung mit dem eigenen humoristischen Profil ist ebenso notwendig, denn der Humor hat nicht nur eine positive, anregende Seite. Zwar fördert er die Entstehung und Aufrechterhaltung zwischenmenschlicher Beziehungen, aber: „seine erfrischendste und heilsamste Wirkung entfaltet der Humor, wenn er deutlich mit Liebe legiert ist“ (Reifarth 2003, S. 68). Der Autor beschreibt eine Abstufung humoristischer Verhaltensweisen, welche mit zunehmenden Liebesmangel korrelieren. Je weniger Liebe die humorausübende Person mit ihrer Äußerung verbindet, desto feindlicher wird der Ausdruck.

Humor mit wenig Liebe wandelt sich in Ironie und schafft somit eher Distanz als Nähe zwischen dem Sender und dem Empfänger (vgl. ebd., S. 68). Ein trauriger oder enttäuschter Mensch, dessen Wunschbilder nicht erfüllt werden können, kann zum Sarkasmus neigen. Der aggressivste Ausdruck von Humor tritt in Form des Zynismus auf, wenn bei dem Sender der Hass die Liebe ersetzt hat. Der Humor erfüllt dabei für den Sender eine kathartische Funktion, indem er es ihr/ihm ermöglicht, sich von seinen negativen Gefühlen zu befreien, was zum Schaden der sozialen Umwelt geschieht (vgl. ebd., S. 68). Diese Kehrseite des Phänomens Humor muss allen pädagogisch tätigen Personen bewusst sein und von ihnen berücksichtigt werden, damit der Humor seine entwicklungsfördernde Wirkung entfalten kann.

Dennoch macht Drews zum Schluss ihrer Studie eine positive Feststellung. Nach ihrem Befund verlaufen Humorinteraktionen sowohl zwischen Kindern als auch zwischen Kindern und pädagogischen Fachkräften überwiegend adaptiv (vgl. Drews 2010, S. 256). Von adaptivem Humor spricht man, wenn mit humorvollen Handlungen Kontaktaufnahme und Kommunikation erzielt werden und diese damit erfolgreich sind, während mit maladaptivem Humor, wie beispielsweise dem Auslachen, Abwehr und Verletzung beabsichtigt werden (vgl. ebd., S. 52).

Dem Verleger und Publizisten Henri Nannen werden die Worte „Humor ist Liebe“ nachgesagt, und seiner Meinung nach hat der Humor eine wohltuende, tröstende Wirkung, indem er Menschen dabei hilft, Unvollkommenheiten und schwierige Situationen zu relativieren. Zuvor wurde festgestellt, dass dieses Phänomen als eine Art des Spiels verstanden wird (vgl. McGhee 1979, S. 42; Drews 2010, S. 251ff).

Auf der Suche nach Quellen für diesen Fachtextes stieß ich auf das Buch von Roberto Maturana und Gerda Verden-Zöller. Darin bezeichnen sie die Liebe und das Spiel als „die vergessenen Grundlagen des Menschseins“. Diese Assoziation zu den Begriffen Liebe und Spiel, sowie die bereits zuvor dargestellte Parallelität zum Humors, lässt mich dieses Phänomen auch als eine mögliche Grundlage des Menschseins betrachten. Obwohl Anzeichen von Humor bei Schimpansen und Gorillas entdeckt wurden, denen die Zeichensprache beigebracht wurde (vgl. McGhee 1979, S. 113ff), scheint der Humor aufgrund der Fähigkeit zu sprechen eine typische menschliche Eigenschaft zu sein.

Wenn adaptiver Humor, der auf Kommunikation und Kontakte abzielt, als wohlwollendes, liebevolles Spiel als dem Menschen immanent betrachtet wird, kann dieses Phänomen Menschlichkeit im Sinne „gelingender Kooperation“ (Bauer 2006, S. 223) befördern. Wie dargestellt ruft der Humor soziale Resonanz hervor, indem die neurobiologischen Motivationssysteme aktiviert werden, welche aufgrund der genetischen Veranlagung Zuwendung, gelingende Beziehungen und somit Kooperationsverhalten erzielen. Daher ist es wichtig, insbesondere im pädagogischen Bereich, aber auch für zwischenmenschliche Beziehungen im Allgemeinen, sich des eigenen Humors bewusst zu werden und ihn zu pflegen. Der Humor ist in jeder Person vorhanden und kann sogar erlernt bzw. entwickelt werden. Aus diesem Grund werden an Instituten Kurse angeboten, um in Form eines Persönlichkeitstrainings die eigenen humoristischen Kompetenzen zu entdecken und zu entwickeln und sie im beruflichen bzw. privaten Leben einsetzen zu können.





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