Beiträge chronologisch

Der Kindergarten im nationalsozialistischen Deutschland

Inhaltsverzeichnis

  1. Gleichschaltung der öffentlichen Kleinkindererziehung
  2. Körperliche und charakterliche Erziehung
  3. Wehrerziehung und Erziehung in Rollenbildern
  4. Erziehung zur Führerliebe
  5. Die Erziehung zum Rassegedanken
  6. Zusammenfassung
  7. Literatur

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Die Erziehung zum "Rassegedanken"


hitlerbildStanniolsammlung für den Krieg im Seminarkindergarten der Stadt München (Quelle: Ida-Seele-Archiv)Bereits den Kindergartenkindern sollte die Überlegenheit der „arischen Rasse" gegenüber den anderen "Rassen" - insbesondere natürlich der Juden - in die Köpfe gepflanzt werden. Diesbezüglich bediente man sich gerne des Bilderbuchs. Parteigenosse Hugo Wippler, die Nazi-Fachautorität auf dem Sektor der Kinder- und Jugendliteratur schlechthin, kritisierte mit scharfen Worten die vorherrschende Bilderbuchproduktion und rief auf "zur Reinigung von schädigenden Tendenzen überkommener Anschauungen, die sich zäh bis ins Kinderbilderbuch hinein erhalten haben. Weltbürgerliche Toleranz will unseren Kindern immer noch das 'Negerlein' und Andersrassige aller Art als Spielkameraden aufdrängen, obwohl das gesunde Empfinden des Kindes sich dagegen sträubt, sie als Brüder anzuerkennen und für diese Zumutung zunächst nur ein entsetztes Lachen aufbringt" (Wippler 1936, S. 153). Diesem "unverantwortlichen Treiben im Kinderbuch", resümiere Wippler hetzerisch weiter, setzen wir "die Erkenntnis ihrer Schäden entgegen und kämpfen für rassische Zucht, die in der Erhaltung und Erneuerung deutschen Volkstums Achtung und Ehrfurcht vor bleibenden Werten bezeugt, den Willen zur Leistung unterstützt und ihn ausrichtet auf die völkische Tat" (ebd., S. 157). Darum sollten die Kinder schon in ihren ersten literarischen Werken vor den perfiden Juden gemahnt werden, die als Verbrecher, Erbschleicher, Verführer etc. durch die Welt marschieren. In dem Bilderbuch der damals 18-jährigen (!) Elvira Bauer "Trau keinem Fuchs auf grüner Heid, trau keinem Jud bei seinem Eid" (1936) ist nachzulesen:

giftpilzBilderbuch Der Giftpilz (Quelle: Ida-Seele-Archiv)"Als Gott der Herr die Welt gemacht,
Hat er die Rassen sich erdacht:
Indianer, Neger und Chinesen
Und Juden auch, die bösen Wesen" (zit. n. Berger 1986, S. 68).

In einem weiteren Bilderbuchpamphlet, mit der bezeichnenden Titulierung "Der Giftpilz", wird der Jude wie folgt charakterisiert:

"Der Blick des Juden ist lauernd und stechend. Die Judennase ist an der Spitze gebogen. Sie sieht aus wie ein Sechser... Man sieht ihm schon an seinen Augen an, daß er ein falscher Mensch ist" (zit. n. ebd., S. 69).

Ob und inwieweit die beiden genannten Bilderbücher, die mehr über die Gestalter dieser Machwerke verraten als über die Menschen, die sie diffamieren, in die Hände der Kinder gerieten, ist heute nicht mehr zu eruieren. Wenn man aber bedenkt, dass damals die "meisten Kinder über keinerlei sonstiges kontrastives, vor allem kein natürliches Anschauungsmittel verfügten, kann man die Wirkung derartiger Machwerke wohl nachempfinden" (Konrad 2004, S. 169).