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Methodische Wege in die Sozialdidaktik

Inhaltsverzeichnis

  1. Kritisch - kommunikative Didaktiken
  2. Sozialdidaktische Forschung als methodischer Weg
  3. Herausforderungen innovativer Handlungsspielräume
  4. Biographische Methoden
  5. Praxisreflexion in einer virtuellen Lerngemeinschaft
  6. Page #
  7. Anmerkungen und Literatur

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 Sozialdidaktische Forschung als methodischer Weg

  • Sozialdidaktische Forschung auf der Ebene der ErzieherInnenausbildung

Ein methodisches Arrangement um neue Lernanreize zu geben,  bietet sozialdidaktische Forschung in sozialpädagogischen Ausbildungsgängen, wobei das Themenfeld „Forschen“ wie auch auf der Ebene der Mädchen und Jungen, auch bei Erzieherinnen und Erziehern auf ein „forschendes Neuentdecken“ bezogen ist. Dass diese Fähigkeit gefordert wird, benennt auch Friebertshäuser (2010) mit einem „forschungsorientierten professionellen Habitus“ (Friebertshäuser 1910, S.76). Des Weiteren ist es im  niedersächsischen Orientierungsplan für Bildung und Entwicklung niedergeschrieben, in dem „Erzieherinnen als forschende Pädagoginnen“ definiert sind (Niedersächsisches Kultusministerium 2005, S.39).

Wiediese Fähigkeit von den Schülerinnen und Schülern angeeignet wird, muss sozialdidaktisch durchdacht sein, denn Neugierde kann nicht auswendig gelernt werden und  empirischempirisch|||||Empirie bezeichnet wissenschaftlich durchgeführte Untersuchungen und Erhebung, die gezielt und systematisch im Forschungsfeld oder im Labor durchgeführt werden. Empirische Forschungen können durch verschiedene Methoden praktisch angewendet werden.e Forschungsmethoden dürfen nicht nur in Lückentexte eingefügt, sondern müssen auch eigenhändig erprobt werden.

Rahmenbedingungen und Strukturen schulischen Handelns gilt es demnach anzupassen, um Freiräume zu bieten, damit Schülerinnen und Schüler nicht nur im 90 Minuten Takt Aspekte des Forschens erlernen, sondern reale Möglichkeit bekommen selbstständig eine Fragestellung zu entwickeln (ihrer Neugierde nachgehen), um im Praxisfeld Gegebenheiten, Strukturen und Bedingungen zu erforschen.  Durch dieses Arrangement können Interaktions- und Kommunikationsprozesse in Gang gesetzt, Selbstständigkeit und Kooperationen mit Akteure und Akteurinnen der frühkindlichen Bildung  werden angestrebt; und klug ausgestaltet bieten sich so vielfältige Möglichkeiten diese Prozesse  kritisch-kommunikativ im Unterricht aufzuarbeiten.

 

Dazu gehört auch eine professionelle Begleitung und Vorbereitung, die das Erarbeiten von diversen Methoden in der Praxisforschung (vgl. Bamler et al, 2010) mit einschließt. Die empirischen Erforschung der Praxis hinsichtlich neuer Themen bietet vielfältige Fragestellungen, die von den Schülerinnen und Schülern erarbeitet, analysiert und reflektiert werden können.

Betrachtet man den folgenden Auszug eines Interviews, welches theoretisch von Schülern und Schülerinnen als Forschungsprojekt in einer Einrichtung erhoben worden sein könnte, so zeigen sich Ansatzpunkte wie sozialdidaktische Forschung Raum gibt um Lernprozesse an konkreten Handlungssituationen aus der Praxis anzuregen und zu reflektieren.

„...und der Junge hat (...) sich hingesetzt und auch was Rosanes gemalt,  was aussah wie ne Schleife und Mähne und so, und die Erzieherin hat dann zu ihm gesagt: Aus dir wird ja auch nie ein richtiger Cowboy, wenn du solche Sachen malst. Mal doch mal ein schwarzes Pferd  und einem Cowboy obendrauf! Und der Junge war so traurig darüber, dass er soviel MISSBILLIGUNG erfahren hat,  was der Erzieherin nicht aufgefallen ist, dass er fast geheult hätte.(...) Und sie konnte auch nicht damit leben, dass ich gesagt hab, dass ich das anders sehe, also sie meinte an diesem klassischen Rollenbild wird sich sowieso nie was ändern und warum sollte sie den Kindern etwas anderes vermitteln, wenn die Gesellschaft ja gar nicht so geprägt ist“.

Bezüglich des ausgewählten Interviewausschnittes bieten sich als Themenfelder zur Diskussion mit Schülern und Schülerinnen nicht nur Geschlechtergerechtigkeit an, sondern auch Themen wie vorurteilsfreie Pädagogik, Anti Bias Approach, Inklusion, DiversityDiversity|||||Im Deutschen wird der Begriff auch auch als Vielfalt benutzt und meint besonders, dass soziale Vielfalt konstruktiv genutzt wird. Im Diversity Management wird besonders auf eine positive Wertschätzung der individuellen Verschiedenheit eingegangen, um eine produktive Gesamtatmosphäre zu erreichen., Geschlechterrollenbilder,  Kritikfähigkeit,  kollegiale Zusammenarbeit, Unterstützungssysteme etc., welche den entsprechenden Lernfelder zugeordnet werden können. Hier sind die Lehrenden gefragt, wie sie die Bildungsprozesse der Schüler und Schülerinnen begleiten und welche Anreize zur Diskussion geschaffen werden.

Grundsätzlich gilt es dabei nicht den Weg der Fachdisziplin von oben auf das Niveau der Schülerinnen und Schüler zu projizieren (top-down), indem beispielsweise das Themenfeld „Gender“ aufgearbeitet in Häppchen angeboten und gelernt wird. Stattdessen wird durch  Analyse und Erfahrung praktischer sozialer Probleme theoretische Erklärungsansätze erarbeitet und auf ihren Gehalt hin reflektiert und dies in Lehr-Lernarrangements ausgestaltet (bottom –up).

Im Sinne der doppelten –Theorie –Praxis -Bezüge gilt es in offenen Unterrichtsstrukturen, mit innovativen Handlungsspielräumen und ohne Hierarchie zwischen Fächern, Möglichkeiten zu schaffen, um forschendes Handeln der Schüler und Schülerinnen zu ermöglichen und eine kritisch-kommunikative Auseinandersetzung anzuregen.

 

·  Sozialdidaktische Forschung auf der Ebene der AusbilderInnen

Um diese methodischen Wege auszugestalten, muss auch die Ebene der Lehrenden bedacht sein, welche demnach auch empirische Forschungsmethoden beherrschen müssen. In der universitären Ausbildung des Berufsschullehramtes Sozialpädagogik werden diese beispielsweise an einigen Standorten, wie Lüneburg, anhand von Forschungspraxisberichten (Praktikumsbericht), erlangt; welche es den Studierenden ermöglicht mit einer eigenen Fragestellung ihr Schulpraktikum zu absolvieren und dabei über mehrere Semester in Seminaren begleitet werden. Abschließend wird ein wissenschaftlicher Forschungsbericht angefertigt, der, inklusive dem Forschungsprozess, für das Studium mit 15 credit points honoriert wird, also dem Arbeitsvolumen von drei Veranstaltungen entspricht.

Auch das Modul des Projektstudiums, welches ein 3- semestriges Forschungsprojekt einer Gruppe Studierender beinhaltet, ermöglicht den Lehramtsstudierenden selbstständig eine Fragestellung in der Praxis zu erforschen und empirische Forschungsmethoden zu erproben. Nach Karsten (2003) erarbeiten sie so die forschende und entdeckende Haltung, die die Kompetenz zum lebenslangen Lernen erfordert.

Wünschenswert bei den entsprechenden Forschungsberichten ist dabei eine Rückkoppelung an die Praxis und vor allem bei den Praktikumsberichten auch eine Rückkoppelung wie auch Kooperation mit den Schulen, welche von den Ergebnissen der erforschten „Gegenstände“ in ihrem Umfeld profitieren können. Hier drückt Lewin (1953, S.45) es passend aus: „denn eine Forschung, die nichts anderes als Bücher hervorbringe, nütze dem Individuum nicht“.