Beiträge chronologisch

Sozialdidaktik und Lehrplanentwicklung - ein Vortrag

Inhaltsverzeichnis

  1. Was ist gemeint, wenn von Sozialdidaktik die Rede ist?
  2. Rückblick in Niedersachsen
  3. Schlussfolgerungen
  4. Was können Schulen beitragen?
  5. Ausblick
  6. Literatur

Gesamten Beitrag zeigen

 

Was ist gemeint, wenn von SozialdidaktikSozialdidaktik|||||Sozialdidaktik  ist eine eigenständige Didaktik zur professionelle Ausgestaltung von Lehr- und Lernzusammenhängen in sozialpädagogischen Ausbildungsberufen,  die auf dem Kontext von sozialem und pädagogischen Denken, Konzipieren und Handeln basieren. die Rede ist?

Jochen Dittrichund Helga Krüger haben bereits 1986 formuliert: wir brauchen eine Sozialdidaktik als „eigenständigen Ansatz in der Ausbildung für soziale Berufe“. Sie hatten diese Forderung als Folge der Diskussionen auf den „Hochschultagen Berufliche Bildung“ 1982 in Hannover aufgestellt. (Krüger/Dittrich, 1986) Eine solche Didaktik liegt bisher nur als Arbeitsprogramm vor (Küls 2010b). Im Prinzip kann die Sozialdidaktik als eine Fachdidaktik für soziale Berufe verstanden werden, insbesondere für die Erzieher- bzw. Erzieherinnenausbildung. Da es hier keine Fächer im schulpädagogischen Sinne gibt, ist es präziser, dabei von einer Berufsfelddidaktik zu reden. Hierzu gibt es wichtige Überlegungen und erste Ideen, aber bisher ist die Diskussion noch nicht in die Phase einer didaktischen Modellbildung eingemündet. Schlüssige konzeptionelle Ansätze, die die Lehr-Lernprozessgestaltung an den Schulen unmittelbar unterstützen können, liegen zwar in Grundlinien vor – aber eben noch nicht als durchdekliniertes, praxistaugliches Modell.  

Zu den ersten Grundlinien eines eigenständigen Ansatzes in der Ausbildung für soziale Berufe gehören drei wesentliche didaktische Prinzipien, die schon Dittrich und Krüger erläutert hatten, die auch von Karsten immer wieder betont werden (Karsten 2003) - und die nach wie vor didaktisch relevant erscheinen für die Weiterentwicklung der Lehr-Lernprozessgestaltung in der Sozialpädagogik (Küls 2010b). 

1.  Als eine erste wesentliche didaktische Dimension ist danach die integrale Persönlichkeitsentwicklung anzusehen, die den Lernprozess in der Ausbildung sinnkonstruierend gestaltet. Damit ist das Prinzip der Persönlichkeitsorientierung in der Lehrplanarbeit angesprochen.
Ein Konzept der Sozialdidaktik muss vor allem einer ausgewiesenen Persönlichkeitsorientierung in der Ausbildung mehr Raum geben – und zwar weit über das hinaus, was als Personalkompetenz oder Humankompetenz im Rahmen des Leitziels beruflicher Handlungskompetenz in der KMK- Handreichung für Rahmenlehrpläne und damit im Lernfeldkonzept gemeint ist.

2. Die theoretisch ausgerichteten Ausbildungsanteile sollen von den Problemlösungen sozialpädagogischer Praxis ausgehen. Dahinter verbirgt sich das curriculare Prinzip der Situationsorientierung.
Das Lernen muss an den Lösungsansätzen sozialpädagogischer Praxis anknüpfen. Handlungssituationen werden dabei nicht nur als Rahmen beruflicher Problemstellungen gesehen, die es zu lösen gilt, sondern als Ausgangspunkt der Reflexion von geschehenem Handeln. Dafür eignen sich von den Schülerinnen erlebte Situationen etwa aus der praktischen Ausbildung. Karsten hat dies aufgenommen in einem Mehrebenenmodell für komplexe Lernsituationen, die als fachdidaktische Gegenstandsbildung zu verstehen sei (Karsten 2003). 

3. Der doppelte pädagogische Bezug ist wesentliches Regulativ jeder didaktischen Planung und Durchführung von Unterricht. Die Interaktion in der Schule wird als Modell und Reflexionsgrundlage für die pädagogische Interaktion im Beruf herangezogen, womit curricular eine Interaktionsorientierung angezielt wird.
Hinter dem Prinzip des doppelten pädagogischen Bezuges steht der Gedanke, dass in der Ausbildung junge Menschen auf einen pädagogischen Beruf vorbereiten werden, d.h. Lehrkräfte gestalten pädagogische Prozesse mit dem Ziel, Schülerinnen und Schüler in die Lage zu versetzen, pädagogische Prozesse zu gestalten. Damit werden Lehrkräfte Modell. Wenn z.B. das Unterrichtsthema „Partizipation“ thematisiert wird und Schüler an den Entscheidungsprozessen in der Schule und im Unterricht nicht teilhaben, werden das Vorbild und das Verhalten der Lehrkräfte viel wirkungsvoller sein als alles was sie sagen. Auch der Aspekt der gegenseitigen Wertschätzung oder das Eingehen auf die Situation und Befindlichkeit des Gegenübers (d.h. der Schüler) haben hohen Modellcharakter für die Schülerinnen und Schüler in Bezug auf das, was sie an Handlungsweisen für ihren Beruf übernehmen.

 

Die Auswahl der Inhalte und Methoden sowie die Formulierung von Zielen für den Unterricht müssen sich an diesen Prinzipien orientieren. Inwieweit diese Prinzipien Eingang gefunden haben in die Lehrplanentwicklung Niedersachsens soll nun kurz diskutiert werden.