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Medienbildung und Medienkompetenz

Medienbildung und Medienkompetenzförderung bei Kindern nimmt einen recht großen Raum in den Diskussionen und in den Programmen der Bildungspolitik um frühkindliche Bildung ein , wobei im Besonderen Eltern andere Bildungsbereiche wie das Kennenlernen der Natur oder die Förderung von Kreativität (Musik und Kunst) als relevant ansehen (vgl. Deutsche Telekom Stiftung 2010). Zwar kann die Frage, ob die Nutzung und das Verstehen verschiedenster Medien als Kulturtechnik gefasst werden kann, als beantwortet betrachtet werden, dennoch gibt es nach wie vor Stimmen, die den KiTa-Alltag als einen Schutzraum vor allzu großem Medieneinfluss sehen und erhalten wollen . Dieses liegt vor allem darin begründet, dass die öffentlich geführte Diskussion um das Thema Medien und Medienkompetenzförderung meistens mit dem Fokus der Medienwirkung und hier im besonderen der Wirkung gewalthaltiger Medienprodukte verbunden und wahrgenommen wird. Ein anderer Standpunkt ist, dass vor allem Bildschirmmedien nur Erfahrungen aus zweiter Hand ermöglichen und Zeit und Raum für direkte, nicht medial erlebte Erfahrungen beanspruchen. Problematisch ist, dass Medien oftmals eine pädagogische Funktion unterstellt wird. Alle Produkte, die nicht einem pädagogisch sinnvollen Raster entsprechen, also zur Persönlichkeitsentwicklung im positiven Sinne dienen bzw. positive Menschen- und Weltbilder ausformen können, seien demnach wie auch immer von den Kindern fern zu halten. Damit verschiebt sich die Diskussion des Medieneinsatzes in der KiTa von einer generellen Frage eher zu einer Frage, welche Medienprodukte genutzt werden sollen und auf welche Weise. Hierbei, und darum soll es in diesem Artikel gehen, besteht die Gefahr, dass durch diese pädagogische Engführung die Medienwelt der Kinder nicht ernst genommen wird und somit wichtige Bereiche der Medienkompetenzförderung hinter den eigentlich gut gemeinten regulativen Einschränkungen verschwinden können. Kindern soll immer die Möglichkeit gegeben werden, Erfahrungen aus erster Hand zu machen, dazu zählen allerdings auch Medien, mit denen Kindern direkt Erfahrungen sammeln können. Aber Medien bieten uns neben den direkt zugänglichen Erfahrungsräumen auch Zugang zu Erfahrungsräumen, die sonst ungenutzt bleiben würden. Medien überbrücken Zeit und Raum und so können Kinder Dinge aus der Vergangenheit lernen oder spannende Geschichten über Dinge am anderen Ende der Welt erfahren, eben Bereiche des Lebens, die nicht unmittelbar zugänglich sind. Es stellt sich also die Frage, wie die KiTa und die Fachkräfte vor Ort mit diesem Thema umgehen können. Dazu soll kurz als kleiner Überblick auf die zentralen Fragen „Was sind Medien?“, „Was ist Medienkompetenz?“ und „Förderung von Medienkompetenz in der KiTa?“ eingegangen werden, um einen kurzen Einblick über die Weite dieser Diskussionen zu skizzieren.



Was sind Medien?


Oft sind mit dem Begriff Medien Geräte gemeint, die einen Stecker oder einen Bildschirm haben. Der Begriff Medien ist jedoch eher als ein Sammelbegriff zu verstehen, der nicht nur Geräte meint, die Inhalte transportieren, sondern dieser Begriff ist generalistischer zu betrachten. „Medien sind Mittel der und Mittler von Informationen“ (Schorb 1998). Medien sind demnach dazu da aus der mittelbaren Realität heraus Informationen über diese Realität zu vermitteln. Dieses geschieht dadurch, dass Informationen über die Realität in bestimmte Formen der Kommunikation wie z.B. Bilder oder Sprache transformiert werden.


Schorb differenziert den Medienbegriff jedoch noch stärker: Medien, die an eine Person gebunden sind, werden personale Medien genannt. Darunter lassen sich Motorik, Gestik, Mimik und Sprache fassen. Die Person ist damit Träger der Information. Dementgegen sind a-personale Medien Träger von Informationen, die nicht an Personen gebunden sind. Die Information wird also auf einem Gegenstand konserviert. Zusätzlich wird in der Literatur noch zwischen inhaltlichen Medien, z.B. die Schrift als fixierter Inhalt, und technischen Medien unterschieden. Mit technischen Medien sind Gerätschaften gemeint, die zur Aufzeichnung, Speicherung und Wiedergabe von Medieninhalten dienen, aber auch Geräte, die eine Kommunikation über weite Distanzen ermöglichen, wie Handys. (vgl. Schorb 1998).


Was ist Medienkompetenz?


Kinder nutzen Medien auf eine ganz eigene Art und Weise und damit möglicherweise auch außerhalb der Bereiche, die Erwachsene als sinnvoll einstufen. Sponge Bob, so abwegig es uns auch erscheinen mag, kann für Kinder eine besondere Bedeutung haben und diese Tatsache sollte in weiteren Überlegungen zum Thema Medieneinsatz und Medienkompetenzförderung in der KiTa eine Rolle spielen (vgl. Götz 2007). Die Fähigkeiten Medienprodukte einschätzen, verstehen und verarbeiten zu können, wird in der Literatur als ein wichtiger Bestandteil von Medienkompetenz betrachtet. . Kinder müssen analog zum Lesenlernen auch lernen, Medien „lesen“ zu können, um einen angemessenen Umgang mit diesen zu erfahren. Daher wird ein wichtiger Bestandteil der Medienkompetenz in Anlehnung an das Schriftsprachverstehen (literacy) auch media literacy genannt. Doch hinter dem Begriff der Medienkompetenz verbirgt sich mehr. So halten Six und Gimmler fest, dass Medienerziehung bzw. Medienbildung zu einem „selbstbestimmten, reflektierten, selbstregulierten und funktionalen, gleichzeitig aber auch persönlich verträglichen und sozial angemessenen Medienumgang“ (Six/Gimmler 2007) führen solle. „Die hierfür notwendigen Wissensbestände, Fähigkeiten, Handlungsstrategien und Fertigkeiten werden unter dem Konstrukt ‚Medienkompetenz‘ zusammengefasst“ (ebd., Hervorhebung. i. O.).



Förderung von Medienkompetenz in der KiTa?

 

In der (frühkindlichen) Entwicklung kann es beim Erwerb von media literacy durchaus Probleme geben, die dann auch einen Einfluss auf die Medienkompetenz eines Kindes haben können. . Diese können durch die Nutzung ungeeigneter Medienprodukte oder aber auch durch exzessive und unreflektierte Mediennutzung entstehen. Die KiTa hat als Bildungsinstitution auf der einen Seite durchaus die Möglichkeit negativen Medienerlebnissen der Kinder durch die Stärkung von Medienkompetenz präventiv entgegenzuwirken. Noch wichtiger jedoch erscheint die Chance die Kinder im Rahmen der KiTa die Kinder an einen sensiblen, eigenständigen und produktiven Umgang mit Medien heranzuführen. (vgl. Neuß 2011). Das Problem hierbei ist jedoch, dass in vielen Köpfen noch ein recht statisches Bild von Medieneinsatz besteht, wie es Schorb beschreibt: „Die Pädagogik hat sich der Medien historisch in erster Linie als Hilfsmittel zur Veranschaulichung von Wissensbeständen bedient“ (Schorb 1998). Der Einsatz von Bilderbüchern als Wissensspender ist in den meisten KiTas verbreitet. Doch es hat den Anschein, dass der alltägliche Umgang mit Medien, gerade mit Medien, die dem Freizeitsektor zugeordnet werden, deutlich geringer ist (vgl. Schneider et al. 2010). Dadurch entfällt aber gegebenenfalls ein relevanter Bereich in dem medienpädagogisches Handeln der ErzieherInnen zu einem medienkompetenten Handeln bei den Kindern führen kann. Bisher sind neben medienpädagogischen Handlungsempfehlungen, wie z.B. von Neuß (2011), kaum empirischempirisch|||||Empirie bezeichnet wissenschaftlich durchgeführte Untersuchungen und Erhebung, die gezielt und systematisch im Forschungsfeld oder im Labor durchgeführt werden. Empirische Forschungen können durch verschiedene Methoden praktisch angewendet werden.e Daten dazu zu finden, was tatsächlich an medienpädagogischen Handlungen durch Erzieherinnen in den KiTas stattfindet und wie diese bedingt sind. Dieses ist im Hinblick auf Six und Gimmler interessant, die herausstellen, dass die Förderung von Medienkompetenz bei Kindern nicht ausschließlich im Rahmen von (zeit-)aufwendigen Projekten stattfinden muss. Die Förderung von Medienkompetenz kann vor allem in vielfältiger Weise und oftmals in Verbindung mit anderen Bildungsbereichen während des Alltags stattfinden (vgl. Six/Gimmler 2007). Hier möchte ich sogar noch einen Schritt weiter gehen, denn medienpädagogisches Handeln findet oftmals schon im Alltag in gewissem Ausmaß – ohne dass die Erzieherin/ der Erzieher vielleicht eine medienpädagogische Handlung im Sinn hatte - statt. Genauso ist es aber dann auch im Umkehrschluss möglich, dass – unbewusst - die Förderung von Medienkompetenz gegebenenfalls verhindert wird. Der Fachkraft vor Ort, aber auch Forschung, sowie Aus-, Fort- und Weiterbildung wäre es bei der Beachtung dieser Betrachtungsweise möglich das Thema Medien im Alltag konkreter wahrzunehmen und entsprechende Handlungen und Konzepte alltagssensibel zu entwickeln und abzustimmen.


Es ist wichtig, dass ErzieherInnen die Lebenswelten der Kinder verstehen und aufgreifen (vgl. Neuß 2011). Es geht darum, dass ErzieherInnen Kindern den Möglichkeitsraum schaffen, in dem sie ihre Lebenswelt ausprobieren können. Und diese Lebenswelten sind nun einmal auch zu großen Teilen Medienwelten.

 

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Literatur:

 

 


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