Kinderschutz in der KiTa

Wie können Fachkräfte das Thema stetig berücksichtigen?

Um einen wirksamen Kinderschutz sicherstellen zu können, bedarf es einer stetigen Auseinandersetzung mit den dazugehörigen Themen des präventiven und intervenierenden Kinderschutzes. Dabei geht es neben Informationen und Qualifikationen auch um eine regelmäßige Bewusstmachung und Sensibilisierung der eigenen Haltung.

Präventiver Kinderschutz

Kinderschutz bedeutet, über den reinen Schutzaspekt hinaus, eine grundlegende Förderung, Beteiligung und Sicherstellung des Kindeswohls im Alltag eines jeden Kindes. Mit der Verabschiedung der UN-Kinderrechtskonvention im Jahre 1989 hat sich der so genannte Kinderrechtsansatz entwickelt. Dieser besagt, dass es Konsequenzen für pädagogisches Handeln hat, wenn Kinder als Träger eigener Rechte angesehen werden und sie ihren Alltag mitbestimmen und mitgestalten dürfen. Demzufolge sind Verfahren zur Sicherung der Rechte von Kindern als grundlegende, schutzgebende und präventive Maßnahme in der pädagogischen Konzeption festzuhalten.

Institutionen, die mit Kindern arbeiten, haben die Aufgabe, diesen geschützte Räume anzubieten. Es müssen Bedingungen geschaffen werden, die sicherstellen, dass Übergriffe auf Kinder, wie z. B. sexuelle Gewalt, möglichst ausgeschlossen sind. Zudem müssen pädagogische Fachkräfte bei einem Verdacht auf Kindeswohlgefährdung wissen, wie sie sich zu verhalten haben.

Intervenierender Kinderschutz (1)

Bei dem Begriff „Kindeswohlgefährdung“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der Auslegung seines Inhalts im Einzelfall bedarf. Das bedeutet in der Praxis, dass individuell geprüft werden muss, ob eine Kindeswohlgefährdung vorliegt und welche Maßnahmen angezeigt sind. Damit pädagogische Fachkräfte bei einem Verdacht auf Kindeswohlgefährdung Handlungssicherheit hinsichtlich der angemessenen Vorgehensweise haben, ist es wichtig, möglichst differenziert auf kritische Situationen zu schauen und im fachlichen Austausch zu analysieren, ob gegebenenfalls kindeswohlgefährdende Handlungen in der eigenen Einrichtung oder im erweiterten Umfeld des Kindes vorliegen könnten. (1) Im Idealfall gibt es dafür geeignete Schutzkonzepte (3) , die dann angewendet werden können.

Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung (4)

Fachkräfte stellen sich bei einem Verdacht verschiedene Fragen: Was mache ich wie und wann? Mit wem berate ich mich? Was darf ich wem erzählen? Wie helfe ich dem Kind bzw. den Eltern und was kann ich tun, wenn die Erziehungsberechtigten nicht in der Lage sind, die Hilfeangebote umzusetzen?

Die gesetzliche Grundlage für das Handeln der pädagogischen Fachkräfte bei einem Verdacht auf Gefährdung eines von ihnen betreuten Kindes ist § 8a Abs. 4 des SGB VIII. Danach hat der öffentliche Träger der Jugendhilfe in Vereinbarungen mit den Trägern von Einrichtungen und Diensten, die Leistungen nach dem SGB VIII erbringen, sicherzustellen, dass deren Fachkräfte bei Bekanntwerden gewichtiger Anhaltspunkte für die Gefährdung eines Kindes unter bestimmten Maßgaben eine Gefährdungseinschätzung durchführen.

Die Erziehungsberechtigten und das Kind sind in diese Gefährdungseinschätzung einzubeziehen, sofern der wirksame Schutz des Kindes dadurch nicht in Frage gestellt wird. Die pädagogischen Fachkräfte sollen den Eltern geeignete Hilfe anbieten und darauf hin wirken, dass sie diese in Anspruch nehmen. Dabei geht es nicht um Hilfen über ihre Aufgaben als pädagogischen Fachkräfte hinaus, sondern darum, den Eltern ihr pädagogisches Fachwissen zur Verfügung zu stellen, etwa um auf die Notwendigkeit von Veränderungen, Klarheit und Ritualen zu verweisen oder auf Freizeit- und Unterstützungsangebote aufmerksam zu machen. Wenn die Eltern nicht bereit oder nicht in der Lage sind, positive Veränderungen für ihr Kind einzuleiten und die Gefährdungen abzuwenden, sind die pädagogischen Fachkräfte bzw. die jeweiligen Leitungen gesetzlich verpflichtet, das Jugendamt zu informieren.

Schutzmaßnahmen bei Kindeswohlgefährdung

Bei der Erarbeitung der Vereinbarungen zwischen den öffentlichen Trägern der Jugendhilfe und den Trägern von Einrichtungen und Diensten werden einrichtungs- und trägerspezifische Besonderheiten berücksichtigt. Entscheidend für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Bundesprogramm ist, sich über diese Vereinbarungen zu informieren und die jeweiligen Ansprechpartner und -partnerinnen zu identifizieren. Für die Praxis wird eine „Netzwerkkarte Kinderschutz“ empfohlen. Diese beinhaltet eine Übersicht über alle relevanten Ansprechpartner und -partnerinnen zur Fachberatung und zur Einleitung und Vermittlung von Hilfe- und Schutzmaßnahmen, wie beispielsweise die Erziehungs- und Familienberatungsstellen, die Sonderpädagogische Beratungsstelle, die Fachberatung des Sozialen Dienstes, der Kinder- und Jugendnotdienst usw.  (5)

Formen von Kindeswohlgefährdung

Gewalt gegen Kinder besteht nur selten in einer einmaligen Handlung, auch wenn bereits ein einmaliger Vorgang (wie z. B. das Schütteln eines Säuglings) erhebliche Verletzungen nach sich ziehen kann. Typischerweise ist Kindeswohlgefährdung ein aus mehreren Elementen zusammengesetztes Syndrom negativer Einwirkungen (Handlungen und Unterlassungen) auf das Kind. Auch wenn es für eine erste diagnostische Einordnung sinnvoll erscheint, verschiedene Formen der Gefährdungen bzw. Misshandlungen zu unterscheiden, kommen diese in der Praxis selten isoliert und offensichtlich vor. Besonders in schweren Fällen sind häufig komplexe Mischformen zu beobachten, die sich gegenseitig bedingen und verstärken können. So hat beispielsweise körperliche Gewalt immer auch in seelischer Hinsicht Folgen für das Kind. Gerade der Zusammenhang multifaktorieller Aspekte macht häufig die schädigenden Wirkungen aus. Entscheidend ist, dass eine offene Atmosphäre des Autausches innerhalb eines Teams zu diesen belastenden Themen besteht, der die verschiedenen Aspekte und Zusammenhänge reflektiert bzw. abwägt und auch die möglicherweise schützenden Faktoren des Lebensumfeldes des Kindes mit berücksichtigt.


Anmerkungen:

(1) LVR Landschaftsverband Rheinland (Hrsg.) (2019). Kinderschutz in der Kindertagesbetreuung. Prävention und Intervention in der pädagogischen Arbeit. https://www.lvr.de/media/wwwlvrde /jugend/kinderundfamilien/tageseinrichtungenfrkinder /dokumente_88/Broschure_Kinderschutz_27.05.2019.pdf

(2) https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/aktuelles/alle-meldungen/kinder-und-jugendliche-vor-missbrauch-und-gewalt-schuetzen/154288

(3) www.kein-raum-fuer-missbrauch.de/schutzkonzepte/kita

(4) Troalic, J. (2015). Kinderschutz in Kindertageseinrichtungen in der Praxis gestalten. https://www.kita-fachtexte.de/fileadmin/ Redaktion/Publikationen/KiTaFT_Troalic_Kinderschutz_2015 .pdf

(5) Leitner, H. u. a.(2013). Praxisbegleitbuch Kinderschutz. Band 2. Hennigsdorf, Rostock: Start gGmbH.

(6) Maywald, J. (2011). Kinderschutz in Kindertageseinrichtungen. https://www.kita-fachtexte.de/fileadmin/Redaktion /Publikationen/FT_maywald_2011.pdf


Dieser Text ist im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung des vom Bundesfamilienministerium geförderten Programms „Kita-Einstieg: Brücken bauen in frühe Bildung“ durch das nifbe entstanden. Er ist ein Teil des digitalen Sammelordners "Kita-Einstieg Wissen kompakt" mit knappen prägnanten Texten zu diesem Themenbereich und einer Einführung zum Hintergrund.


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