Facetten der Qualität (Review)

Inhaltsverzeichnis

  1. Erfassung pädagogischer Qualität in KiTas
  2. Kita-Qualität aus Kindersicht
  3. Persönlichkeit der Fachkraft

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Persönlichkeit der Fachkraft

Für die Qualitätsentwicklung in der KiTa und hier beispielsweise insbesondere für die Prozess- und Interaktionsqualität gilt die Persönlichkeit der Fachkraft bzw. ihre Haltung als ein zentraler Faktor. „Die ‚Professionelle Haltung und Identität‘ ist eine Schlüsseldimension, die das Denken, die Weltsicht und die Handlungspraxis von Fachkräften grundlegenden prägt“ (Nentwig-Gesemann et. al. 2011, S. 53) Bei ihrer Ausprägung geht es dabei „immer auch um eine – biographische, selbstreflexive – Arbeit an der eigenen Identität und damit um Selbstbildung und Persönlichkeitsentwicklung“ (ebd. S. 17).

Doch welche Rolle spielt diese Selbstbildung und Persönlichkeitsentwicklung nun in der Ausbildung von ErzieherInnen bzw. dem Studium von KindheitspädagogInnen an Fachschulen und Hochschulen?

Dieser Frage sind Alexander Röhle, Stephanie Conein und Janne Fengler in ihrer Studie nachgegangen und haben dafür im ersten Untersuchungsschritt eine umfangreiche Dokumentenanalyse der Curriccula durchgeführt und explorative Interviews mit ausgewählten Curricculumsverantwortlichen durchgeführt. In einem zweiten Untersuchungsschritt wurden in vier ausgewählten Einrichtungen durch qualitative Interviews und Gruppendiskussionen die beteiligten Akteure, also Lehrende, Lernende sowie AbsolventInnen, befragt.

Aus den untersuchten Rahmenplänen der Länder sowie dem länderübergreifenden Lehrplan für die Fachschulausbildung ergab sich eine „hohe Bedeutung“ (S. 92) der Persönlichkeitsbildung und im Studium nehmen die Module mit Persönlichkeitsbildung zumeist ca. ein Drittel, in manchen Hochschulen bis zu zwei Drittel ein. Alle Curriculumsverantwortlichen betrachteten die Persönlichkeitsbildung „als ein besonders relevantes Element innerhalb der Qualifizierung“ (ebd.).

Als Aspekte, die Persönlichkeitsbildung unterstützen, wurden dabei unter anderem genannt: „Selbständigkeit, Reflexion, Bestehen von Herausforderungen, Erfahrungen der Berufspraxis, gruppendynamische Aktivitäten“ (ebd.).

Als bemerkenswerten Befund stellen die AutorInnen heraus, dass die Reflexion, die bei Lehrenden und Lernenden häufig Erwähnung fand, von den AbsolventInnen nicht genannt wurde. Hier weisen die Befunde darauf hin, „dass besonders in der Phase nach dem Übergang in die Berufspraxis die in der Qualifizierungsphase gemachten Erfahrungen mit professioneller Reflexion offenbar nicht in dieser Kontinuität auf gleichem Niveau fortgesetzt werden konnten“ (S. 95).

Als hinderlich für die Persönlichkeitsbildung an Fach- und Hochschule wurden von den Verantwortlichen „die an beiden Institutionsformen vorzufindenden verschulten Strukturen mit strikten Vorgaben bzgl. Inhalten und Zeiten“ (S. 93) sowie die Pflicht zur Notengebung und allgemein die Überlastung bzw. ein häufiger Wechsel der Lehrkräfte genannt.

Auf der inhaltlichen Ebene wurde insbesondere von Lernenden und AbsolventInnen eine „unzureichende Berücksichtigung der Biographie der angehenden früh- / kindheitspädagogischen Fachkräfte durch die Lehrenden“ (S. 94) genannt. Zwar werde die biographische Reflexion als wichtiges Mittel bei der Persönlichkeitsbildung „durchgängig benannt, aber die individuelle biographische DispositionDisposition|||||Wörtlich gemeint ist damit sowohl eine Anordnung von Material, als auch die  physische und psychische Verfassung, Anlage, Empfänglichkeit zum Beispiel zum Lernen.  der Adressatinnen und Adressaten findet in der Regel keine systematische Berücksichtigung“ (ebd.).

Zusammenfassend konstatieren die AutorInnen, dass „übereinstimmend die gleichen Maßnahmen benannt [werden], die einen im Sinne der Qualifikationsziele erwünschte Persönlichkeitsbildung in Gang setzen sollen. Es findet sich eine in weiten Teilen einheitliche Methodik mit einem Primat von Reflexion und Praxiserfahrung (ebd.). Im Ergebnis sollte aus Sicht der Befragten eine Persönlichkeit stehen, „die in hohem Maße selbstreflektiert und biographisch bewusst, sensitiv und emphatisch, kommunikativ, humorvoll und tolerant, abgrenzungsfähig, reif und selbstsicher ist und über einen wissenschaftlichen und professionellen pädagogischen Habitus verfügt“ (ebd.).

Angesichts der Bedeutung der eigenen Biographie für die Persönlichkeitsentwicklung sollten in Ausbildung und Studium nach Ansicht der AutorInnen noch „verstärkt die unterschiedlichen biographischen Voraussetzungen des Individuums berücksichtigt [werden]“ (S. 95). Sie verweisen auch auf die Bedeutung der „Selbsterfahrung“ und der „Supervision“. Anzustreben sei die Figur des „reflective practitioner“, „der mit der Fähigkeit zur Selbstreflexion sein Fachwissen und die Herausforderungen der Handlungspraxis zu verbinden vermag.“ (ebd.)



Zur Ausgabe der Frühen Bildung 2-2018 (kostenpflichtig)