Grundlagen der Frühkindlichen Bildung

Entwicklungspsychologische, pädagogische und soziologische Perspektiven

Inhaltsverzeichnis

  1. Entwicklungspsychologische und pädagogische Grundlagen
  2. Soziologische Perspektiven
  3. Zusammenfassung und Fazit

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1.3 Zusammenfassung und Fazit


Der Besuch einer Kindertageseinrichtung ist für Kinder heute zum Bestandteil der Normalbiographie geworden und immer mehr Kinder verbringen insgesamt gesehen immer mehr Zeit in Kindertageseinrichtungen als früher. Gleichzeitig sehen sich Familien häufig hohen Anforderungen gegenübergestellt, die von ihnen – insbesondere wenn sie unter erschwerten Bedingungen agieren müssen – nicht immer erfolgreich bewältigt werden können. Um die angesichts individualisierter und flexibilisierter Lebensentwürfe und sich verändernder Berufswelten und Erwerbsbiographien auftretenden Belastungen und Disparitäten auszugleichen und die Lebensbedingungen aller Familien zu verbessern, bedarf es einer funktionierenden und den individuellen Bedarfen angepassten familienergänzenden Infrastruktur.

Zugangsmöglichkeiten zu und Inanspruchnahmemuster von öffentlicher Kindertagesbetreuung werden durch mehrere Faktoren beeinflusst, u.a. durch den mütterlichen Erwerbsstatus, das Bildungsniveau, das Haushaltseinkommen, die Kinderzahl sowie elterliche Orientierungen und tradierte Kindheits- und Familienbilder. Insbesondere bei Kindern in den ersten drei Lebensjahren zeigt sich auch ein Herkunftseffekt.

Vor diesem Hintergrund müssen Anstrengungen auch dahingehend unternommen werden, das öffentliche familienergänzende Betreuungsangebot so vorzuhalten und auszugestalten, dass es für alle Kinder und Familien erreichbar ist und als unterstützende Option wahrgenommen werden kann, und dass die mit ihm verbundenen Aspirationen in Bezug auf die avisierten Erziehungs- und Bildungsziele für die betreuten Kinder auch tatsächlich eingelöst werden können.

Die ersten Lebensjahre sind durch schnelle und vielfältige Entwicklungs- und Bildungsprozesse gekennzeichnet, die sowohl von dem Individuum als auch von der es umgebenden sozialen und materiellen Umwelt beeinflusst werden. Da neben der Familie in zunehmendem Maße auch Kindertageseinrichtungen eine solche soziale und materielle Umwelt bilden, muss dafür Sorge getragen werden, dass diese den Bildungsbedürfnissen und -fähigkeiten der Kinder in möglichst optimaler Weise Rechnung trägt.

Hierfür ist es notwendig, dass Kinder Gelegenheit erhalten, mit den für sie zuständigen Pädagogen/innen positive emotionale Beziehungen aufzubauen, die ihnen Sicherheit verleihen und sie dabei unterstützen, ein positives Selbstbild und Selbstwirksamkeitsüberzeugungen zu entwickeln. Solche Bindungs- oder bindungsähnlichen Beziehungen sind eine wichtige Voraussetzung dafür, dass sich junge Kinder voller Aufmerksamkeit ihrer Umwelt zuwenden und diese aktiv und konzentriert erkunden können und wollen. Die Tageseinrichtungen sind darüber hinaus Träger und Vermittler kultureller Praxen und Bedeutungen, über und durch die Kinder sich tagtäglich kulturell bedeutsame Wissensbestände erschließen.

In diesen Prozessen übernehmen pädagogisch Tätige mehrere miteinander zusammenhängende, aber dennoch zu differenzierende Funktionen: als Beziehungspartner/in, als Ko-Konstrukteur/in sprachlicher und kultureller Bedeutungen und Wissensbestände sowie als Arrangeur/in des Bildungsraums Kita, der Eigenaktivität und forschendes Lernen ermöglicht und fördert.

Die feinfühlig-responsive bzw. dialogische Interaktion zwischen pädagogisch Tätigen und Kindern ist ein zentrales Qualitätsmerkmal pädagogischen Handelns. Die Häufigkeit und Art und Weise, in der Erwachsene mit Säuglingen und Kleinkindern sprechen, gilt aber auch als einer der zentralen Einflussfaktoren auf frühe sprachliche und kognitive Bildungsprozesse, wobei der didaktischen ebenso wie der dialogischen Komponente eine große Bedeutung zukommt. In Kindertageseinrichtungen müssen demnach strukturelle Bedingungen gegeben sein, unter denen die Pädagogen/innen zu zuverlässigen Bezugspersonen und zugewandten Interaktionspartnern werden und die damit verbundenen Funktionen zuverlässig erfüllen können. Darüber hinaus obliegt es den pädagogisch Tätigen, die Kita-Umwelt so zu gestalten, dass diese der kindlichen Eigenaktivität und Neugiermotivation entgegenkommt und nicht nur Sicherheit gebende, sondern auch Exploration und Welterkundung fördernde Qualitäten besitzt. Hierzu ist es notwendig, dass pädagogisch Tätige über Beobachtung, Dokumentation und die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Familien spezifisches Wissen über die individuellen Voraussetzungen, Interessen und Themen jedes einzelnen Kindes und seines familiären Hintergrundes erlangen und dieses in Planungs- und Entwicklungsprozesse sowie konzeptionelle Entscheidungen integrieren. Hierfür ist mittelbare pädagogische Arbeitszeit, die nicht im direkten Kontakt mit den Kindern geleistet wird, zwingend erforderlich.