Mehr Männer in KiTas?

WiFF-Expertise Nr. 35

Für eine geschlechtergerechte Bildung, Betreuung und Erziehung von Kindern müssen mehr männliche Fachkräfte und Väter in Kindertageseinrichtungen eingebunden werden. Denn dort sind sie bislang wenig vertreten und fehlen als Vorbilder für die Entwicklung der Geschlechtsidentität der Kinder. So lautet ein vielfach genanntes Argument für die Erhöhung des Männeranteils in Kitas. Es verfestigt jedoch unbeabsichtigt allzu oft gerade jene Geschlechterklischees, die zu überwinden versucht werden und verhindert eine differenzierte Auseinandersetzung mit dem Thema.

Zu diesem Schluss kommen Lotte Rose und Frederike Stibane, die im Auftrag der Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFFWiFF|||||WiFF ist ein Projekt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, der Robert Bosch Stiftung und des Deutschen Jugendinstituts e.V. Die drei Partner setzen sich dafür ein, im frühpädagogischen Weiterbildungssystem in Deutschland mehr Transparenz herzustellen, die Qualität der Angebote zu sichern und anschlussfähige Bildungswege zu fördern.) Praxis- und Forschungsprojekte zu „Männliche Fachkräfte und Väter in Kitas“ sowie den öffentlichen Fach- und Mediendiskurs darüber analysiert haben. Die WiFF-Expertise steht unten für Sie zm Download bereit.

Die Autorinnen stellen fest, dass die Befürworterinnen und Befürworter einer stärkeren männlichen Beteiligung in Kitas vor allem Unterschiede zwischen den Geschlechtern betonen und Männern und Frauen spezifische Merkmale zuweisen. Geschlechterklischees und geschlechterspezifische Arbeitsteilungen werden damit reproduziert. Indem eine geschlechtersensible Erziehung auf den Anteil von Männern in der Kita reduziert wird, kommt zudem die Diskussion über die erforderlichen Kompetenzen und damit über die ProfessionalisierungProfessionalisierung|||||Eine Professionalisierung findet im weiteren Sinne statt wenn die Entwicklung einer privat oder ehrenamtlich ausgeübten Tätigkeit zu einem  Beruf wird. Im Rahmen der Professionalisierung werden häufig Qualitätsverbesserungen und Standardisierungen erreicht. Professionalisierung bedeutet auch die Entwicklung eines Berufs zu einer Profession, darunter wird meist ein akademischer Beruf mit hohem Prestige und Anerkennung verstanden.   der Fachkräfte auf diesem Gebiet zu kurz. Der entscheidenden Frage, wie Kitas Kindern vielfältigere und neue Erfahrungs- und Lernräume zur Verfügung stellen können und die Praxis jenseits der Präsenz männlicher Fachkräfte verändert werden kann, wird nicht nachgegangen.

Sowohl die untersuchten Praxis- und Forschungsprojekte als auch die Debatte haben ihren Schwerpunkt auf männlichen Fachkräften und Vätern. Übersehen wird dabei die Möglichkeit, auch andere „Frauentypen“ als bislang für die Kita zu gewinnen. Auch als alltägliche Interaktionspartnerinnen der Männer und als relevante Akteurinnen im Kita- System werden Frauen nicht berücksichtigt. Ein weiterer Punkt überraschte die Autorinnen: Die untersuchten deutschen Praxisprojekte setzen kaum verbindliche organisationsbezogene Maßnahmen wie die personalpolitische Bevorzugung von Männern, verbindliche Zielvorgaben und Anreizsysteme für Männerförderung ein, obwohl diese in anderen Ländern nachweislich erfolgreich waren.


Quelle: WiFF


Zum Weiterlesen:

Männer in KiTas - ein Kommentar


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