Bildungsbericht 2010 - Ergebnisse zum Thema Übergang

Der folgende Beitrag fasst die Ergebnisse des Bildungsberichts 2010 zusammen. Der vollständige Bericht kann im Anhang eingesehen werden.

Das öffentliche Interesse an Bildungsverläufen setzte lange Zeit mit dem Schuleintritt ein. Da in jüngerer Zeit aber Studien wiederholt auf die hohe Bedeutung frühkindlicher Bildungsprozesse hingewiesen haben, rücken diese seit einigen Jahren verstärkt ins Blickfeld. Die Folge ist, dass nicht nur Kindertageseinrichtungen zunehmend als Bildungsinstitutionen charakterisiert werden, sondern dass auch dem Übergang in die Schule mehr Aufmerksamkeit zuteil wird. Als eine zentrale Grundlage hierfür gilt
die sprachliche Ausdrucksfähigkeit der Kinder zu Beginn der Schule, auf die zunächst eingegangen wird.

 


Vorschulische Sprachstandserhebungen und Sprachförderung

Um zu vermeiden, dass mangelnde Sprachfähigkeiten beim Übergang in die Schule langfristige Nachteile im weiteren Bildungsverlauf nach sich ziehen, wird in mittlerweile 14 Ländern der Sprachstand von 4- bis 6-jährigen Kindern mit insgesamt 17 Verfahren landesweit überprüft. Dabei hat seit 2008 die Heterogenität der eingesetzten standardisierten und nicht standardisierten Verfahren zugenommen, da einige Länder mittlerweile neue Verfahren anwenden. Drei Länder wiederum erheben ausschließlich den Sprachstand von Kindern nichtdeutscher Herkunft oder von Kindern, die keine Kindertageseinrichtung besuchen. Der Anteil der Kinder mit diagnostiziertem Förderbedarf variierte im Jahr 2009 zwischen knapp 13% in Baden-Württemberg, Niedersachsen, Saarland und 53% in der Stadt Bremen. Allerdings sind die angewendeten Verfahren nicht direkt vergleichbar, da sie nicht das Gleiche messen.
Zudem werden in einigen Ländern bereits 4-Jährige getestet .
Die als sprachförderbedürftig eingestuften Kinder werden in nahezu allen Ländern zur Teilnahme an zusätzlichen Sprachfördermaßnahmen verpflichtet. Der zeitliche Umfang dieser Maßnahmen liegt zwischen 2 und 15 Stunden pro Woche über einen Zeitraum von 3 bis 18 Monaten . Empfehlungen der Länder, auf welche Weise Kinder in dieser Zeit durch Erzieherinnen, Grundschullehrerinnen oder andere Fachkräfte sprachlich gefördert werden sollen, sind bisher nur in einigen Ländern vorhanden, so dass die inhaltliche Gestaltung der Förderung im Ermessen der Träger liegt. Erste Evaluationenzeigen zwar eine Verbesserung der Sprachfähigkeiten aufgrund der Fördermaßnahmen. Bis zum Schulbeginn bleibt eine Differenz zu den Kindern ohne Förderbedarf aber bestehen.
Durch die Verpflichtung in den Bildungsplänen der Länder, die Beobachtung und Dokumentation des Sprachstandes in den Kindergartenalltag zu integrieren, sind die Anforderungen an pädagogische Fachkräfte gestiegen. Um diese weiterzubilden, arbeiten die Länder mit ausgewählten Fortbildungsinstituten zusammen oder bilden Multiplikatoren zur Schulung der Fachkräfte im Bereich Sprachförderung aus.

 

 


Vorzeitige und verspätete Einschulungen


Nicht zuletzt als Folge der bildungspolitischen Intention, eine frühere schulische Förderung von 6-Jährigen zu bewirken, ist deren Anteil im Schulsystem gestiegen. Zugleich ist die Quote verspätet eingeschulter Kinder seit 1995 bis 2005 kontinuierlich auf 4,8% gesunken, danach allerdings wieder auf 6% gestiegen.
Gleichzeitig ist der Anteil der vorzeitigen Einschulungen zwischen 2004 und 2008 von 9,1 auf 5,4% zurückgegangen. Die Entwicklung der Einschulungen in Ländern, die den Beginn der Schulpflicht vorverlegt haben, macht deutlich, dass dadurch vorzeitige Einschulungen stark zurückgehen und es so zu einem Anstieg fristgerechter Einschulungen auf knapp 90% kommt. 
Ob der Anstieg der Zurückstellungen ausschließlich auf in den betreff enden Monaten geborene Kinder zurückzuführen ist, kann mit den vorliegenden Daten nicht geklärt werden. Es zeigt sich aber, dass nur ein kleiner Teil der Kinder, die nach dem neuen Regelstichtag früher eingeschult werden müssten, zurückgestellt wird, so dass
bis 2008 der Anteil 6-Jähriger im Primarbereich in Deutschland auf 60% gestiegen  ist. Im internationalen Vergleich liegt Deutschland damit weiter hinter Staaten wie Großbritannien und Irland, in denen im Jahr 2007 bereits alle 5-Jährigen eingeschult waren, gleichzeitig aber deutlich vor Staaten wie Finnland und Schweden, in denen kaum 6-Jährige die Schule besuchen . Weiterhin werden Mädchen häufiger vorzeitig und seltener verspätet eingeschult. 
Neben der Vorverlegung des Einschulungsalters in vielen Ländern wurde in den letzten Jahren auch die Schuleingangsphase in elf Ländern insofern flexibilisiert, als die Kinder nun die ersten beiden Jahrgangsstufen in ein bis drei Schuljahren durchlaufen können. Zwar liegen zur faktischen Verweildauer im Grundschulbereich keine bundesweiten Daten vor, doch lassen sich anhand altersspezifi scher Bildungsbeteiligungsquoten im Primarbereich zumindest Entwicklungstendenzen aufzeigen. So weist der abnehmende Anteil der 10-, 11- und 12-Jährigen im Primarbereich in Ländern mit vierjähriger Grundschule auf ein sinkendes Alter der Schüler beim Übergang in die weiterführenden Schulen hin. 

 


Einschulung nach sozioökonomischem Status, Migrationshintergrund
und Schulleistungen


Kinder mit hohem sozioökonomischem Status der Eltern werden häufiger vorzeitig eingeschult. Während Eltern bei der Entscheidung für einen vorzeitigen Schulbeginn ihrer Kinder eine wichtige Rolle spielen, gilt dies kaum bei Rückstellungen, die auf der Grundlage der Ergebnisse der Schuleingangsuntersuchung entschieden werden. Überproportional davon betroffen sind Kinder mit Migrationshintergrund und/oder Kinder mit niedrigem sozioökonomischem Status. Daher ist es notwendig, diesen Kindern frühzeitig altersgerechte Bildungsangebote zu unterbreiten, um ihre Entwicklung durch gezielte Förderung bis zur Einschulung zu unterstützen.
Betrachtet man die Leistungen der Schüler in Abhängigkeit von der Art der Einschulung, so zeigt sich, dass sich die durchschnittlichen Kompetenzen von Viertklässlern in den Bereichen Mathematik und Naturwissenschaften von vorzeitig und fristgerecht Eingeschulten nicht merklich unterscheiden. Zudem zeigen sich keine Hinweise, dass vorzeitig Eingeschulte länger in der Grundschule verweilen. Bei verspätet eingeschulten Kindern wurde im Rahmen von TIMSS 2007 im Durchschnitt eine um 35 Punkte geringere Mathematikkompetenz und eine um 33 Punkte geringere naturwissenschaftliche Kompetenz gemessen, was etwa dem Lernrückstand eines Schuljahres entspricht. Multivariate Analysen zeigen jedoch, dass dies allein auf den häufig niedrigen sozioökonomischen Status von verspätet Eingeschulten zurückzuführen ist. Dieser wirkt sich demnach bereits auf den Zeitpunkt der Einschulung und auf die späteren Schulleistungen aus. Dies weist auf den besonderen Förderbedarf dieser Kinder sowohl in Vorbereitung auf die Einschulung als auch in den ersten Schuljahren hin. 


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