Rhythmik – Musik, Spiel und Tanz

Rhythmik – Musik, Spiel und Tanz

Inhaltsverzeichnis

  1. Transfereffekte und Musik
  2. Wahrnehmungsförderung durch Rhythmik
  3. Sprachförderung durch Rhythmik
  4. Sozial-emotionale Entwicklungsförderung durch Rhythmik
  5. Die Rhythmisch-musikalische Arbeitsweise

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Wahrnehmungsförderung durch Rhythmik

Das Musikerleben ist eng mit der Sinneswahrnehmung und im Bildungsbereich Musik vor allem natürlich mit der Hörwahrnehmung verbunden. Hörereignisse geben uns vor allem in Kombination mit anderen Sinnen – wie zum Beispiel Sehen, Tasten, Spüren, Riechen – Informationen über die Beschaffenheit eines Gegenstandes, über die Größe von Räumlichkeiten, über Situationen (z.B. quietschende Reifen, Donner).

Rhythmische Spiel- und Förderangebote können als eine sensomotorische Förderung zur sensorischen Integration bezeichnet werden. Dabei lernt das Gehirn Nahsinne (z.B. takile Wahrnehmung, Tiefenwahrnehmung) mit Fernsinnen (z.B. Riechen, Sehen, Hören) zu verknüpfen. Die sensorische Integration entwickelt sich im Laufe der ersten Lebensjahre und stellt die physiologische Grundlage dar, auf der alle weiteren Sinneseindrücke im Gehirn und im Körper verknüpft und verarbeitet werden. Ohne diese Entwicklung ist altersspezifisches Lernen nicht möglich. Bei der Förderung des Zusammenspiels von Nah- und Fernsinnen in der Rhythmik handelt es sich dabei um ein vernetztes Zusammenspiel aller Sinne unseres Körpers. Sinnesreize, die aktiv oder passiv von den verschiedenen Sinnessystemen aufgenommen werden, sind dabei mit unmittelbaren Bewegungsimpulsen gekoppelt.

Beim Experimentieren, zum Beispiel mit Material, erhalten die Kinder durch das spielerische Handhaben, wie werfen, klopfen, tasten, einen Einblick oder besser gesagt Eindruck in das „Wesen“ des jeweiligen Materials. Mit unserem Tast-, Spür-, Gleichgewichts-, Bewegungs-, Raum-/Lage-, Temperatursinn und unserer Tiefenwahrnehmung (propriozeptive Wahrnehmung) sind sie in der Lage herauszufinden, welche Eigenschaften das jeweilige Material hat und wie sie es entsprechend einsetzen können. Bei Instrumenten kommt noch die Klang- oder Geräuscherzeugung hinzu, über die wir etwas über die Struktur des Instrumentes erfahren (z.B. ist es aus Metall, aus Holz, klingt es selbst oder muss man es zum Klingen bringen).

In der Rhythmik wird die bewusste Umsetzung und Reaktion von Sinneserfahrungen in Bewegung, also die Sensomotorik, gefördert. Beispielhafte Wahrnehmungsspiele in der Rhythmik und ihre sensomotorische Umsetzung, inklusive Affirmationen:

  • den auf dem Rücken geklopften Rhythmus auf die Trommel übertragen („Spiele, was du fühlst“)
  • das Reagieren auf Signale („Bewege, was du hörst“)
  • das Umschalten von einer Fortbewegungsart auf die andere („Bewege, was du hörst“)
  • das Bewegungstempo eines Kindes auf ein Instrument übertragen („Spiele, was du siehst“)
  • den Sprachrhythmus sprechen und stampfen und auf einem Instrument spielen („Bewege, was du hörst und sprichst“)
  • den Charakter/die emotionale Aussage einer Musik erkennen und in Bewegung übertragen („Bewege, was du hörst“)
  • Klänge werden mit Handlungen verknüpft: „Ertönt das Becken, wird der Igel müde und legt sich hin. Ertönen die Klanghölzchen im raschen Spiel, steht er auf und läuft umher.“ („Bewege, was du hörst“)
  • ein Lied wird mit rhythmischen Bewegungen in Kombination mit Handgesten umgesetzt („Bewege, was du singst“)
  • die gehörte Musik wird malerisch ausgedrückt („Male, was du hörst“)
  • Materialien werden z. B. zu einer fließenden, zarten Musik ausgesucht, im Anschluss bewegen sich die Kinder mit den Materialien dazu. Die Musik wird nochmals angehört und die Kinder gestalten ein Legebild mit den Materialien („Bewege/tanze, was du hörst“, „Gestalte, was du hörst“)
  • zu einem Kunstwerk (z. B. einem Gemälde) wer den Bewegungsformen erfunden („Bewege, was du siehst“)
Für den Menschen als soziales Wesen ist es von großer Bedeutung, dass diese vernetzten Sinneseindrücke im Kontext von sozialen Beziehungen und Interaktionen erlebt werden. Nur dann können Kinder auch die sozialen Kompetenzen entwickeln, sich mit ihrer Umwelt in Beziehung zu setzen, eigene Erfahrungen zu sammeln und sich selbst Wissen anzueignen.

Kinder gleiten automatisch in selbsttätige Prozesse hinein, wenn sie auf Basis eigener Erfahrungen neues Wissen schöpfen. Bis zum Alter von sieben Jahren lernt ein Kind vor allem durch Bewegung, Nachahmung und Experimentieren und ist idealerweise eingebettet in ein Umfeld, das seine Entwicklung mit Anteilnahme und Interesse unterstützt und begleitet (vgl. Hirler 2014).



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