Facetten der Qualität (Review)

Inhaltsverzeichnis

  1. Erfassung pädagogischer Qualität in KiTas
  2. Kita-Qualität aus Kindersicht
  3. Persönlichkeit der Fachkraft

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Erfassung pädagogischer Qualität in KiTas

Daniela Mayer und Kathrin Beckh untersuchen in ihrem Schwerpunktbeitrag aufgrund vorliegender Forschungsergebnisse und eigener Studien, wie valide die Ergebnisse der in deutschen KiTas am häufigsten eingesetzten Beobachtungsinstrumente KES-R / KRIPS-R, CIS und CLASS zur Erfassung der pädagogischen Qualität sind.

KES-R und KRIPS-R
Wie die Autorinnen ausführen, sollen KES-R und KRIPS-R erfassen, inwieweit in der außerfamiliären Kindertagesbetreuung „die Grundbedürfnisse von Kindern nach Sicherheit, Unterstützung des Aufbaus und der Aufrechterhaltung von positiven Beziehungen sowie Lernmöglichkeiten durch eigene Erfahrungen“ (S. 68) befriedigt werden. Um dies zu erfassen, sind in KES-R und KRIPS-R 41 bzw. 43 Beobachtungsitems in folgenden Bereichen ausdifferenziert worden:
  • Platz und Ausstattung
  • Betreuung und Pflege der Kinder
  • Sprachliche und kognitive Anregungen
  • Aktivitäten
  • Interaktionen
  • Strukturierung der pädagogischen Arbeit
  • Eltern und ErzieherInnen

Die Beobachtung erfolgt dabei anhand qualitativ gestaffelter Indikatoren und „durch geschulte Beobachter_innen auf einer siebenstufigen Einschätzskala von unzureichender bis ausgezeichneter Qualität“ (ebd.). Nach einer „Stop-Scoring-Regel“ müssen, um hohe Werte (z.B. Kinder werden zum selbständigen Essen ermuntert) in einem Item zu erzielen, jeweils auch die niedrigen Indikatoren (z.B. Ernährungswert der Mahlzeiten) erfüllt sein. Und hier liegt nach den Ergebnissen der Autorinnen auch der Knackpunkt dieser Beobachtungsinstrumente: Durch eine „Verletzung der Ordnung der Antwortkategorien“ (S. 69) werden bei Mängeln im unteren Qualitätsbereich (z.B. Hygiene) mögliche Stärken im oberen Qualitätsbereich (wie z.B. Interaktionsverhalten) gar nicht mehr erfasst und das Ergebnis so verzerrt.

CIS
Die „Caregiver Interaction Scale“ von Arnett misst die Qualität der Interaktionen zwischen pädagogischen Fachkräften und Kindern. Sie basiert dabei auf der Theorie der vier Erziehungsstile (autoritär, autoritativ, permissiv-verwöhnend, vernachlässigend / zurückweisend) und unterteilt diese in vier Subskalen mit insgesamt 26 Items:
  • Feinfühligkeit
  • Bestrafung/Härte
  • Distanziertheit/Zurückweisung
  • Nachgiebigkeit/Vernachlässigung

„Geschulte Beobachter_innen stufen auf einer vierstufigen Likert-Skala von ‚überhaupt nicht‘ bis ‚sehr‘ ein, inwieweit die Fachkraft das beschriebene Verhalten zeigt.“ (S. 70). Kritisch stufen die Autorinnen hierbei ein, dass Items zum Teil mehrdeutig formuliert sind und subjektive Einschätzung nötig machen und dass zum Teil „mehrere Konstrukte“ (ebd.) in einem Item zusammengefasst werden.

In den Ergebnissen zeigt CIS „eine geringe Streuung und rechtsschiefe Verteilung in den niedrigsten Ratingkategorien“ (ebd.), wodurch eine Abgrenzung zwischen mittlerer und hoher Interaktionsqualität nicht gut gelingt. Dies hat den Autorinnen zufolge auch eine Ursache darin, dass „die Items nicht ausreichend genug zielgruppenspezifisch für pädagogische Fachkräfte ausgewählt und formuliert [sind]“ (S. 71).

CLASS
Als weiteres Beobachtungsinstrument zur Erfassung der Interaktionsqualität betrachten Daniela Mayer und Kathrin Beckh das „Classroom Assessment Scoring System“ (CLASS). In den drei Domänen „Emotionale Unterstützung“, „Organisation des Kita-Alltags“ und „Lernunterstützung“ werden hier zehn bzw. acht Dimensionen in den Blick genommen. Die drei Dimensionen sind jeweils in drei bis vier Indikatoren unterteilt, die sich wiederum aus der Beobachtung von jeweils zwei bis fünf „Verhaltensmarkern“ zusammensetzen. Jede Dimension wird „von zertifizierten Beobachter_innen auf einer siebenstufigen Antwortskala beurteilt“ (ebd.).

Kritisch beurteilen die Autorinnen, dass hier teilweise „über 120 Verhaltensmarker gleichzeitig beobachtet werden und ‚im Kopf‘ zu zehn Dimensionswerten zusammengefasst werden [müssen]“ (ebd.). Durch diese „hoch-interferente Art der Erfassung“ (S. 72) sei eine Überprüfung, wie sich die Indikatoren bzw. Verhaltensmarker empirischempirisch|||||Empirie bezeichnet wissenschaftlich durchgeführte Untersuchungen und Erhebung, die gezielt und systematisch im Forschungsfeld oder im Labor durchgeführt werden. Empirische Forschungen können durch verschiedene Methoden praktisch angewendet werden. auf Dimensionen anordnen „nicht möglich“ (ebd.). Daraus resultiere letztlich „nur ein oberflächliches, globales Gesamturteil, im Sinne von eher gut versus schlecht“ (S. 73).

In der Zusammenfassung empfehlen die Autorinnen „für die Überarbeitung und Neuentwicklung von Instrumenten zur Erfassung der pädagogischen Qualität in Kindertageseinrichtungen“ (ebd.) folgende Kriterien zu berücksichtigen:
  • Qualitätsdimensionen sollten sorgfältig vor dem Hintergrund relevanter entwicklungspsychologischer Theorien ausgewählt und definiert werden
  • Für dieser Qualitätsdimensionen sollten dann spezifische und eindimensional formulierte Items formuliert werden
  • Es sollte auf objektive Antwortformate geachtet werden
  • Der Itempool sollte mit großer Trennschärfe so gefüllt werden, dass er die „Breite des Kontinuums der Betreuungsqualität bzw. der einzelnen Dimensionen abbilden kann“ (ebd.)