ErzieherInnen und Internet - Auszüge einer Bachelor Arbeit

Vom Internet halten sich die meisten ErzieherInnen noch immer fern. Zum einen fehlen Internet-Anschlüsse am Arbeitsplatz, zum anderen verunsichert die ungewohnte Art der Interaktion die mehrheitlich weiblichen Nutzer in Bildungseinrichtungen. Doch Politik wie Gesellschaft stellen ErzieherInnen vor große Herausforderungen, die nur mit professionellem Wissensaustausch zu bewältigen sind: Professionelle Lerngemeinschaften, die online in Communities und in Foren über den herkömmlichen Austausch hinaus gehen, gelten als Schlüssel. Sabine Reiher, Studentin im Lehramt Berufsbildende Schulen Sozialpädagogik an der Leuphana Universität Lüneburg, beschreibt in den folgenden Auszügen ihrer Bachelor-Arbeit (2008) die Chancen des Themas „Wissensaustausch im Berufsfeld von ErzieherInnen durch die anforderungsgerechte Gestaltung eines berufsspezifischen Internet-Forums“.


Wissensanforderungen an ErzieherInnen

Zum Berufswissen von ErzieherInnen gehören Wissensbestände unterschiedlichster Art. Für die erfolgreiche berufliche Tätigkeit sind Informationswissen, Regelwissen und Handlungswissen sowie Wissen über Nichtwissen notwendig. In der pädagogischen Tätigkeit mit Mädchen und Jungen müssen ErzieherInnen zudem neues Wissen kommunizieren und vermitteln sowie erwerben und anwenden. In diesem Interaktionsprozess ist auch immer das Selbst der Handelnden involviert. Zudem läuft dieses Handeln in Institutionen/ Organisationen ab, in denen sich Wissen gebildet hat und Strukturen verfestigt sind. Auch die Gesellschaft formuliert in Bezug zu aktuellen Problemlagen und politischen Entwicklungszielen entsprechende Anforderungen an die Tätigkeiten im Berufsfeld von ErzieherInnen. Diese werden nach einer Beschreibung des Berufsfeldes anhand der Aussagen des 12. Kinder- und JugendberichteKinder- und Jugendberichte||||| Der Kinder- und Jugendbericht, der alle 4 Jahre erscheint wurde erstmals 1965 veröffentlicht, seitdem gibt es 13 der Berichte. Der Kinder- und Jugendbericht wird von einer beauftragten ExpertInnenkommission verfasst und von der Bundesregierung schriftlich herausgegeben. Ziel ist es auf der Basis des Wissens- und Erkenntnisstandes zukunftsweisende und realistische Handlungsoptionen für Politik und Gesellschaft zu erarbeiten, die in den politischen Gestaltung miteinbezogen werden kann. Der 13. Kinder- und Jugendbericht trug als Titel: Bericht über gesundheitsbezogene Prävention und Gesundheitsförderung in der Kinder- und Jugendhilfe.  s des Bundesministeriums kurz dargestellt. Da für das geforderte Handeln auch neues Wissen benötigt wird, um neues bewusstes zielgerichtetes Handeln zu ermöglichen, entsteht die Frage, wer die Wissensträger sind und wie das benötigte Wissen durch Wissensaustausch sinnvoll verteilt und weiterentwickelt werden kann.


Aktuelle Herausforderungen im Berufsfeld von ErzieherInnen


Laut der Bundesagentur für Arbeit wird der ErzieherIn-Beruf den Berufsfeldern „Berufe in Erziehung, Schule und Ausbildung“ sowie „Berufe mit Kindern und Jugendlichen“ zugeordnet. Die Mehrzahl der Beschäftigten im Berufsfeld sind Frauen (2007= 96,3 Prozent) (Bundesagentur für Arbeit 2008: BERUFENET, ErzieherIn). ErzieherInnen sind die mit Abstand größte Einzelberufsgruppe im Handlungsfeld der Kinder- und Jugendhilfe. Sie stellen damit nach quantitativen Aspekten den substanziellen Kern sozialpädagogischer Fachlichkeit in der Kinder- und Jugendhilfe dar. Von Wissensaustausch im Berufsfeld von ErzieherInnen durch die anforderungsgerechte Gestaltung eines  berufsspezifischen Internet-Forums Am 31. Dezember 2002 zählte die Bundesrepublik knapp 280.000 ErzieherInnen, deren  Tätigkeitsbereich sich so verteilen:


• 86 Prozent in Kindertageseinrichtungen
• 9,1 Prozent im Bereich der erzieherischen Hilfen
• 2,3 Prozent in der Kinder- und Jugendarbeit

Das berufliche Handeln von ErzieherInnen ist hauptsächlich durch die pädagogische Arbeit mit Kindergartenkindern geprägt (vgl. Behr 2006: 83f). Hier wäre zudem noch das recht junge und sich entwickelnde Tätigkeitsfeld der Ganztagsschulen beziehungsweise der offenen Ganztagsschulen zu ergänzen. Das Berufsfeld von ErzieherInnen ist demnach von verschiedenen Anforderungen geprägt. Der Schwerpunkt liegt insbesondere im Bereich der Arbeit in Kindertagesstätten. Unbedingt ist dabei zu berücksichtigen, dass das Berufsfeld direkt im Bezug zu aktuellen Problemlagen und zukünftigen gesellschaftlichen Entwicklungen steht und dementsprechend viele Hoffnungen und Erwartungshaltungen damit verbunden sind. 

Die Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung greift mit den Empfehlungen des Arbeitsstabes Forum Bildung (2001) aktuelle Herausforderungen auf. Im Blick auf den Vergleich mit anderen Ländern, den anhaltenden Strukturwandel in allen Lebens- und Arbeitsbereichen, der rasanten Vermehrung von Wissen und den damit verbunden Chancen und Risiken wird zu tiefgreifenden Reformen aufgerufen, an deren Realisierung ErzieherInnen wesentlich beteiligt sind Im 12. Kinder- und Jugendbericht werden die Anforderungen an ErzieherInnen folgendermaßen formuliert:

„Zudem werden durch die aktuelle Bildungsdebatte weitgehende Forderungen an den Beruf der Erzieherin beziehungsweise des Erziehers formuliert; unter anderem sollen Erzieherinnen und Erzieher die Sprachentwicklung der Kinder effektiver begleiten, die lernmethodische Kompetenz fördern, naturwissenschaftliche Kenntnisse vermitteln, individuelle Bildungs- und Lernprozesse vor dem Hintergrund einer wachsenden Vielfalt von Entwicklungsbedingungen und Familienstrukturen anregen und begleiten, zielgruppenorientierte Familienangebote organisieren und Eltern-Netzwerke unterstützen, partnerschaftliche Beziehungen zu Eltern aufbauen, an der Entwicklung einer Einrichtungskonzeption mitwirken, Verbindungen zu den Grundschulen herstellen und entsprechende Formen der Zusammenarbeit entwickeln, sich mit verschiedenen Ansätzen der Qualitätsentwicklung und Evaluation auseinandersetzen und diese für die eigene ProfessionalisierungProfessionalisierung|||||Eine Professionalisierung findet im weiteren Sinne statt wenn die Entwicklung einer privat oder ehrenamtlich ausgeübten Tätigkeit zu einem  Beruf wird. Im Rahmen der Professionalisierung werden häufig Qualitätsverbesserungen und Standardisierungen erreicht. Professionalisierung bedeutet auch die Entwicklung eines Berufs zu einer Profession, darunter wird meist ein akademischer Beruf mit hohem Prestige und Anerkennung verstanden.   und die Weiterentwicklung der Einrichtung nutzen.“

Das Anforderungsprofil an ErzieherInnen ist komplex, mehrdimensional sowie diffus und unstrukturiert. Im 12. Kinder- und Jugendbericht wird selbst angemerkt, dass die notwendigen Kompetenzen dafür nicht nur in einer zwei- bis dreijährigen Grundausbildung erworben werden können. Für die Bewältigung und Ausgestaltung der oben genannten umfangreichen Aufgaben ist umfassendes Wissen der PraktikerInnen notwendig, welches nicht nur theoretisch verfügbar sein kann, sondern auch – in Form von internalisierten handlungsleitenden Konzepten – situationsbezogen im Handeln realisiert werden muss. Dabei ist zu fragen, wie vorhandene Wissensressourcen genutzt und den Anforderungen entsprechend weiterentwickelt werden können. Welche Möglichkeiten zur Unterstützung bietet der Wissensaustausch in einem berufsbezogenen Internet-Forum für ErzieherInnen im Kontext dieser Anforderungen?

 


„ErzieherInnen und Internet“ – passt das eigentlich zusammen?


Da die Mehrzahl der Erzieher Frauen sind, könnte das Thema Internet-Forum auch zum oftmals vorurteilhaft angenommenen Widerspruch „Frauen und Technik“ gehören? ErzieherInnen sind SpezialistInnen in der Gestaltung sozialer Kontakte. Sie agieren face-to-face, reagieren blitzschnell auf viele zeitgleiche Anforderungen, haben eine ganze Kindergruppe, PraktikantInnen, KollegInnen, Eltern und FachberaterInnen anderer Disziplinen im Blick. Sie gestalten und koordinieren komplexe Alltagssituationen und Lernprozesse professionell. Doch wie Kobbeloer in einer Studie schon 2002 feststellte, nutzen ErzieherInnen damals auch das Internet für berufliche Zwecke. Etwa zwei Drittel der Befragten nutzten das Internet seit mindestens zwei Jahren und schätzen ihre Internet-Kenntnisse als gut oder sehr gut ein. 80 Prozent der 445 befragten TeilnehmerInnen erachten die Bedeutung des Internets für die zukünftige sozialpädagogische Arbeit als hoch. Allerdings wurde im Rahmen der Studie auch deutlich, dass die Nutzung des Internets im Berufsfeld von ErzieherInnen auch häufig durch pädagogische Ideale behindert wird. Nahezu ein Drittel der befragten Einrichtungen wünschte keinen Internet-Anschluss . Eine Recherche von 2005 zur Verbreitung von Internet-Anschlüssen in Kindertagesstätten in Deutschland zeigte, dass nur 35% der ca. 21.000 untersuchten Einrichtungen über Internet-Verbindung verfügen .Wollen also ErzieherInnen aus Kindertagesstätten ein ErzieherInnen-Forum im Internet nutzen, so ist bisher die Mehrheit von ihnen gezwungen, dies in der Freizeit im privaten Bereich zu tun.

 

Zinke/Fogolin stellten während einer Studie über berufsbezogene Online- Communities verschiedener Berufsgruppen fest, dass die TeilnehmerInnen aufgrund der Nutzung von Online-Communities tendenziell mehr Spaß am Lernen, mehr Eigeninitiative und mehr Lust auf Neues haben als der Durchschnitt der Bevölkerung. Trotzdem unterstützen Arbeitgeber insgesamt dieser Lernform kaum Internet-Forum als virtuelle Lerngemeinschaft Es wurde deutlich, dass die aktuellen Anforderungen der Wissensgesellschaft an die ErzieherInnen sehr hoch sind. Die daraus abgeleitete Notwendigkeit zur Förderung arbeitsplatznaher, selbstgesteuerter kooperativer Lernmöglichkeiten ist dementsprechend zu beachten. Dabei soll besonders informelles Lernen unterstützt werden, wie es berufsbezogene virtuelle Lerngemeinschaften ermöglichen können.


Das Konzept der „Learning Communities“ kommt eher aus dem Bereich des strukturierten Lernens von Bildungseinrichtungen im Zusammenhang mit formalen Abschlüssen. Unter dem Begriff „Communities of Practice“ – aus der ethnografischen Feldforschung im betrieblichen Arbeitsumfeld hervorgegangenen – werden hingegen nicht curriculare, dafür situierte und kontextualisierte Lernformen verstanden, die in den Arbeitsalltag von PraktikerInnen eingebunden sind. In Wissenschaft und Praxis erhalten Communities zunehmend Bedeutung für Wissensmanagement und organisatorisches Lernen (vgl. Seufert 2003: 4f).

Es ist auch eine Kombination beider Community-Formen denkbar, so dass arbeitsplatznahes Lernen mit dem Lernen in Bildungseinrichtungen kombiniert werden kann. Im Folgenden wird der Begriff der virtuellen Lerngemeinschaft verwendet. Damit ist eine Lerngemeinschaft im Internet gemeint, die durch informelle Lernprozesse und Praxisbezug geprägt ist. Beim Konzept professioneller Lerngemeinschaften steht Lernen nicht nur im Zusammenhang mit Krisenintervention, sondern wird als laufende Professionalisierung verstanden. Dabei sind Lernende an Qualitätsentwicklung von Lern- und Handlungskompetenzen interessiert (vgl. Sieland 2006, Strittmatter 2006) triviale von professionellen Lerngemeinschaften (PLG). zu unterscheiden (vgl. Strittmatter 2006).

 

PLGs sollten folgende Merkmale aufweisen:


1. Auftragsbezogen lernen

Das Lernen in der PLG soll konkret aus dem Auftrag der Berufsgruppe abgeleitet werden. Für ErzieherInnen entspricht der Auftrag den aktuellen Herausforderungen im Berufsfeld. Wissensbildung basiert dabei auf einem dialogischen Verständnis, bei dem gemeinsame Ziele innerhalb des Berufsfelds die Grundlage bilden und eine kritische Haltung Voraussetzung ist 

 

2. Suchbewegungen in Richtung „state of the art“

Aktuelle berufsspezifische Themen und Erkenntnisse werden von den TeilnehmerInnen verarbeitet und diskutiert und für alle nachvollziehbar aufbereitet(vgl. ebd.). Gerade in Bezug auf die frühkindliche Pädagogik oder die Konzeption von Familienzentren erscheinen aktuell immer wieder neue Publikationen und Erkenntnisse, die von PraktikerInnen diskutiert werden sollten. Auch sozialpädagogische Brennpunkt-Themen, wie beispielsweise Früherkennung von Missbrauch und Vernachlässigung von Kindern, sind entsprechend aufzubereiten und zu thematisieren.

 

3. Entwicklung und Verwendung einer Fachsprache

Fachsprache soll zur Verbesserung der Kommunikation dienen, damit definierte Begriffe auch eindeutiges Verstehen sichern. Neu Gelerntes wird dabei in die Verständigungskonzepte integriert, so dass eine ständige Weiterentwicklung stattfindet. Gerade in einem Berufsfeld, das geprägt ist durch bundesländerspezifische Gesetze, Eigennamen und so weiter, ist eine Fachsprache zu fördern, damit auch regional übergreifender Austausch professionell möglich ist.

 

4. Reflektiertes Erfahrungswissen schaffen

Strittmatter fordert die Qualitätssicherung durch eine reflexive Verarbeitung von Erfahrungen zu legitimem Handlungswissen. Dazu zählt der „Vergleich des persönlichen mit dem Erfahrungswissen von Peers und anderen Expertinnen und Experten. Oder das systematische(!) Aufstellen von Spiegeln um die eigene Praxis herum. Damit Reflexion und Feedback positiv wirken können, sind entsprechende Regeln einzuhalten und auf gegenseitige Wertschätzung zu achten.

 

5. Eigenerfahrung und externes Expertenwissen gleichermaßen würdigen
ExpertInnen, zum Beispiel anerkannte SpezialistInnen, sind als partnerschaftliche Ergänzung zu validierten Eigenerfahrungen von PraktikerInnen anzunehmen. Es dürfen und sollen auch eigene Grenzen zugegeben werden (vgl. ebd.). Wissenschaftliches Wissen und Alltagswissen sollen gleichermaßen akzeptiert werden und gegenseitig zu Reflexion und Weiterentwicklung anregen.

 

6. Kultur des neugierigen Lernens voneinander und füreinander

„Es herrscht eine Kultur der Neugier auf das Wissen anderer Kolleginnen und Kollegen und gleichzeitig eine Kultur der Freigiebigkeit des zur Verfügungstellens des eigenen Wissens. […] Dabei wird auf eine gute Balance von Geben und Nehmen geachtet,…“

 

7. Die Ressourcen einfordern und gut verwalten

„In einer professionellen Kultur geschieht solches „Wissensmanagement“ nicht als karitativer Akt, als Freizeitbetätigung, als altruistische Opfererbringung. Vielmehr ist Professionellen klar, dass solche Wissensflüsse zeitliche und personelle Ressourcen erfordern (in Form von anrechenbaren Arbeitszeit-Anteilen, von reservierten Zeitgefäßen und von Moderationskapazität). Professionelle fordern deshalb diese Ressourcen selbstbewusst und betriebsbewusst ein, denn es handelt sich, wie oben nachgewiesen, auch um eine betriebliche Notwendigkeit. Professionelle legen über die Ressourcen-Verwendung Rechenschaft ab.“ (ebd.). Dies entspricht der Sichtweise, dass das Lernen des einzelnen Individuums zum Nutzen für die gesamte Organisation wird. Dementsprechend profitiert nicht nur die jeweilige ErzieherIn vom Wissenszuwachs, sondern die ganze Organisation. Folglich sind auch für das informelle Lernen von ErzieherInnen Zeit und technische Möglichkeiten zur Verfügung zu stellen. ErzieherInnen gestalten ihre Lernprozesse aktiv, so dass sie diese auch nachweisen können.

Eine professionelle Lerngemeinschaft im Internet ist zudem von Merkmalen des Internets gekennzeichnet. Hier kann die Gemeinschaft unabhängig von Ort und Zeit und damit auch überregional und über die Organisation hinaus wachsen. Demzufolge ist die Reflexion nicht durch Regeln und Strukturen lokaler Organisationen eingegrenzt, sondern sie wird durch die KollegInnen aus anderen Kontexten in der Lerngemeinschaft erweitert. So wird es wahrscheinlicher, dass sich neuer Handlungsoptionen herausbilden. Außerdem kann das Wissen von verschiedenen ExpertInnen direkter und vielfältiger angefragt werden, Anwendung finden und diskutiert werden.

 


Umgang mit Unsicherheiten beim Wissensaustausch

Die Beiträge im Forum sind für alle öffentlich lesbar und auf unbestimmte Zeit gespeichert. Wie Apel herausarbeitet, kann dies besonders bei unerfahrenen TeilnehmerInnen Ängste auslösen, so dass sie sich nicht trauen, eigene Beiträge im Forum einzustellen. Erst wenn TeilnehmerInnen sich der Richtigkeit und Angemessenheit ihrer Aussagen sicher sind, wird Bereitschaft da sein, diese zu veröffentlichen. Hinzu kommt, dass keine unmittelbare Antwort und vor allem auch keine spontane nonverbale Verstärkung im Forum zu erwarten sind. Dies erscheint NutzerInnen oft ungewohnt und weckt Unsicherheit, da in realen Diskussionen die nonverbale Unterstützung der ZuhörerInnen eine wesentliche Motivation zur Diskussionsteilnahme bietet (vgl. Apel 2003: 100f). Dies sind besondere Herausforderungen der Kommunikation im Internet, denen durch verschiedenen Maßnahmen im Forum begegnet werden kann, beispielsweise:


Das Fehlen nonverbaler Hinweise und damit auch die schwierigere Darstellung von Emotionalität werden oft als Mangel bezeichnet. Dem Kanalreduktionsmodell liegt die Idee zugrunde, dass durch die Verringerung der Kanäle immer ein Informationsverlust einhergeht (vgl. Döhring 2003: 154). Doch wie Döhring herausarbeitet, bietet der Einsatz von Soundwörtern (wie „ääh“), Aktionswörtern (wie „kicher“) und Emoticons (wie zwinkernd „;-).“) entsprechende Kompensationsmöglichkeiten. Däring spricht von einer Romantisierung der face-to-face Kommunikation und stellt neben den Defiziten auch Vorteile wie die Editierbarkeit, die höhere (Selbst-)Reflexivität und sogar erweiterte Möglichkeiten des Selbstausdrucks in der computervermittelten Kommunikation heraus (vgl. Döhring 2003: 150f, 164). Zudem ermöglicht die Veröffentlichung von aktuellen Problemen und eventuell auch Missständen, öffentlichen Einfluss zu erhalten. Die Chance, etwas vielen Menschen mitteilen zu können und Reaktionen darauf zu erleben, wird durchaus als ein besonderer Motivationsfaktor zur Teilnahme an einem Internet-Forum gesehen.


Nach Apel erscheint es insgesamt wenig sinnvoll, die Bedingungen im Forum mit realen Begegnungen vergleichen zu wollen und entsprechende Defizite zu fokussieren (vgl. Apel 2003: 98-101). Vielmehr sollte der Blick auf die neuen Möglichkeiten und den Nutzen durch ein berufsspezifisches Forum für ErzieherInnen gelenkt werden, die sie in Ergänzung zu bisherigen Kommunikationsangeboten bieten. Dementsprechend ist es wichtig, sich auf die Situation einzustellen und grundlegende Kompetenzen dafür schon innerhalb der Ausbildung aufzubauen. Dies ist vor allem wichtig, um entsprechenden Risiken des Wissensaustauschs im Forum vorzubeugen.

 


Gender-Aspekt bei der Gestaltung von Internet-Foren

Der Erzieher-Beruf wird hauptsächlich von Frauen ausgeübt. Folglich wird auch das Forum hauptsächlich von Frauen genutzt werden. Somit ist es wichtig, dass ein Konzept eines ErzieherInnen-Forums auch die Bedürfnisse und das Nutzerverhalten von Frauen im Internet berücksichtigt. Die Ergebnisse von Yom (1997) in einer Untersuchung zur Online-Mediennutzung von Frauen weisen darauf hin, dass Frauen bei ihrem Medienkonsum Inhalte auswählen, die in Bezug zu ihrer Lebensrealität stehen. Dabei ist besonders die Befriedigung von Integration und sozialer Interaktion wichtig. Außerdem hat das Ausleben sozialer Empathie einen hohen Stellenwert bei der Auswahl der Mediennutzung. Männer hingegen bevorzugen Wirtschafts- und Produktinformationen sowie Software-Downloads. Für Frauen ist bei der Online-Mediennutzung die Übertragbarkeit von Informationen auf den Alltag wichtig. Positive Aspekte des PCs werden vor allem der Nützlichkeits- und Funktionalitätsebene zugeordnet. Aufgabenorientierte und berufliche Aspekte beeinflussen die Online-Aktivitäten von Frauen hauptsächlich.


Frauenorientierte Online-Angebote schaffen einen virtuellen Interaktionsraum, in welchem sich Frauen untereinander über ihre Lebensrealität austauschen können und ihr Bedürfnis nach engagierter sozialer Interaktion befriedigen können (Yom 1997: 91, 173f). Unter Berücksichtigung dieser Erkenntnisse sind für ein ErzieherInnen-Forum die Aspekte der sozialen Interaktion, der sozialen Unterstützung, eine empathische Atmosphäre, Alltagsrelevanz und beruflich funktionale Nutzbarkeit zentrale Anforderungsmerkmale.

 


 Aufteilung der gesamten Bachelor-Arbeit

1. WISSENSBEGRIFF IM GESELLSCHAFTLICHEN KONTEXT
a. ErzieherInnen in der Wissensgesellschaft
b. Zusammenhang von Wissen und Handeln
c. Das Wissen von ErzieherInnen in der Wissensgesellschaft

2. WISSENSANFORDERUNGEN AN ERZIEHERINNEN
a. Aktuelle Herausforderungen im Berufsfeld von ErzieherInnen
b. Wissensträger und Wissensmanagement
c. Wissensaustausch
d. Wissensaustausch und Lernen
e. Prinzipien des modernen Lernens
f. Lernen durch Wissensaustausch im berufspezifischen Internetforum
3. WISSENSAUSTAUSCH IM INTERNETFORUM
a. Berufsspezifische Internetforen
b. Internetforum für ErzieherInnen
c. Wissensaustauschprozesse in Internet-Foren
d. Erkenntnisse zum Wissensaustausch im Internet-Forum
4. 4. GESTALTUNGSPRINZIPIEN DES BERUFLICHEN
WISSENSAUSTAUSCHS VON ERZIEHERINNEN MIT HILFE EINES
INTERNET-FORUMS
a. Gestaltungsprinzipien der personalen Bezugsebene
b. Gestaltungsprinzipien der organisatorischen Bezugsebene
c. Gestaltungsprinzipien der virtuellen Bezugsebene
d. Dreidimensionale Gestaltung des ErzieherInnen-Forums

 

 


Literaturangaben und weiterführende Literatur





Zum Weiterlesen:

Neue Medien in der Frühpädagogik 


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