Werkstattarbeit in der KiTa

Inhaltsverzeichnis

  1. Von der Lernwerkstatt zur Werkstatt-Kita
  2. Der Raum als dritter Pädagoge
  3. Die Raumgestaltung der Werkstatt
  4. Möbel und Materialien
  5. Beispiele für unterschiedliche Werkstätten
  6. Das Kind in der Werkstatt
  7. Die Professionalität des Pädagogen in einer Werkstatt

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Beispiele für unterschiedliche Werkstätten

Das Atelier, die Rollenspiel- und Bauwerkstatt der zwei- bis dreijährigen Kinder

In der Regel werden Kinder mit zwei bis drei Jahren in einer Kindertagesstätte aufgenommen. In den ersten Monaten lernen sie »ihre kleine neue Welt« kennen, zu der die Vertrauenspädagoginnen, die anderen Kinder, die Räume, der Tagesablauf und die Rituale der Kita zählen. Für diese große Herausforderung brauchen diese jüngsten Kinder einer Kita viel Zeit und einen geborgenen Raum mit verlässlichen Vertrauenspersonen. Jedes Kind benötigt für diesen Prozess seine eigene Zeit. Manchen Kindern fällt es leichter, sich selbständig und frei in Werkstätten zu bewegen, wenn sie vorher mit vertrauten Pädagoginnen in Räumen sein können, die Sicherheit bieten und wo sie eingebunden sind in wiedererkennbare Rituale, die den Tagesablauf bestimmen.

Für die jüngsten Kinder stelle ich hier einen Werkstattraum vor, in dem dieses möglich sein kann: Im ersten Werkstattraum befinden sich Werkstätten, die zur Grundausstattung einer Kita zählen. Er besteht aus einem Atelier, einer Bauwerkstatt und einer Rollenspielwerkstatt. Durch offene und halbhohe Regale werden die Werkstattbereiche unterteilt. Das Atelier nimmt die Hälfte des Raumes ein und gliedert sich wiederum in vier Arbeitsbereiche. Die Arbeitsbereiche haben durch die Materialauswahl einen eigenen Aufforderungscharakter und eine eigene Ordnung. Diese Ordnung gibt den Kindern Sicherheit und Orientierung. Die andere Hälfte des Raumes teilen sich die Bau- und Rollenspielwerkstatt. Gibt es einen Nebenraum, kann eine der Werkstätten dort ihren Platz bekommen. Ist der Nebenraum groß genug, ist es sinnvoll, das Atelier im Nebenraum anzusiedeln. Alle drei »Räume im Raum« sind mit den Grundmaterialien einer Werkstatt ausgestattet. Die Kinder sammeln hier Materialerfahrungen, lernen mit den »Werkzeugen« umzugehen und sich an Absprachen zu halten. Das aktive Spielen und Aufräumen findet in der Beziehung mit den Pädagoginnen zusammen statt.

 

Das Atelier, ca. 18 qm

  • Erster Bereich: Wasserfarben, Fingerfarben und weitere ungiftige flüssige Farben in den Grundfarben plus Weiß und Schwarz. Eine Staffel oder eine Staffelwand, Pinsel in unterschiedlichen Ausführungen. Damit meine ich genauso handgerechte Pinsel sowie Stockpinsel und selbst hergestellte Pinsel. Vielfältige Papier- und Pappformate in weiß, schwarz und naturfarben.
  • Zweiter Bereich: Buntstifte, Bleistifte, Anspitzer, Ölkreiden, Hefter/Tacker, Tesafilm, unterschiedliche Papiere und Pappen. Als Klebestoff ist Holzleim zu empfehlen, der unterschiedlich mit Kleister und Lebensmittelfarbe angerührt werden kann. Dieser Klebestoff kann in kleinen Marmeladengläsern aufbewahrt werden. Die Deckel der Gläser eignen sich sehr gut als Füllgefäß für den hergestellten Klebstoff. Q-Tipps oder Holzspachtel machen das Auftragen des Klebestoffs einfach
  • Dritter Bereich: Knete, Ton, Filzwolle und Wachssand. Weiße Bohnen, Kastanien, Eicheln, Hartweizen-Nudeln etc. zum Ein- und Ausfüllen von Gefäßen. Unterschiedliche Gefäße, am besten aus dem Haushalt.
  • Vierter Bereich: Ein Lichttisch und ein Overheadprojektor mit entsprechenden Materialien.

 

Die Bauwerkstatt, ca. 14 qm

  • Erster Bereich: Naturmaterialien, wie Stöcke, Steine, Wurzeln, Holzscheiben, Kastanien, und Baumaterialien, wie Mosaikfliesen, kleine Stein- und Holzplatten, Pappröhren, Schläuche, Tücher, Plastikgefäße etc.
  • Zweiter Bereich: große und kleine Bausteine aus Holz, Brio Holzeisenbahn, Holzfiguren (Menschen, Tiere und Naturgegenstände), Autos, Lastwagen etc.
  • Dritter Bereich: ein Raum, frei und flexibel zum baulichen Gestalten.

 

Die Rollenspielwerkstatt, ca. 14 qm

  • Eine kleine Kinderwohnung, ausgestattet mit einer Küche mit Herd, Kühlschrank, Waschmaschine, Bügelbrett und Bügeleisen, Tisch und Stühlen, Kochgeschirr, Geschirr zum Tischdecken und Holzlebensmitteln;
  • einem Wohnzimmer mit Sofa, Tisch, Sessel, Lampe, Fotoalbum, Blumen, Bücher, Handy, Zeitung, Hund im Hundekorb, Bilder an den Wänden etc.;
  • einem Schlafzimmer mit einem großen Bett, in das die Kinder sich selber reinlegen können, Nachtisch, Kleiderschrank mit Kleidern, Spiegel mit Ablage für Gegenstände zum Frisieren, Kinderbett mit unterschiedlichen Puppen, Wickelplatz etc.

 

Das Atelier, die Rollenspiel- und Bauwerkstatt der vier- bis fünfjährigen Kinder

Die Kinder haben ungefähr ein Jahr lang ihre ersten Erfahrungen in der Kita gesammelt und kennen sich inzwischen gut in den Räumen aus. In ihrer Lebenswelt steht das Zusammenspielen mit Kindern nun vermehrt im Mittelpunkt. Die Rollenspielwerkstatt ist jetzt ein sehr lebendiger und aktiver Raum, der von den Kindern für unterschiedliche Rollenspiele genutzt wird. Die Materialien im Atelier und in der Bauwerkstatt werden von den Kindern nun gezielt ausgesucht. Die Kinder entwickeln Pläne und haben genaue Vorstellungen, die sie in ihrer Aktivität immer wieder verändern. Meistens arbeiten und spielen sie in kleinen Gruppen mit Freunden zusammen. Sie bleiben gern in ihrer kleinen Gruppe über Tage in einer bestimmten Werkstatt zusammen und möchten nicht gestört werden. Diese Prozesse enden manchmal ganz plötzlich und die Kinder suchen neue Herausforderungen oder beziehen die Pädagogin mit ein. Sie genießen es, mit Fragen »geweckt« zu werden und die Pädagogin wird Gesprächspartnerin, Materialbeschafferin und nimmt an der Beschäftigung der Kinder aktiv teil. Die Art und Weise wie sie forschen und ausprobieren, ist von einem grenzenlosen Schaffensdrang geprägt. Alle Werkstätten können ehemalige Gruppenräume sein und würden so über eine Größe von ca. 55 qm verfügen. Die offenen, halbhohen Regale sind mit vielen Materialien gefüllt, die immer wieder nach den Bedürfnissen der Kinder ergänzt werden.

 

Das Atelier

Im Atelier können folgende Werkstätten eingerichtet werden:

  • eine zum Basteln und kreativen Gestalten,
  • eine zum Zeichnen,
  • eine zum Malen mit Wasser- und Aquarellfarben,
  • eine zum Filzen und Töpfern,
  • ein Atelier mit Acryl- und Ölfarben,
  • ein Lichttisch und Overheadprojektor,
  • eine Computer- und Kopierstation und
  • ein Bereich zum Ankommen, Ausruhen, Träumen, Klönen und Fantasieren.

 

Die Bauwerkstatt

In der Bauwerkstatt können folgende Werkstätten eingerichtet werden:

  • eine Holzwerkbank mit Werkzeugen und Materialien,
  • eine Metallbauwerkstatt,
  • eine Werkstatt zum Planen, Forschen und Gestalten von dreidimensionalen Bauwerken,
  • eine Werkstatt mit großen Bauelementen, Pappröhren, Platten, Röhren und Alltagsbauelementen,
  • ein Raum mit Figuren und Naturmaterialien zum fantasievollen Bauen und Erfinden von Geschichten,
  • ein Lichttisch und ein Overheadprojektor,
  • eine Computer- und Kopierstation und
  • ein Bereich zum Ankommen und Ausruhen.

 

Die Rollenspielwerkstatt

In der Rollenspielwerkstatt zähle ich zur Grundausstattung:

  • eine Theaterbühne,
  • einen Friseur,
  • eine Küche mit Kaufmannsladen und
  • eine Arztpraxis.

Weitere Werkstätten können je nach der Erlebniswelt und Aktivität der Kinder im Wechsel in bestimmten Bereichen der Rollenspielwerkstatt eingerichtet werden. So kann eine Büro-, Bank-, Bahnhof-, Polizei-, Post-, Apotheken-, Film-, Kirchen-, Musik-, Näh-, Fotografie- oder Märchenwerkstatt etc. entstehen. Für die wechselnden Bereiche ist es praktisch, große Kunststoffkisten anzuschaffen und die Requisiten der verschiedenen Rollenspielaktivitäten dort zu lagern. Gut beschriftet ist es dann kein Problem, eine Werkstatt neu einzurichten. Die halbhohen Regale können immer wieder unterschiedlich gefüllt werden und neue Funktionen erhalten. In der Regel wiederholen sich die Wünsche der Kinder an Rollenspiele, da die Ideen mit ihrem Leben in und außerhalb der Familie zu tun haben.

 

Das Atelier und die Zahlen- und Buchstabenwerkstatt (ZaBu) der fünf- bis achtjährigen Kinder

Diese Werkstätten sind die Weiterentwicklung unserer ursprünglichen Modellwerkstatt. Sie ergänzen das Angebot von Werkstätten in Kitas im Sinne der Vorschulklassen. Der Übergang von der Kita zur Grundschule und die enge Zusammenarbeit zwischen Elementarpädagoginnen und Lehrerinnen können hier sehr gut umgesetzt werden. Die fünf- bis sechsjährigen Kinder arbeiten täglich zwei Stunden in diesen Werkstätten. Nach eigenen Wünschen und Bedürfnissen wechseln sie zwischen den beiden Werkstätten hin und her. In der Regel haben aber die Kinder ihre Lieblingswerkstatt, in der sie sich besonders gern aufhalten. Nach diesen zwei Stunden können sie auch in die Werkstätten der jüngeren Kinder oder in die Naturspielräume gehen.

Kinder, die über zwei Jahre in den anderen Werkstätten selbsttätig experimentieren und »ihre Welt« erfinden konnten, entdecken ab dem sechsten Lebensjahr auf eine ganz andere Weise. Sie brauchen hierfür eine andere Ausstattung der Werkstätten. Sie planen, überdenken, vergleichen, überprüfen und kommen zu neuen Ergebnissen. Sie genießen es, aus den gemachten Erfahrungen nun gedankliche Hypothesen aufzustellen und diese zu überprüfen. In diesen Werkstätten können sie es tun, da das aktive Denken ununterbrochen durch das Arbeitsmaterial oder durch mögliche Fragen oder Arbeitsideen angeregt wird.

Die Arbeiten werden frei gewählt. Alle möglichen Arbeiten sind auf Bildtafeln zu lesen und Lösungen sind selbständig herauszufinden. Bei den Ergebnissen gibt es kein falsch oder richtig. Es gibt nur individuelle Lösungen. In diesen Werkstätten bekommt die Autonomie und Selbstverwaltung der Kinder eine andere Qualität. Sie lassen sich lieber von anderen Kindern helfen als von den Pädagoginnen. Ihre Selbstwirksamkeit ist ihnen bewusst und sie fühlen sich kompetent, ihre eigenen Wege zu gehen.

Neben dem Arbeiten an den Stationen finden in diesen Werkstätten jährlich mehrwöchige Projekte statt.

 

Das Atelier

Das Atelier hat nun nicht mehr die kleinen und geschützten Werkstätten. Die Materialien sind in den Regalen nach Themen sortiert. Das Material ist vielfältig und Bücher zum Nachschlagen stehen den Themen zugeordnet in den Regalen. Das Kind kann experimentell forschen oder sich einen Arbeitsauftrag auswählen und ihn allein oder mit anderen Kindern zusammen lösen. Im Atelier befinden sich:

  • eine naturwissenschaftliche Station,
  • eine Töpferstation,
  • eine Nähstation,
  • eine Kochstation,
  • ein Mal- und Zeichnenstation und
  • eine Bastel- und eine Werkstation.

Das Atelier verfügt auch über einen Lichttisch und einen Overheadprojektor mit dementsprechendem Material.

 

Die Zahlen- und Buchstabenwerkstatt

Diese Werkstatt sieht schon ein wenig wie eine Werkstatt in der Grundschule aus. Für diesen Arbeitsbereich sind neben den unstrukturierten Arbeitsmaterialien besondere Arbeitskästen entwickelt worden, die sich an den unterschiedlichen Themen orientieren und immer wieder neu gestaltet werden können. Viele Arbeitsmaterialien sind von einfach bis schwer ausgerichtet, sodass jedes Kind eine neue Herausforderung finden kann. Auf den Deckeln der Arbeitskästen können die Kinder anhand von Zeichnungen erkennen, welche Aufgabe sich im Kasten befindet.

In der Zahlen- und Buchstabenwerkstatt befinden sich:

  • eine Mengenstation,
  • eine Zahlenstation,
  • eine geometrische Station,
  • eine Buchstabenstation,
  • eine Lesestation,
  • eine graphomotorische Schreib- und Zeichnenstation,
  • eine Hörstation und
  • eine Computerstation.

 

Die Naturwerkstätten

In einer Werkstatt-Kita liegt es auf der Hand, die Werkstätten von innen nach außen fließen zu lassen. Das Forschen und Experimentieren, das aktive Arbeiten und Spielen findet im Garten genauso statt. Einige Kinder sind lieber draußen in der Natur aktiv und genießen die Nischen und Winkel der Naturwerkstätten. Die sinnliche Wahrnehmung gibt den Kindern in der Natur ganz andere und wichtige Reize. Kinder entscheiden sich intuitiv für »ihre« Umgebung, die ihnen gut tut. In den Naturspielräumen kann es unter anderem auch ähnliche Werkstätten wie im Haus geben – z.B. Rollenspiel- und Bauwerkstätten sowie Mal- und Zeichenwerkstätten.

 

Das Kinderrestaurant – eine Esswerkstatt

Ich zähle das Restaurant mit zu den Werkstätten, denn es erfüllt die Kriterien einer Werkstatt:

  • Vielfältige Nahrungsmittel sind auf dem Frühstücksbuffet zu finden,
  • das Geschirr hat seinen Platz,
  • die Tische sind liebevoll eingedeckt,
  • die Kinder entscheiden mit wem, wann und wie oft sie frühstücken wollen,
  • sie können allein, in kleinen Gruppen oder zusammen mit ihrer vertrauten Pädagogin das Essen genießen
  • Gespräche mit der Köchin finden durch das große Fenster zur Küche statt. Die Köchin zählt mit zum pädagogischen Team
  • sie räumen ihren Platz wieder auf und säubern das Geschirr und
  • sie verlassen das Kinderrestaurant so aufgeräumt, wie sie es vorgefunden haben, damit auch die nächsten Kinder das Frühstück oder Mittagessen genießen können.

Auch hier gilt: Die Anwesenheit einer Pädagogin zählt mit zur entspannten Atmosphäre! Wie in den anderen Werkstätten, ist auch im Kinderrestaurant immer eine Pädagogin anwesend.

 

 



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