Das professionelle Selbstverständnis frühpädagogischer Fachkräfte

Inhaltsverzeichnis

  1. Rahmenbedingungen und professionelle Haltung
  2. Drei grundlegende Orientierungen
  3. Fazit

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Fazit

Von frühpädagogischen Fachkräften wird in den letzten Jahren sehr vehement professionelles Handeln erwartet und eingefordert, dies aber ohne dass man von einer Anerkennung der Frühpädagogik als Profession sprechen könnte. Die Fachkräfte sollen bestmögliche Qualität gewährleisten, aber wird auch entsprechend und angemessen viel in die Frühe Bildung investiert? Erhalten Fachkräfte, die Anerkennung, die ihnen als Professionellen zukommt?

Wir haben es aktuell zum einen mit einem Umsetzungsdilemma zu tun, also einem Missverhältnis zwischen dem, was an professionellen Aufgaben geleistet werden soll einerseits und geleistet werden kann andererseits, aber auch mit einem Anerkennungsproblem, das nicht auf der Ebene der Fachkräfte, sondern vor allem auf der politischen, fachpolitischen und gesellschaftlichen Ebene zu lösen ist!

Allgemein gilt als ein Professionskennzeichen, dass das Expertentum der Akteure mit einer entsprechend hohen sozialen und finanziellen Anerkennung verknüpft ist – hier klaffen aber in der Frühpädagogik 'idealistisches‘ Professionsmerkmal und ernüchternde Praxis noch weit auseinander.

Während es z.B. in Bezug auf Ärzte eine durchaus gefestigte „Anerkennungskonfiguration“ im Sinne gefestigter Anerkennungsbeziehungen (Voswinkel 2001) gibt, kann davon im Bereich der Frühpädagogik aktuell nicht die Rede sein. Das ist keine neue Erkenntnis, aber angesichts des aktuellen ProfessionalisierungProfessionalisierung|||||Eine Professionalisierung findet im weiteren Sinne statt wenn die Entwicklung einer privat oder ehrenamtlich ausgeübten Tätigkeit zu einem  Beruf wird. Im Rahmen der Professionalisierung werden häufig Qualitätsverbesserungen und Standardisierungen erreicht. Professionalisierung bedeutet auch die Entwicklung eines Berufs zu einer Profession, darunter wird meist ein akademischer Beruf mit hohem Prestige und Anerkennung verstanden.  sdrucks – der an sich ja zu begrüßen ist, weil die frühpädagogische Arbeit endlich ernst genommen wird – wird immer deutlicher, dass es hier ein Missverhältnis zwischen Anspruch und Wirklichkeit gibt.

Man gewinnt im Moment immer mehr den Eindruck, dass die Verantwortung für die Professionalisierung auf den Schultern der Fachkräfte abgeladen wird: Sie sollen, müssen einfach professioneller arbeiten. Professionell arbeiten kann man aber nur in angemessen guten Rahmenbedingungen, wenn man exzellent qualifiziert und weitergebildet ist, wenn man in hoher Eigenverantwortung arbeiten darf, wenn die eigene Fachlichkeit angemessen anerkannt und (auch finanziell) wertgeschätzt wird.

Unsere Studie bestätigt: Fachkräfte in Kitas müssen eigenverantwortlich agieren und einen kompetenten, fachlich reflektierten Umgang mit den Bildungsprogrammen und damit verbundenen Methoden finden und realisieren können. Wenn sie sich als ‚Umsetzer‘ von Vorgaben und Methoden verstehen und als solche adressiert werden, widerspricht dies schon im Kern dem Anspruch auf Professionalität. Professionell wäre es, wenn Fachkräfte auch mal NEIN sagen, wenn sie mit immer neuen Erwartungen konfrontiert werden: Nein, das schaffen wir nicht auch noch, oder: Nein, fachlich halten wir diese Methode, dieses Projekt für nicht sinnvoll.

Wenn Teams sich als aktiv und handlungsfähig wahrnehmen, wenn sie den Eindruck haben, an wesentlichen pädagogischen Entscheidungen und Prozessen in ihrer Kita verantwortlich mitwirken zu können, ist dies eine gute Basis dafür, dass sie einen kritisch-diskursiven und reflexiven Zugang zu den Bildungsprogrammen entwickeln und damit dem Anspruch auf Professionalität tatsächlich gerecht werden.

 

Anmerkung

(1) Die Studie „Schlüssel zu guter Bildung, Erziehung und Betreuung. Bildungsaufgaben, Zeitkontingente und strukturelle Rahmenbedingungen in Kindertageseinrichtungen“ war ein Kooperationsvorhaben der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, des Paritätischen Gesamtverbands und der Diakonie Deutschland (Projektträger) und der Alice Salomon Hochschule Berlin (Wissenschaftliche Projektleitung und -durchführung). Das Projekt wurde vom 01.10.2010 bis 30.09.2012 von der Aktion Mensch finanziell gefördert. Die jetzt von mir geleitete Studie ist eine Folgestudie, die von der Bertelsmann Stiftung gefördert wird. (s.a. unseren Fachbeitrag Personalschlüssel / Fachkaft-Kind-Relation)

 

Literatur

  • Siegrist, J. & Dragano, N. (2008). Psychosoziale Belastungen und Erkrankungsrisiken im Erwerbsleben. Befunde aus internationalen Studien zum Anforderungs-Kontroll-Modell und zum Modell beruflicher Gratifikationskrisen. Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz, 51(3), 305-312.
  • Viernickel, S., Nentwig-Gesemann, I., Nicolai, K., Schwarz, S. & Zenker, L. (2013). Schlüssel zu guter Bildung, Erziehung und Betreuung. Bildungsaufgaben, Zeitkontingente und strukturelle Rahmenbedingungen in Kindertageseinrichtungen. Berlin: Paritätischer Gesamtverband.
  • Viernickel, S. & Nentwig-Gesemann, I. (2014). Bildungsprogramme als Orientierung, Korsett oder Zumutung? Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt „Schlüssel zu guter Bildung, Erziehung und Betreuung“. Theorie und Praxis der Sozialpädagogik (im Erscheinen).
  • Voswinkel, S. (2001). Anerkennung und Reputation. Die Dramaturgie industrieller Beziehungen. Konstanz: UVK.

 


Zum Weiterlesen:

Professionalisierung als eigeninitiativer Lernprozess

Das professionelle Selbstverständnis frühpädagogischer Fachkräfte

Professionalisierung durch Partizipation

 



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