Neue Medien in der Frühpädagogik
Zur Mythologie der neuen Medien in der Frühpädagogik oder Der dritte Lernort
Inhaltsverzeichnis
- Mythos 1: Kindergartenkinder nutzen neue Medien nicht
- Mythos 2: Neue Medien sind kein Gegenstand der Frühpädagogik
- Mythos 3: Die negativen Aspekte der Medien überwiegen
- Mythos 4: Der Erzieherinnenberuf ist ein Bildungsberuf
- Mythos 5: Neue Medien sind Gegenstand der Erzieherinnenausbildung
- Mythos 6: Lehrkräfte in der Erzieherinnenausbildung vermitteln Medienkompetenz
- Mythos 7: Wer Erzieherinnen ausbildet, kann auf neue Medien verzichten
- Mythos 8: Die Vermittlung von Medienkompetenz ist gleichmäßig verteilt
- Mythos 9: E-Learning gehört zur frühpädagogischen Aus-, Fort- und Weiterbildung
- Mythos 10: Fachforum im Netz versus Facebook
- Mythos 11: Der Dialog zwischen Lernort Schule und Praxis funktioniert online nicht
- Zukunftskonzept „Neue Medien in der Ausbildung frühpädagogischer Fachkräfte“.
- Netz-Tipps für AusbildnerInnen, ErzieherInnen und Kinder
- Literatur
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Mythos 4: Der Erzieherinnenberuf ist ein Bildungsberuf
Ein Drittel der Kindergartenteams lehnte bereits vor zehn Jahren die Einrichtung eines Internetanschlusses konsequent ab. (Vgl. Kobbeloer 2002a) Noch vor sieben Jahren hatte nur jede dritte Kita einen solchen Anschluss. Studien der letzten Jahre und aktuelle Befragungen der Praxiseinrichtungen unserer Region ( Niedersachsen) lassen die Vermutung zu, dass die Mehrheit der Einrichtungen mittlerweile über einen Computer mit Internetanschluss verfügt. Allerdings muss differenziert werden: Für die aktive Medienerziehung stehen Computer und Internet in den meisten Einrichtungen noch immer nicht zur Verfügung. (Six 2007, S. 128) In diesen Kitas gibt es einen (!) Computer mit Internetanschluss im Büro der Leiterin – angeschafft, um die Verwaltung effizienter zu gestalten. Also nicht, nicht um kindliche- oder Selbstbildungsprozesse zu unterstützen. Der Zugang bleibt in der Regel den Leitungskräften vorbehalten. Wollen Mitarbeiterinnen ein Erzieherinnen-Forum im Internet nutzen, sind sie mehrheitlich gezwungen, das in der Freizeit und zu Hause zu tun. Lehrerinnen können dies seit vielen Jahren in der Schule. Ist Erzieherin also doch kein Bildungsberuf?
Der Bildungsauftrag und die neuen Medien
In einer Studie über berufsbezogene Online-Communities verschiedener Berufsgruppen berichten Wissenschaftler, dass Teilnehmerinnen, die diese Communities nutzen, tendenziell mehr Spaß am Lernen, mehr Eigeninitiative und mehr Lust auf Neues haben als der Durchschnitt der Bevölkerung.
Die aktuellen Anforderungen der Wissensgesellschaft an Erzieherinnen sind hoch. Wer den Bildungsauftrag ernst nimmt, muss Voraussetzungen für lebens- und berufsbegleitendes Lernen der Mitarbeiterinnen in der Kita schaffen. Wie kein anderes Medium bietet das Internet die Möglichkeit, schnell und vom Arbeitsplatz aus an Fachinformationen zu gelangen, sich selbstorganisiert zu informieren und fortzubilden. Erzieherinnen und anderen pädagogischen Fachkräften stehen dafür mehr als ein Dutzend berufsspezifische Webangebote zur Verfügung.
Zwar setzt die Erzieherinnenausbildung inzwischen auf vernetztes Lernen an verschiedenen Lernorten, doch im Arbeitsleben der Erzieherinnen kommt diese Lernform noch selten vor, denn am „Arbeitsplatz Kita“ kollidieren pädagogische mit ökonomischen Interessen.
Halten wir fest: Gegen den Einsatz neuer Medien mag es vielleicht sogar diskutable bewahrpädagogisch-konzeptionelle Argumente geben – gegen das Lernen on the job und die fachliche Vernetzung von Erzieherinnen gibt es heute keine Argumente mehr. Wer einen gesellschaftlichen Bildungsauftrag bekommt, hat die Aufgabe, ihm gerecht zu werden, das Internet als aufkommendes zentrales Bildungs- und Informationsmedium zu nutzen und umfassende Internet-Kompetenzen zu erwerben.
- Zuletzt bearbeitet am: Freitag, 26. Februar 2016 13:20 by Karsten Herrmann