Sprachförderung für Migrantenkinder im Elementarbereich

Evaluation unterschiedlicher Sprachförderkonzepte in niedersächsischen Kindertagesstätten.


Das im Rahmen des Forschungsverbund „Frühkindliche Bildung Niedersachsen“ durchgeführte Projekt hat zum Ziel, die auf Sprachentwicklung förderlich wirkenden Struktur- und Prozessmerkmale zu identifizieren. Es besteht dabei aus vier unterschiedlichen Teilstudien.

  • Teilstudie I  diente der Erhebung und Analyse quantitativer  Daten zur Konzeption und Durchführung von Sprachfördermaßnahmen für Kinder mit Deutsch als Zweitsprache (N= 915). In ausgewählten Einrichtungen (N= 14) wurde zudem der sprachliche Kompetenzzuwachs der Kinder anhand sprachdiagnostischer Verfahren dokumentiert (Teilstudie II).

 

  • Parallel hierzu wurden qua teil-nehmender Beobachtung die Interaktionen zwischen Erzieherinnen und Kindern eruiert sowie Interviews mit den Leiterinnen, pädagogischen Fachkräften und Sprachförderkräften durchgeführt (Teilstudie III).

 

  • In der zweiten Förderphase wurden ergänzend videographische Analysen (Teilstudie IV) durchgeführt, die eine genaue Erfassung der bei verschiedenen Sprachanlässen zwischen Erzieherinnen und Kindern auftretenden Kommunikationsmuster sowie der dem Handeln der Erzieherinnen zugrundeliegenden sprachförderlichen Strategien ermöglichen.

  
Identifikation unterschiedlicher Förderprinzipien

Im Fokus des Projekts stand zunächst die Frage, nach welchen „Prinzipien“ auf der Makroebene die Sprachförderung für Kinder mit einer anderen Herkunftssprache organisiert ist. Dabei konnten mittels einer latenten Klassenanalyse drei unterschiedliche „Förderprinzipien“ identifiziert werden:

  • eine sprachdidaktisch ausgerichtete („programm-orientierte“) Förderung mit vom übrigen Alltag isolierten Trainingseinheiten
  • eine stärker elementarpädagogisch orientierte („alltagsintegrierte“) Förderung, bei der das Augenmerk auf einer beiläufigen Aneignung grundlegender Sprachkompetenzen liegt
  • das dritte, in der Literatur bisher noch nicht berücksichtige Förderprinzip, kennzeichnet eine Praxis der Sprachförderung, die im Gegensatz zu programmorientierten und alltagsintegrierten Formen der Lernunterstützung nur wenige explizit sprachunterstützenden Elemente aufweist und daher als „strukturfern“ deklariert wurde.


Weiterführende Analysen zeigten, dass die Organisation der Sprachförderung auf der Makroebene nur einen mäßigen Einfluss auf den Spracherfolg der Kinder ausübt. Dieser stand in einer deutlicheren Beziehung zur Qualität der unmittelbaren Sprachpraxis der Erzieherinnen.

 
Sprachförderliche und -hemmende Settings

Die Ergebnisse der teilnehmenden Beobachtung legten dabei den Schluss nahe, den Kindergartenalltag als in vier „sprachfördernde Settings“ gegliedert aufzufassen, die sich durch die Funktionen, die Sprache in den jeweiligen Handlungskontexten für die Kommunikation erfüllt, unterscheiden und in spezifischer Weise das sprachförderliche Potenzial des gemeinsamen Austauschs zwischen pädagogischen Fachkräften und Kindern prägen.

Während für Interaktionen in täglich wiederkehrenden Gruppensituationen (Setting II) allgemeine, jedoch eher schwache, und für die gemeinsamen Bildungsaktivitäten (Setting III) keine sprachförderlichen Wirkungen nachgewiesen  werden konnten, fanden sich Belege für einen (erwartungskonform) positiven Zusammenhang zwischen Aktivitäten, die spezifisch der Aneignung sprachlichen Regelwissens dienen (Setting I), und der sprachlichen Entwicklung mehrsprachiger Kinder. Umgekehrt wird die Sprachentwicklung mehrsprachiger Kinder durch Kommunikation gehemmt, die sich im Freispiel (Setting IV) entwickelt. Erste Ergebnisse der Videoanalyse stützen die Annahme, dass sich die sprachfördernden Settings auch hinsichtlich ihrer linguistischlinguistisch|||||Linguistik ist die Bezeichnung der Sprachwissenschaft,  die in verschiedenen Ansätzen die menschliche Sprache als System untersucht, sowie deren Bestandteile, Einheiten und Bedeutungen.en Struktur unterscheiden und die kommunikativen Praktiken in Setting IV eine für die sprachliche Aktivierung mehrsprachiger Kinder eher ungünstige Struktur aufweisen. Eine ähnliche Variation ist auch bei den durch die Erzieherinnen eingesetzten Sprachlehrstrategien zu beobachten. Überraschend stellen hier „geschlossene Fragen“, die in Bezug auf die Sprachproduktion eher restringierend wirken, quer zu allen untersuchten Settings das dominierende Kommunikationsmittel dar.

 

Quelle: Projekt-Selbstbericht

 



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