Sprachentwicklung und Sprachbildung im Kindergarten

Inhaltsverzeichnis

  1. Geborgenheit und Resonanz
  2. Empathie und Sprache
  3. Sprachentwicklungsphasen
  4. Haltung der Erzieherin
  5. Dialogrunden und Erlebnisse der Kinder
  6. Nachdenken über das eigene sprachliche Handeln
  7. Literatur

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III. Geborgenheit und Resonanz

Kinder werden als Entdecker geboren. Mit großen Augen blicken sie unmittelbar nach der Geburt in die Welt. Ein Kind spiegelt sich in den Augen der Eltern und sucht zu erkunden, ob es in dieser Welt willkommen ist. Durch diese frühen Spiegelungsprozesse wird die Entwicklung des kindlichen Gehirns angeregt. Wenn nun Mutter und Vater mit dem Baby sprechen, vermittelt ihr Gesicht Gefühle, die mit den Sprechlauten verbunden sind. Die Mimik der Eltern verbunden mit ihrem Sprechen führt beim Baby zu akustischen und emotionalen Wahrnehmungen. Auf diese Weise bereiten sie den Säugling auf das Sprechen vor. Innerhalb dieses Vorgangs ist es die emotionale Gestimmtheit, die den Säugling veranlasst, auf die sprechende Person zu achten und schließlich ebenfalls Bewegungen mit Mund und Zunge zu beginnen. Die Freude an den Sprechversuchen wird gestärkt, wenn ein Kind merkt, dass die Erwachsenen auf seine Aktivitäten reagieren.

Schon vom dritten Monat an sind lautliche Versuche zu beobachten, bald werden Laute rhythmisch gestaltet. Man kann auch schon beobachten, dass sie sich in der Lautstärke unterscheiden. Für sich alleine aber auch in Resonanz zu den Eltern versucht ein Kind nun alles, was es mit seiner Zunge, seinen Lippen und mit viel Spucke produzieren kann. Verbunden sind diese Versuche oft mit großer Begeisterung. Es sind erste Erfahrungen der Selbstwirksamkeit. Freude entsteht,  wenn Eltern eine entsprechende Resonanz geben. In der folgenden Zeit nehmen Kinder (etwa zwischen vier und sechs Monaten) Einzellaute wahr. Es entstehen Lautfolgen wie Mama, Papa, dada. Für die sprachliche Entwicklung ist die empathische Zuwendung entscheidend. Ein Kind muss sich bei seinen Aktivitäten wahrgenommen fühlen. Die empathische Resonanz der Bezugsperson trägt dazu bei, dass ein Kind mit Interesse und Ausdauer sich seinen lautlichen Produktionen widmet. Schon jetzt beginnt es zu verstehen, dass es dabei auf Zuhören und Reagieren ankommt. Das setzt voraus, dass sich eine erwachsene Person ganz dem Kind zuwendet. Videospiel oder Fernsehsendungen können nichts bewirken. Sie bringen Kinder eher in ratlose Situationen. (Haug-Schnabel / Bensel 2012, S. 15)

„Wörter und Sätze erhalten erst durch Emotionen, Gesten, Gesichtsausdruck und Stimmlage eine nachhaltige Bedeutung.“ (Haug-Schnabel /Bensel 2012, S. 17)

 

In der Regel entwickelt ein Kind in den ersten Tagen und Wochen durch die körperliche und emotionale Zuwendung von Mutter und Vater eine sichere Bindung. Es entsteht – wenn alles gut geht – ein Urvertrauen. Ist das Grundbedürfnis nach Geborgenheit gestillt, so werden Kinder nun auf vielfältige Weise versuchen, ihre Welt zu entdecken. Zunächst ist es das Gesicht der Mutter, später sind es die Spielsachen und Gegenstände in seiner unmittelbaren Umgebung. Wieder einige Zeit später sind es Wasser, Erde, Sand, Gebüsch und Nischen aller Art, die Möglichkeiten für Entdeckungen bereithalten.

 

IV. Auf die Erlebnisqualität kommt es an

Für viele Kinder stellt der Besuch des Kindergartens eine Bereicherung ihres Lebens dar. Dabei kommt es auf die Qualifikation der Erzieherinnen ebenso an wie auf die personalen und räumlichen Bedingungen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Erlebnisqualität nicht durch den Einsatz von Förderprogrammen der unterschiedlichsten Art gestört oder gar verdrängt wird.

„Kinder sollten mehr spielen, als viele es heutzutage tun. Denn wenn man genügend spielt, solange man klein ist – dann trägt man Schätze mit sich herum, aus denen man später ein Leben lang schöpfen kann. Dann weiß man, was es heißt in sich eine warme Welt zu haben, die einem Kraft gibt, wenn das Leben schwer wird.“ (Astrid Lindgren 2002)

Wer in seiner Kindheit und Jugend genügend Erfahrungen von Urheberschaft gemacht hat, der trägt den Schatz einer ständigen Motivation durch sein Leben.

Zum Glück gibt es noch eine große Zahl von Kindern, die gern und ausgiebig spielen. Sie rennen, klettern, schmieren, malen, hämmern. Sie bauen, wollen mit Feuer und Wasser spielen, zählen, messen, schreiben und lesen. Spielen und Lernen sind in der Anfangsphase der kindlichen Entwicklung untrennbar miteinander verbunden. Viele Kindergärten und Schulen haben das erkannt und entsprechende Konzepte entwickelt.

Für die Arbeit einer Erzieherin heißt das: 

  • Spiele der Kinder entdecken und mitspielen.
  • Spielideen von Kindern aufgreifen und andere Kinder anregen.
  • Eigene Spielideen entwickeln.
  • Eltern motivieren und sie am Spiel ihrer Kinder teilhaben lassen.
  • Mit Kolleginnen und Kollegen über erfreuliche und auch schwierige Spielsituationen reden, um diese besser verstehen zu können.


 



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