Resilienz bei Kindern

- Welche Faktoren wirken und wie kann Resilienz-förderung gelingen?

Co-Autorin: Michaela Kruse, M.A.

Im folgenden Artikel geht es um Resilienz als dynamische Fähigkeit, um in krisenhaften Situationen handlungsfähig zu bleiben. Es werden wichtige Faktoren beschrieben, die Resilienz prägen und unterstützen.

Was unter Resilienz verstanden wird

In den frühen Lebensjahren können ein guter Grundstein für die Resilienzentwicklung gelegt und positive Bewältigungsstrategien für Krisen und Herausforderungen entwickelt werden. Resilienz wird als „psychische Widerstandskraft gegenüber biologischen, psychologischen und psychosozialen Entwicklungsrisiken“ (1) beschrieben. Metaphorisch findet sich oft das Bild eines Baumes, dessen Wurzeln Halt in der Erde finden. Die Umweltbedingungen wie Sturm, Regen oder Dürre sind nicht immer optimal. Dennoch wächst und gedeiht der Baum und passt sich den jeweiligen Umständen an oder erholt sich danach meistens wieder. Resilienz ist nicht angeboren, sondern eine erworbene, variable und situationsspezifische Fähigkeit, die in krisenhaften Situationen immer wieder neu gefordert und geübt wird (2) .

Dabei können Schutz- und Risikofaktoren unter-schieden werden: Schutzfaktoren wirken unterstützend und abfedernd bei der Bewältigung von Krisen. Kinder können geschützter sein, wenn sie beispielsweise ihr Handeln als wirksam erleben und ihre individuellen Stärken, Fähigkeiten, aber auch Gefühle kennen (Selbstwirksamkeit, personale Ressource) und darin gestärkt werden. Zudem wirkt es sich positiv auf die Resilienzentwicklung aus, die Erfahrung zu machen akzeptiert, geliebt und geachtet zu werden (Selbstwertgefühl, soziale Ressource) (3).
Insbesondere eine positive und stabile emotionale Beziehung zu mindestens einer erwachsenen Bezugsperson – bestenfalls einem Elternteil (familiäre Ressource) oder z. B. einer pädagogischen Fachkraft – ist essenziell als Schutzfaktor (emotionale Bindung) (2,3.)

Risikofaktoren hingegen beschreiben mögliche negative Einflüsse auf die Resilienzentwicklung, vor allem aus der sozialen Umwelt (z. B. niedriger sozioökonomischer Status, prekäre Wohnsituation, Erziehungsdefizite/ ungünstige Erziehungspraktiken der Eltern, soziale Isolation der Familie, außerfamiliäre Unterbringung, Erfahrung durch Verlust, bspw. infolge von Scheidung, Flucht, Umzug, Tod naher Bezugspersonen). Wie und ob dies geschieht, ist beispielsweise abhängig von der Dauer, dem Zeitpunkt, der subjektiven Wahrnehmung oder auch dem Zusammenwirken mehrerer Faktoren (4) .



Resiliente Kinder können
  • ihre eigenen Gefühle und die von anderen erkennen und einordnen.
  • die eigenen Gefühle kontrollieren, regulieren oder dafür um Rat bitten.
  • eigene Stärken und Kompetenzen erkennen.
  • Hilfe holen und scheuen sich nicht vor Kontakt.
  • Strategien zur Problemlösung entwickeln und auf ähnliche Situationen übertragen. (5)




Resilienz als Allheilmittel? (5)

Es ist wichtig, die Risiko- und Schutzfaktoren jeweils im sozialen Zusammenhang zu bewerten und zu deuten. Der gleiche Faktor kann teilweise, je nach Situation, eine positive oder auch negative Wirkung haben, z. B. kann die Trennung der Eltern als Entlastung (durch Lösen der Stresssituation) oder Belastung (durch Verlust- und Schuldgefühle) empfunden werden . Gleichzeitig ist Resilienz jedoch kein Allheilmittel, da sie die Ursprungsprobleme (wie z. B. Armut) nicht beheben kann.

Alltagsintegrierte Resilienzförderung von Kindern

Resilienzförderung bei Kindern kann mithilfe gesonderter Programme und Projekte (z. B.: „Papilio“, „ReSi – Resilienz und Sicherheit“, „EFFEKT – Entwicklungsförderung in Familien: Eltern- und Kindertraining“, „Kinder Stärken!“ oder „PRiK – Prävention und Resilienzförderung in der Kindertagesstätte“) (2), erfolgen, aber auch direkt im Alltag. Eine alltagsintegrierte Resilienzförderung ist den Fachkräften häufig nicht als solche bewusst. Mit ihrer positiven Beziehungsgestaltung zu den Kindern unterstützen sie den meist erforschten Schutzfaktor – die stabile, positive Beziehung zu einer erwachsenen Bezugsperson (bestenfalls Eltern oder ergänzend z. B. pädagogische Fachkräfte) (2).

Teil der Resilienzförderung ist es zudem, dass die Bezugspersonen in ihren Erziehungskompetenzen gestärkt, Reflexions- und Veränderungsprozesse angeregt und unterstützt werden, um eine gute Partnerschaft in der Resilienzentwicklung der Kindern aufzubauen (4). Dabei sind bedingungslose Wertschätzung, Sicherheit und Unterstützung Voraussetzung, sodass das Kind echtes Interesse erfährt und Vertrauen in seine Fähigkeiten erlebt (2). Eine wertschätzende und urteilsfreie Kommunikation hat auch einen großen Einfluss (z. B. klare, sachliche Sprache; positive Formulierungen, Ich- statt Du-Botschaften; Übereinstimmung von verbaler und nonverbaler Kommunikation), ebenso wie das Erkennen und Benennen von sowie das Eingehen auf kindliche Bedürfnisse und ein responsives Verhalten (angemessene Reaktion auf kindliche Bedürfnisse) (3). Wichtig sind zudem die Haltung und Kompetenzen der Fachkräfte sowie die Integration von Resilienzförderung in das Gesamtkonzept und die Organisationsentwicklung (4).

Die Förderung der Resilienzfaktoren beim Kind beinhaltet vor allem die Unterstützung bei der Entwicklung personaler Ressourcen. So können Kinder beispielsweise Selbstwirksamkeit, Zugehörigkeit und Partizipation erfahren und damit in ihrer Resilienz gestärkt werden. Die individuellen Stärken und Fähigkeiten sollten von den Kindern selbst erkannt und darauf eingegangen werden (z. B. durch Spiele zur Sinneswahrnehmung, Bücher/ Spiele/ Gespräche zu Gefühlen, Übertragung von Verantwortung durch Aufgaben für die Gruppe) oder dass sie möglichst viel selbst machen dürfen (z. B. selbstständiges Nehmen von Trinken oder Essen, Finden von kreativen, individuellen Lösungen bei Problemen). Aber auch das Erleben von Grenzen ihrer eigenen Fähigkeiten und das Bitten um Hilfe kann positiv durch eine Bezugsperson begleitet werden. So können die Kinder Stressbewältigungskompetenzen (z. B. durch Reflektieren stressiger Situationen, Vorleben aktiver Bewältigungsstrategien/ Modellverhalten, Aufzeigen von Unterstützungsmöglichkeiten) und soziale Kompetenzen (z. B. durch Rollenspiele, Kooperationsspiele, Zuhören wenn andere Kinder erzählen, Übungen zur Empathiefähigkeit) entwickeln, welche die Resilienzförderung unterstützen (2, 4).

Resilienzförderung von Kindern gelingt insgesamt vor allem dann, wenn die Kinder mit ihren Stärken und Potenzialen gesehen werden, wenn sie positive, stabile und stärkende Beziehungen zu mindestens einer ihnen zugewandten erwachsenen Person haben und sich selbst gut kennen und regulieren können (2, 4).

Fußnoten

(1) Wustmann-Seiler, C. (2016). Resilienz. Widerstandsfähigkeit von Kindern in Kindertageseinrichtungen fördern. Weinheim: Beltz.

(2)Rönnau-Böse, M. & Fröhlich Gildhoff, K. (2020). Resilienz im Kita-Alltag. Was Kinder stark und widerstandsfähig macht. Freiburg im Breisgau: Herder.

(3) Beier, I. (2018). Kinder stark machen! Resilienzförderung in der
Kita. Köln: Bildungsverlag EINS.

(4) Wustmann-Seiler, C. (2016). Resilienz. Widerstandsfähigkeit von Kindern in Kindertageseinrichtungen fördern. Weinheim: Beltz.
https://www.resilienz-akademie.com/resilienz-bei-kindern/

(5) BMBF (2007). Auf den Anfang kommt es an: Perspektiven für eine Neuorientierung frühkindlicher Bildung. Bildungsforschung Band 16.

(6)Hofmann, I. & Kruse, M. (2021). Wir schaffen das gemeinsam – in der KiTa ResilienzResilienz|||||Resilienz kann als "seelische Widerstandsfähigkeit" verstanden werden mit der Fähigkeit Krisen zu meistern und diese als Anlass für Selbstentwicklungen zu nutzen. In der Resilienzförderung geht es speziell darum die Widerstandsfähigkeit von Kindern und Erwachsenen in belasteten und risikobehafteten Lebenssituationen durch schützende Faktoren zu entwicklen, zu ermutigen und zu stärken. Ein verwandter Begriff ist der der Salutogenese.  stärken. nifbe-Themenheft Nr. 37

Dieser Text ist im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung des vom Bundesfamilienministerium geförderten Programms „Kita-Einstieg: Brücken bauen in frühe Bildung“ durch das nifbe entstanden. Er ist ein Teil des digitalen Sammelordners "Kita-Einstieg Wissen kompakt" mit knappen prägnanten Texten zu diesem Themenbereich und einer Einführung zum Hintergrund.


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AdmirorFrames 2.0, author/s Vasiljevski & Kekeljevic.

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