Kinderrechte in der Kita im Kontext von Digitalität und Digitalisierung
Inhaltsverzeichnis
Dimensionen von Medienbildung in der Kita

So können z.B. auch Medienhelden auf der Kleidung der Kinder oder im Spiel Hinweise auf Beteiligungswünsche oder Schutzbedürfnisse geben. Beim Fotografieren in der Kita für Bildungsdokumentation oder die Darstellung der Einrichtungsaktivitäten taucht die Frage der Beteiligung der Kinder und der Berücksichtigung ihrer Sichtweisen und Bedürfnisse sowie ihres Rechts am eigenen Bild auf. Hier geht es um eine reflexive Auseinandersetzung der Erzieher*innen mit ihren eigenen Medienerfahrungen, eigenen Zuschreibungen an digitale Medien (als gefährlich, innovativ, praktisch, …), Bildern vom Kind (gefährdet, gefährlich, schutzwürdig, …) oder auch um einen Gang durch die Räume der Kita (Wo machen wir hier Dinge, die für die Rechte von Kindern relevant sind und eventuell auch etwas mit digitalen Medien zu tun haben, ohne dass wir das bewusst wahrnehmen und pädagogisch reflektieren?). Ein wichtiges Element kann dabei sein, die Kinder selbst nach ihren Medienerfahrungen, -präferenzen etc. zu befragen und mit einem verstehenden Zugang ihre Medienwelt zu betrachten.
Leifragen für die Sensibilisierung der Fachkräfte
| ||
Konkret bedeutet das, im Alltag aus der Beobachtung des vorhandenen Digitalen je nach pädagogischer Relevanz damit bewusst umzugehen. So kann die Nutzung des Smartphones in Bring- und Abholsituationen ein Gesprächsanlass sein, um sich auszutauschen, wie Familien mit digitalen Medien umgehen. Die Medienhelden von Kindern, die im Rollenspiel, auf Gegenständen oder auf der Kleidung der Kinder vorkommen, sind etwas, das das Handeln der Kinder erklären kann, etwas, das in seinem Sinn verstanden werden muss, um seine Bedeutung für die Kinder einordnen zu können (Wofür steht ein*e Medienheld*in? Weshalb findet ein Kind diese*n toll? – auch wenn die Erzieher*innen diese*n vielleicht erst einmal furchtbar finden). Auch die Frage, wie die Erzieher*innen im Alltag selbstverständlich mitreflektieren, wo die Rechte der Kinder eine Rolle spielen (z.B. Aufklärung der Kinder, wenn sie einander fotografieren, über die Notwendigkeit des Einverständnisses o.Ä.), ob dies bewusst geschieht, ob es pädagogische Überlegungen dazu gibt oder eher unbewusst geschieht: All das wären Beispiele dafür, wie das Digitale bewusst im pädagogischen Alltag wahrgenommen und pädagogisch begleitet wird – auch ohne dass damit notwendigerweise ein Medieneinsatz verbunden wäre. Auch hierbei könnte gemeinsam mit den Kindern geschaut oder in Projekten entwickelt werden, wo ihre Rechte eine Rolle spielen – schon in dem Moment, in dem die Erzieherin oder der Erzieher ein Foto im Alltag macht, um dieses auf die Kita-Homepage zu stellen, könnte dies ein Anlass sein, sich mit dem Kind zum Recht am eigenen Bild, dem Recht, bei der Entscheidung beteiligt zu werden, ob ein Foto gemacht werden soll und wer es zu sehen bekommen darf, auseinanderzusetzen.
Leitfragen für die Einbettung ins pädagogische Handeln im Kita-Alltag
| ||
Damit ist die Auseinandersetzung mit Team, Leitung und Träger dazu gemeint, wie beispielsweise die Kinderrechte im Zusammenhang mit den digitalen Medien beachtet werden – wo werden die Kinder gefragt, wenn es darum geht, Fotos zu machen und über soziale Netzwerke zu teilen, und wie werden sie dabei über ihr Recht am eigenen Bild aufgeklärt, ebenso wie über das Recht, beteiligt zu werden? Wie gehen Fachkräfte bewusst mit Standards wie Datenschutz um, gibt es dazu eine gemeinsame Auseinandersetzung über die Gründe und Ziele und die Ausgestaltung in der Kita? Wie werden fachliche Qualitätsfragen mit Kinderrechten im Bereich des Digitalen verbunden und stehen für diese Verständigung kontinuierliche Räume zur Verfügung, in denen kollegial auch Unsicherheiten, Fehler und Beratungs- und Unterstützungsbedarfe besprochen werden können?
Leitfragen für die Verständigung über fachliche Standards
| ||
Viele medienpädagogische Projekte und Ansätze vermitteln Möglichkeiten des Einsatzes digitaler Medien – ob als digitale Speisekarte für das Mittagessen, als Fotoprojekte, als Filmprojekte mit Greenscreen-Technik etc. Diese Formate sind je nach Alter und pädagogischen Zielen unterschiedlich sinnvoll und es gilt abzuwägen, wo und ob digitale Medien eingesetzt werden. Nur dass es gute Medienprojektideen gibt, ist noch kein hinreichender Grund, sie im Kita-Alltag umzusetzen. Erst wenn es aus pädagogischer Sicht – z.B. in Bezug auf die Auseinandersetzung mit einem Thema, als hilfreiches Mittel, um etwas umzusetzen – angeraten und fachlich sinnvoll erscheint, kann der Medieneinsatz ein Element in der pädagogischen Arbeit sein. Hier wäre sowohl eine fachliche Abwägung als auch eine Einbeziehung der Kinder in Entscheidungen darüber sinnvoll und oft schon früh möglich. So kann man durchaus mit den Kindern gemeinsam überlegen, wo es sinnvoll ist, etwas mit einem digitalen Medium zu machen und wo nicht, also gemeinsam Kriterien dafür entwickeln, wann und weshalb man ein digitales Medium einsetzt oder gerade nicht nutzen will.
Leitfragen für den Medieneinsatz/die Mediendidaktik
| ||
Hier dokumentiert sich das Selbstverständnis der Einrichtung in Bezug auf Medienbildung, beispielsweise anhand von Fragen wie: Wie sehen wir digitale Medien, was wollen wir Kindern zutrauen, wie verbinden wir das Thema mit unserer Sicht auf Kinderrechte, Inklusion, mit allgemeinen Bildungs- und Befähigungsfragen und unserem grundsätzlichen konzeptionellen Ansatz in der Einrichtung? Die Aspekte, die im Konzept digitale Medien berücksichtigt werden, betreffen sowohl die organisatorische, strukturelle Ebene (wie gehen wir mit Datenschutz um, wie ist die räumliche Gestaltung, welche Standards leiten die Einrichtung etc.) als auch die Ebene des pädagogischen Handelns (wie betrachten wir digitale Medien aus pädagogischer Sicht, wie setzen wir sie ggf. ein, wie sehen wir die Kinder dabei etc.). Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, dass ein Konzept in einem gemeinsamen Prozess und auf der Basis einer Auseinandersetzung des Teams mit eigenen Medienbildern und -erfahrungen, geteilten Vorstellungen, Werten, Haltungen und Normen entwickelt wird. Dieser Prozess ist ein Weg, der erforderlich ist, wenn ein Konzept auch in der Praxis gelebt werden soll.
Leitfragen für die Konzeptentwicklung
| ||
Hier steht im Mittelpunkt, zu klären und miteinander zu entwickeln, wie sich die Einrichtung in der Zusammenarbeit mit Eltern hinsichtlich des Themas Medienerziehung versteht und welche Rolle dabei die Kinderrechte (Schutz, Befähigung und Beteiligung) in der privaten Erziehung wie auch in der Kita spielen. Werden die Eltern – und tatsächlich alle Eltern? – dabei erreicht, wie werden sie einbezogen, wo sieht die Einrichtung besondere Herausforderungen, wo besondere Potenziale? Wie will sie gemeinsam Medienerziehung gestalten, sodass die Kinder nicht völlig unterschiedliche Formen und Ausrichtungen von Medienerziehung zu Hause und in der Kita erleben und gleichzeitig die Eltern, ihr Alltag und ihre Ressourcenlagen und Voraussetzungen anerkannt und unterstützend begleitet werden? Welche Unterstützungsbereiche definiert die Kita in diesem Feld als ihren Zuständigkeitsbereich? Wie wird Verantwortung verteilt und sich darüber verständigt? Welche Formen der Zusammenarbeit mit Eltern werden bewusst gewählt und gestaltet, auch angesichts der jeweiligen Zielgruppenzusammensetzung der Kita? Können und sollen die Eltern die Kita als Ort erleben, an den sie sich wenden können, wenn sie Fragen rund um ihre Medienerziehung haben? Und: Wie können Kinder in die Medienerziehung einbezogen werden?
Leitfragen für die Erziehungspartnerschaft mit Eltern
| ||
Auch die Ausstattung der Einrichtung mit digitalen Medien bedarf einer fachlichen Abwägung. Das Ziel ist es nicht, möglichst viele digitale Medien anzuschaffen, sondern auch hier bewusste Entscheidungen zu treffen: Welche Geräte machen Sinn in unserer pädagogischen Arbeit, wie sollen sie eingesetzt werden und welche Dienste wollen wir dabei nutzen, die z.B. auch die Daten der Kinder bestmöglich schützen? Kompromisse, die zulasten der Daten der Kinder gehen, sind hier um jeden Preis zu vermeiden (s. Handreichung von Andernach et al. 2019 für das Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen, S. 131-135).
Leitfragen für die Ausstattung
| ||
- Zuletzt bearbeitet am: Dienstag, 16. November 2021 13:56 by Karsten Herrmann