Bildungspläne: Intention - Inhalte - Umsetzung

Inhaltsverzeichnis

  1. Strategien der Implementierung
  2. Rechtlicher Rahmen
  3. Die Frage der Verbindlichkeit
  4. Anforderungen an erfolgreiche Reformprozesse
  5. Resümee

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Die Frage der Verbindlichkeit

Hier schließt sich nun die - auch schon in der unterschiedlichen Namensgebung hindurch schimmernde - Kernfrage nach dem normativnormativ|||||Normativ  bedeutet normgebend, somit wird etwas vorgeschrieben, dass Normen, Regeln oder ein „Sollen“ beinhaltet.en Charakter und letztlich auch der Verbindlichkeit der Bildungspläne an.


In der Gesamtschau der 16 Bildungspläne ist mit wenigen Ausnahmen und in graduellen Abstufungen nur ein geringer bis sehr geringer Verbindlichkeitsgrad festzustellen. In der Regel gibt es Vereinbarungen des Landes mit den Trägern, die aber über eine Selbstverpflichtung kaum hinausgehen. Man könnte an dieser Stelle auch von einem entschiedenen „Jein“ der meisten Länder als Antwort auf die Frage nach der Verbindlichkeit ihrer Bildungspläne sprechen. Hinter dieser Unentschlossenheit steckt – Sie haben es längst vermutet – das Geld. Etwas differenzierter ausgedrückt ist es wohl die Angst der Länder vor dem „Konnexitätsprinzip“ – denn dieses verpflichtet den auftragenden Gesetzesgeber als Verursacher für den finanziellen Ausgleich der von ihm aufgetragenen Aufgaben (in diesem Falle ein verstärkter frühkindlicher Bildungsauftrag) zu sorgen. Ganz deutlich wird diese in einem Passus des Niedersächsischen Orientierungsplanes, der von Trägern und ElternvertreterInnen gemeinsam unterzeichnet worden ist: „Es lassen sich aus dem Orientierungsplan weder gegen das Land noch gegen die Träger der öffentlichen Jugendhilfe und die kreisangehörigen Städte und Gemeinden finanzielle Forderungen ableiten. Aufgrund der extrem schwierigen Haushaltslage aller öffentlichen Haushalte müssen die formulierten Ziele schrittweise und ohne finanzielle Mehrbelastung gemeinsam umgesetzt und erreicht werden. Die Stärkung des Bildungsauftrages kann deswegen nur im Rahmen der bestehenden finanziellen Möglichkeiten aller Beteiligten verfolgt werden.“

 

Während in Niedersachsen wie in den meisten anderen Bundesländern der Verbindlichkeitsgrad der Bildungspläne im Hinblick auf mögliche Folgekosten gering gehalten wird, hat Berlin als bisher einziges Bundesland sein Bildungsprogramm verpflichtend eingeführt. Dazu wurde eine „Qualitätsvereinbarung Tageseinrichtung“ (QVTAG) zwischen der Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung und den Trägerorganisationen abgeschlossen und mit dem Berliner Kindertagesförderungsgesetz verkoppelt. Die Unterzeichnung der QVTAG ist Voraussetzung für die Zuweisung von Landesmitteln an die Träger und sieht die Überprüfung und Sicherung der vereinbarten Qualität vor. Dazu wurde eigens das „Berliner Institut für Qualitätsentwicklung“ (BeKi) unter Leitung von Dr. Christa Preissing gegründet. Im Zuge dieser Qualitätsvereinbarung und einer Machbarkeitsstudie zu den Rahmenbedingungen konnte in Berlin sogar eine verbesserte Finanzierungsvereinbarung durchgesetzt werden. Eine Schlüsselfunktion nahmen hier, wie die Leiterin des Beki ausführt, die Elternverbände und eine eigens gebildete „Kita-Bürgerinitiative“ mit einer Unterschriftenaktion für ein Volksbegehren ein. Möglich wurde dieses Mut machenden Beispiel aber auch, so Preissing, durch die „intensive Einbindung der Träger und eine intensive politische Lobbyarbeit“.


Gesetzlich gestützt ist die Einführung des Bildungs- und Erziehungsplans zwar auch in Bayern, Schleswig Holstein und Thüringen, aber es fehlt hier an einer tatsächlichen Überprüfung. So heißt es in § 6 des Thüringer Kita-Gesetzes lediglich: „In Umsetzung der im Bildungsplan aufgeführten Ziele und Aufgaben erstellt jede Einrichtung eine für sie verbindliche pädagogische Konzeption, die fortzuschreiben ist. Die Konzeption soll auch Aussagen zur Gestaltung der Zusammenarbeit mit den Schulen sowie mit den Angeboten der Familienbildung und -beratung im Einzugsbereich enthalten.
(4) Die Kindertageseinrichtungen sollen auf der Basis kontinuierlicher Selbstevaluation unter Einbeziehung der Eltern und in Verbindung mit internen Zielvereinbarungen konsequent und systematisch an der Weiterentwicklung der Qualität arbeiten.“

In Baden-Würtemberg musste die zum Kindergartenjahr 2009/2010 angekündigte verbindliche Einführung auf Druck von Gemeinde- und Städtetag kurzfristig ausgesetzt werden. Knack- und Streitpunkt waren hier die für die verpflichtenden Einführung notwendigen Verbesserungen der Rahmenbedingungen und deren Finanzierung.