Vorurteilsbewusste Bildung und Erziehung

- Ein inklusives Praxiskonzept für die KiTa -

Inhaltsverzeichnis

  1. Inklusion in der Praxis: Vorurteilsbewusste Bildung und Erziehung
  2. Herabwürdigungen und Diskriminierung (1) als Lernbehinderung
  3. Soziale Identitäten und normierende Botschaften
  4. Verantwortung der Bildungseinrichtungen
  5. Herausforderungen an pädagogische Fachkräfte
  6. Schlussfolgerungen
  7. Anmerkungen
  8. Literatur
  9. Anhang 1: Das Konzept in Kürze und Hintergrund KINDERWELTEN
  10. Anhang 2: Achtung Pseudovielfalt: Der touristische Ansatz
  11. Anhang 3: Achtung Pseudogleichheit: Der farbenblinde Ansatz

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Anhang 1: Das Konzept in Kürze und Hintergrund KINDERWELTEN


Der Ansatz stammt aus den USA, wo er Anti-Bias Approach genannt wird, übersetzt ein Ansatz gegen Einseitigkeiten und Diskriminierung. Gemeint sind Einseitigkeiten im Sinne von Bevorzugungen oder Benachteiligungen von jungen Kindern ab dem Krippenalter, die sich auf ihre Bildungsprozesse auswirken. Gemeint sind auch Einseitigkeiten im Sinne von Beteiligung und Einflussnahme: Es geht um das Aufdecken von Mustern in den Abläufen, den Personalbesetzungen, der Raumgestaltung und dem pädagogischen Angebot, die manche Kinder und ihre Familien übergehen, ignorieren, ausgrenzen oder abwerten. Der Grundgedanke ist, dass alle Kinder sich wohl fühlen und sich zugehörig fühlen müssen, um in der Kita gut lernen zu können. Und dass eine Kita, in der Kinder aufgrund eines bestimmten Merkmals ihrer Identität oder ihrer Familienkultur Abwertung und Ausgrenzung erfahren, ohne dass Erwachsene eingreifen und ihnen beistehen, kein guter Ort des Aufwachsens ist. Er ist es weder für die ausgegrenzten Kin-der noch für die anderen. Hier zu sein ist für die einen mit einer unmittelbaren Beeinträchtigung ihres Wohlbefindens und damit ihrer Lernmotivation verbunden. Und alle Kinder verstehen: Hier wird man nicht geschützt, Abwertung und Herabwürdigung werden geduldet.
Der Anti-Bias Approach wurde in Berlin im Rahmen von KINDERWELTEN für Verhältnisse in Deutschland adaptiert, als Ansatz Vorurteilsbewusster Bildung und Erziehung übersetzt und seit 2000 weiter entwickelt. Vorurteilsbewusste Bildung und Erziehung folgt einer klaren Wertorientierung: Unterschiede sind gut, diskriminierende Vorstellungen und Handlungsweisen sind es nicht. Respekt für die Vielfalt findet eine Grenze, wo unfaire Äußerungen und Handlungen im Spiel sind. Es gehe darum, so Louise Derman-Sparks, die Mitbegründerin des Ansatzes, die Spannung zwischen dem "Respektieren von Unterschieden" und dem "Nicht-Akzeptieren von Vorstellungen und Handlungen, die unfair sind", jeweils kreativ auszutragen. Es muss also in jedem Einzelfall überprüft und untersucht werden: Ist das fair? Ist das gerecht? Entspricht das der Wahrheit oder ist es eine Verzerrung, um sich über Menschen lustig zu machen? Die Lernumgebung und die Interaktion mit Kindern werden entsprechend verändert: Stereotype und einseitige Darstellungen von Menschen haben hier keinen Platz, die Ausstattung wird um fehlende Aspekte von Vielfalt ergänzt. Einseitigkeiten und Diskriminierung werden mit den Kindern thematisiert, auch in der Zusammenarbeit mit Eltern und in der Zusammenarbeit im Team. Dies geschieht in einer systematischen Auseinandersetzung mit vier Zielen, die aufeinander aufbauen:

Ziel 1: Alle Kinder in ihrer Identität stärken
Ziel 2: Allen Kindern Erfahrungen mit Vielfalt ermöglichen
Ziel 3: Kritisches Denken über Gerechtigkeit und Fairness anregen
Ziel 4: Aktivwerden gegen Unrecht und Diskriminierung

In einem ersten Projekt KINDERWELTEN (2000-2003) wurden diese Ziele und die dazu gehörenden Prinzipien zur Umsetzung in Kitapraxis für die Situation in Deutschland adaptiert, der Ansatz als „Vorurteilsbewusste Bildung und Erziehung“ übersetzt: Frei von Vorurteilen kann niemand sein, aber jeder und jede kann versuchen, sich der Vorurteile bewusst zu werden, die er oder sie hat, und zu verstehen, woher sie rühren, welche Funktion sie erfüllen und welche Auswirkungen sie haben.

In einem zweiten Projekt (2004-2007) wurde der Ansatz in über 30 Kitas in drei Projektregionen verbreitet und weiter entwickelt (Baden-Württemberg, Thüringen, Niedersachsen). In einem dritten Projekt KINDERWELTEN (2007-2010) fand die Ausweitung in 8 Kompetenzkernen statt, in denen bundesweit neben fast 50 Kitas auch 10 Grundschulen und 18 Fachschulen für Sozialpädagogik beteiligt waren. Das Projekt wurde gefördert mit Mitteln des BMFSFJ im Rah-men des Bundesprogramms „Vielfalt tut gut“ und der Bernard van Leer Fundation, die KINDERWELTEN seit 2000 ermöglicht hat.

Ab August 2011 unterstützte die Bernard van Leer Foundation den Aufbau der Fachstelle KINDERWELTEN für Vorurteilsbewusste Bildung und Erziehung, um die in den Projekten entwickelten Praxis- und Fortbildungskonzepte einer breiten Fachöffentlichkeit zugänglich zu machen.

Die Fachstelle bietet Beratung, Fortbildungen und Publikationen zur Vorurteilsbewussten Bildung und Erziehung an und führt Veranstaltungen und Vertiefungsprojekte durch.

Träger der Fachstelle wie auch der vorangegangenen KINDERWELTEN-Projekte ist das Institut für den Situationsansatz ISTA in der Internationalen Akademie INA gGmbH in Berlin.

Kontakt:
KINDERWELTEN Fachstelle Vorurteilsbewusste Bildung und Erziehung
Institut für den Situationsansatz/ Internationale Akademie INA Berlin gGmbH
Leitung: Petra Wagner
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www.kinderwelten.net
www.situationsansatz.de