Sprachentwicklung und Sprachbildung im Kindergarten

Inhaltsverzeichnis

  1. Geborgenheit und Resonanz
  2. Empathie und Sprache
  3. Sprachentwicklungsphasen
  4. Haltung der Erzieherin
  5. Dialogrunden und Erlebnisse der Kinder
  6. Nachdenken über das eigene sprachliche Handeln
  7. Literatur

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VI. Sprachentwicklungsphasen

Viele Bedingungen spielen bei der Entwicklung der kindlichen Sprache eine Rolle. Da diese Bedingungen für die Kinder sehr unterschiedlich sind, ist es normal, dass auch ihre Sprachentwicklung große Unterschiede aufweist. Daher werden Entwicklungsschritte lediglich angedeutet. Sie sollen einer groben Orientierung dienen. Entscheidend für eine gelingende Sprachentwicklung ist die Haltung der Erwachsenen.  Sie müssen sich die Frage stellen, ob sie im Umgang mit den Kindern die oft sehr großen Unterschiede emotional akzeptieren und angemessen auf die jeweiligen sprachlichen Äußerungen reagieren können.

 

Laute und Silben

Schon vom dritten Monat an gelingen lautähnliche Gebilde. Ein Kind probiert, was es mit Zunge, Lippen und Spucke alles machen kann. Kurze Zeit später bildet es Laute und Lautfolgen, wie AAAA; OOOO. In den nächsten Monaten übt sich ein Kind im Lallen. Es ist nun schon in der Lage, Silben aneinander zu reihen. In der gesamten Phase sollten die Bezugspersonen sowohl die beruhigende Babysprache imitieren als auch in gewohnter Sprechweise die Vorgänge beim Wickeln, Füttern, Waschen und Anziehen benennen. Sie sollten ihre Handlungen sprachlich begleiten.

Zwischen dem 10. und 14. Monat können Kinder Wortklänge wie Nane, Dede, Mimi, Hühang aus Wörtern heraushören und diese produzieren. Für den Erwachsenen ist leicht zu erkennen, dass mit Nane Banane und mit Mimi Milch gemeint ist. Schwieriger ist es, hinter  Hühang einen  Kühlschrank zu erkennen. Allerdings erschließen sich solche Bedeutungen leicht im konkreten Umgang mit dem Kind.

 

Wörter und erste Sätze

Im Alter von zwei Jahren sprechen viele Kinder Wörter wie: Mama, Papa, Ball, Puppe, Hund oder Wauwau. Dodil, Tator, Schleifwurst und viele andere Produktionen entstehen und geben der Bezugsperson oft nur für Sekunden ein Rätsel auf. Dann lässt dich die Bedeutung aus dem Kontext erahnen. Nun ist die empathische Modulierkunst der Erwachsenen gefragt. Und es gibt viele Nuancen, Klangmelodien und Zusammenhänge in denen nun über das Krokodil, den Traktor oder die leckere Fleischwurst geredet werden kann. Wenn wir die vielen Wortklangschöpfungen der Kinder mit Staunen und Freude aufnehmen und wohlwollend korrigierend ihre Klangwörter in der Umgangssprache wieder verwenden, dann finden nach und nach Klang und Bedeutung auf gute Weise zueinander. So wird irgendwann aus Wuffin ein Telefon, aus Somzia ein Schlafzimmer und aus Dazus ein Schlafanzug.

Einjährige Kinder verstehen etwa 50 Wörter aus ihrer Erfahrungswelt. Mit etwa 18 Monaten verfügt ein Kind über 200 Wörter im passiven Wortschatz. Aktiv verwendet ein Kind in diesem Alter etwas 50 Wörter. Im Alter von zwei Jahren sind es oft schon 200 Wörter, die zum aktiven Wortschatz eines Kindes gehören. Dieser Anstieg ist vor allem dann zu verzeichnen, wenn Eltern und Erzieherinnen die vielen Dinge und Ereignisse des Alltags sprachlich korrekt beschreiben.

 

Förderliche Dialoge

Ein Dialog zwischen einem zweijährigen Jungen und seiner Erzieherin könnte sich vor dem Gang auf den Spielplatz etwa so abspielen:

Leo: „Leo raus!“

Erzieherin: „Leo, du möchtest raus?“

Leo: „Raus Garten!“

Erzieherin: „Ja, Leo, wir gehen gleich alle in den Garten.“

 

Ein anderes Beispiel:

Suse: „Suse anziehen?“

Erzieherin: „Suse, soll ich dir beim Anziehen helfen?“

Suse: „Helfen!“

Erzieherin: „Suse, einen Moment, ich helfe dir gleich beim Anziehen.“

 

So erleben Kinder, dass sie verstanden werden und mit Sprache etwas bewirken können. Und das motiviert sie, immer wieder mit Hilfe ihrer Sprache etwas erreichen zu wollen. Sind sie erfolgreich und zeigen die Erwachsenen eine angemessene Resonanz, dann wird dieses Verhalten von den Kindern als Belohnung empfunden. Diese Erfahrung führt zur Ausschüttung von „Glückshormonen“ und stärkt das Bedürfnis, immer wieder durch sprachliches Handeln etwas bewirken zu können.

 

Zwei- und Dreiwortsätze, Einzahl und Mehrzahl, Verwendung der Artikel

Im Alter von drei Jahren kommt es zu komplexeren Sätzen. Das Verb wird an die richtige Stelle im Satz gestellt. Fragen können formuliert, Einzahl und Mehrzahl unterschieden werden. Der richtige Gebrauch der Artikel nimmt zu. Kinder verwenden in diesem Alter die richtige Zeitform und wollen beim Betrachten von Bilderbüchern nicht nur zuhören, sondern möglichst oft auch mitreden.

 



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