Entwicklung kultursensitiver Konzepte in der Eltern-Säuglings-Beratung – Babysprechstunde Osnabrück

Projektbeschreibung:

Projektleitung:

Projektmitarbeiter:

  • Team der Babysprechstunde Osnabrück

 

 

Hintergrund

Häufige Anliegen, mit denen Eltern in den ersten Jahren eine psychosoziale Beratung aufsuchen, sind laut Papoušek und Mitarbeitern und Borke & Eickhorst exzessives Schreien, Schlaf- oder Fütterschwierigkeiten sowie als übermäßig erlebtes Trotzverhalten des Kindes.


Bei der Beratungsarbeit ist es sehr wichtig die Familie möglichst ganzheitlich zu betrachten, da hier unterschiedliche Ebenen ineinandergreifen und sich gegenseitig bedingen. Einfache Ursachenzuschreiben sind weder sinnvoll noch möglich. Hinsichtlich der kindlichen Entwicklung wie auch der gesamten Familiensituation besteht hier ein möglicherweise jeweils sehr unterschiedliches Ineinandergreifen von evolutionär entstandenen Aufgaben und Mechanismen mit kulturspezifischen Ausprägungen, eingebettet in ein multikausales System jeweils rückgekoppelter Systemmitglieder und -einheiten (siehe Abbildung 1). Dennoch ist es für die Planung von für die Familie und deren jeweilige Situation passenden Interventionsansätzen notwendig, zu überlegen, auf welchen der verschiedenen Ebenen am sinnvollsten und erfolgversprechendsten angesetzt werden sollte.

 

Abbildung 1 – unterschiedliche Ebenen der Entwicklung (Borke, 2008)

 

Die bisher gängigen Modelle zur Beschreibung von Einflussfaktoren auf das Elternverhalten und die kindliche Entwicklung beziehen die Entwicklungsgeschichte und psychische Situation der Eltern, die Paarbeziehung, das soziale Umfeld der Eltern, Charakteristiken des Kindes sowie die gemeinsame Interaktion mit ein.


Eine Ebene, die aber bisher kaum Beachtung gefunden hat ist die, des jeweiligen kulturellen Kontextes in dem die Familie lebt bzw. groß geworden ist. Es konnte vielfach gezeigt werden, dass sich je nach kulturellem Hintergrund sehr unterschiedliche Erziehungsmodelle zeigen und auch die psychische Struktur von Menschen unterscheidet sich je nach kulturellem Kontext. Es ist also sehr wichtig diese Einflussfaktoren mit in eine ganzheitliche Betrachtung von ratsuchenden Familien einzubeziehen.


Dies ist besonders bedeutsam bei der Arbeit mit Familien mit Migrationshintergrund, aber da Kulturunterschiede nicht mit Länderunterschieden gleichgesetzt werden können, sondern sich aus dem jeweiligen soziökonomischen Umfeld ableiten, in dem die Familien lieben (und was sich eben auch innerhalb eines Landes und auch innerhalb einer Stadt massiv unterscheiden kann), ist die Kulturvariable von genereller Relevanz.
Abbildung 2 zeigt das process model of the determinants of parenting von Belsky erweitert um das ecocultural model of child developmemt sowie das conceptual model of parenting von Keller und bietet damit einen Überblick über die unterschiedlichen Ebenen und Einflussfaktoren.



Abbildung 2 – Prozessmodell des Elternverhaltens und der kindlichen Entwicklung

 

Ziel des Projektes ist es, systematisch zu Erarbeiten, welche praktischen Konsequenzen sich für die Beratungsarbeit aus den Erkenntnissen der kulturvergleichenden Säuglings und Kleinkindforschung einerseits für die jeweilige Beratungshaltung wie auch anderseits für die Formen und Möglichkeiten von Interventionen ergeben.

Derzeit laufen Studien, welche Zusammenhänge zwischen Sozialisationszielen, Elterntheorien und dem familiären und kindlichen Wohlbefinden untersuchen, um diese besser zu verstehen und darauf abgestimmte Interventionen entwickeln zu können.
Durch die Babyrechstunde Osnabrück, einer psychosozialen Beratungsstelle für Eltern mit Kindern von 0-3 Jahren, die an die Universität Osnabrück sowie an die Forschungsstelle Entwicklung, Lernen und Kultur des nifbe angegliedert ist, werden zum einen wichtige praktische Erfahrungen und Erkenntnisse erworben, die wiederum in die Forschungsfragen einfließen und es besteht zum anderen die Möglichkeit neue Konzepte anzuwenden und erste Praxiserfahrungen zu sammeln und Rückmeldungen zu bekommen.

Es bestehen Kooperationen und Vernetzungen zu anderen Einrichtungen, um den gegenseitigen Austausch zu fördern, insbesondere zur Schreiambulanz am sozialpädiatrischen Zentrum/Kinderzentrum Oldenburg, zum Sozialpädiatrisches Zentrum am Marienkrankenhaus Papenburg - Aschendorf GmbH und zum Winnicott Institut Hannover.

 

Die Babysprechstunde Osnabrück

  • gewann mit einem Poster den ersten Preis auf dem 10. Deutschen Psychologiestudierenden-Kongress 2004 in Trier in der Kategorie „In- und Ausländisches Praktikum“
  • war in der näheren Auswahl für den Präventionspreis 2006 gestiftet durch die Bertelsmann Stiftung und das Bundesministerium für Gesundheit
  • gewann den Niedersachsenpreis für Bürgerengagement "Unbezahlbar und freiwillig 2006", gestiftet durch die Niedersächsischen Sparkassen, die VGH Versicherungen Hannover und die Niedersächsische Landesregierung
  • wurde im Dezember 2006 durch die Stiftung Gesundheitszentrum Bad Laer als innovatives Gesundheitsprojekt mit Pilotcharakter ausgezeichnet


Abbildung 3 – Beratungsraum der Babysprechstunde Osnabrück

 

Veröffentlichungen

Im Oktober 2008 wurden bisher bestehende Grundlagen und Erkenntnisse in einem Buch zusammengestellt, um diese an andere Einrichtungen weiterzugeben:

  • Borke, J. & Eickhorst, A. (Hrsg.) (2008). Systemische Entwicklungsberatung in der frühen Kindheit. Wien: Facultas/UTB.

Im März 2010 erschient ein Buch, welches die Erkenntnisse und Erfahrungen aus der Babysprechstunde Osnabrück direkt an Eltern weitergibt:

  •  Borke, J., Gernhardt, A & Abs, K. (2010). Babysprechstunde. Freiburg: Kreuz.


 

Projektdetails

Projektart:Forschungsprojekt
Träger:nifbe-Forschungsstelle Entwicklung, Lernen und Kultur
Straße:Artilleriestr. 34
Ort:49069 Osnabrück