Handlungsorientierte Zugänge zur Sprache - Entwicklung eines Konzepts zur Sprachförderung geflüchteter Kinder
Sprache gilt als Schlüsselkompetenz für Bildung und für eine erfolgreiche Teilhabe an der Gesellschaft. Der Anteil an Kindern, deren Muttersprache aufgrund von Migration bzw. Fluchterfahrungen eine andere als Deutsch ist, wächst aktuell stetig an. Dies stellt das Bildungssystem vor große Herausforderungen. In der frühkindlichen Bildung ergibt sich hier vor allem die Frage, wie man diesen Kindern bestmöglich einen Zugang zur deutschen Sprache ermöglichen kann - vor allem den Kindern, denen es nicht möglich ist, eine Kindertageseinrichtung zu besuchen und somit kaum in Kontakt mit der deutschen Sprache kommen.
Unter der Leitung von Prof. Renate Zimmer widmet sich das vom MWK geförderte nifbe Projekt „Handlungsorientierte Zugänge zur Sprache“ seit Mai 2018 der Entwicklung eines Konzepts zur Sprachförderung geflüchteter Kinder, das eine frühe und intensive Förderung von Sprache im vertrauten familiären Umfeld unterstützt. Als Grundlage dient das Konzept „Bewegte Sprache“ (Zimmer 2010, 2014, 2016), das unter besonderer Berücksichtigung der Lebenslagen geflüchteter Familien weiterentwickelt, an die Bedürfnisse der Zielgruppe angepasst und zudem praktisch erprobt wird.
Das Projekt zielt auf einen möglichst frühen Beginn von Sprachbildungsangeboten. In der besonders sensiblen Phase des Spracherwerbs (unter drei Jahren) fällt es Kindern leicht, eine weitere Sprache neben der Familiensprache zu erlernen. Hierfür sollen im Rahmen des Projekts Methoden der Vermittlung entwickelt werden, die dem Alter, den spezifischen Bedürfnissen und den entwicklungspsychologischen Besonderheiten kleiner Kinder gerecht werden. Der Fokus liegt dabei auf handlungsorientierten und innovativen Methoden, die einen Zugang zu den Kindern und ebenso den Zugang zur Sprache unterstützen (z.B. Musik, Spiel, kreative Gestaltung, Bilderbuchbetrachtung).
Kinder sollen sich aktiv und selbstwirksam erleben
Insbesondere für Kinder, die die deutsche Sprache neu erwerben, bietet ein handlungs- und bewegungsorientierte Zugang zur Sprache die Chance, sich am Gruppengeschehen beteiligen zu können und neue Wörter, Begriffe und Sätze im Handeln zu erfahren. Grundlage hierfür stellt die Schaffung einer beziehungs- und anregungsreichen, zur Aktivität und zum Handeln auffordernden Umwelt dar, in der die Kinder die Möglichkeit bekommen, die Vielfalt der verbalen und nicht-verbalen Ausdruckformen bei der Aneignung der Welt einzusetzen.Parallel zur Konzeptentwicklung werden geeignete Methoden und Formate im Rahmen wöchentlich stattfindender Gruppenangebote in Kooperation mit Osnabrücker Akteuren der Flüchtlingshilfe (Koordinierungsstelle für Flüchtlinge, Gemeinden, Kindertageseinrichtungen, Familienzentren u.ä.) praktisch erprobt. Unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Mehrsprachenerwerbs und der Lebenssituation geflüchteter Kinder werden hier Angebote gestaltet, in denen sich die Kinder aktiv und selbstwirksam erleben und die deutsche Sprache spielerisch in einem sinnvollen und authentischen Kontext erfahren.
Bewusst sollen hierbei die Eltern als wichtige Beziehungspersonen einbezogen werden. Dabei werden insbesondere geflüchtete Mütter von noch nicht schulpflichtigen Kindern angesprochen, denen der Zugang zu (Sprach-)Bildungsangeboten im Zuwanderungsland oftmals besonders erschwert ist.
Da für eine gelungene Integration auch der Kontakt zu bereits länger in Deutschland lebenden Familien gewinnbringend ist, wird eine Öffnung der Gruppen in den Stadtteil angestrebt. Im Idealfall sollten sowohl Familien mit Fluchterfahrungen als auch Familien mit deutscher Familiensprache in den Gruppen vertreten sein.
In einem nächsten Schritt soll das entwickelte und erprobte Konzept an weiteren Standorten in Niedersachsen bekannt gemacht und umgesetzt werden. Grundlage hierfür stellt eine nachhaltige und praxisnahe Vermittlung des notwendigen Know-hows für die Planung und Umsetzung des handlungsorientiert und niedrigschwellig gestalteten Angebots an interessierte Gruppenleitungen und Fachkräfte, die sich dem Sprach- und Deutschlernen von nach Deutschland geflohenen Familien und ihren Kleinstkindern widmen möchten.
Laufzeit: 2018 - 2019
Gefördert durch: MWK
Projektleitung:
- Prof. Dr. Renate Zimmer
ProjektmitarbeiterInnen:
- Marina Bauhaus
- Carolin Machens
- Anna Tönnissen
- Jutta Trautwein
Literatur:
- Zimmer, R. (2016). Handbuch Sprache und Bewegung. Freiburg: Herder