Bewegungsbaustelle

als elementardidaktisches Prinzip einer bewegten Kitakultur

Inhaltsverzeichnis

  1. Die Idee der Bewegungsbaustelle
  2. Begründungszusammenhänge
  3. Bewegung als Schutzfaktor
  4. Bedeutung für pädagogische Handlungsfelder
  5. Bewegte KiTa-Kultur
  6. Fazit
  7. Literatur

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Bedeutung für pädagogische Handlungsfelder


Der Transfer der theoretischen Vorüberlegungen auf Handlungsfelder, die für den bildungsinstitutionellen Kontext relevant sind, lässt sich eindrücklich am Beispiel der Sicherheits- und Gesundheitserziehung in Schulen und Kindergärten darstellen.

Auf einer Bewegungsbaustelle wird Kindern die Chance gegeben, selbständig ihre Bewegungsumwelt mitzugestalten und in aktiver Auseinandersetzung mit den Dingen mehr über deren Eigenschaften und Handhabung sowie über den eigenen Körper zu erfahren. Das Erlebnis des Gelingens ihrer Baupläne und Bewegungsabsichten durch gemeinsames Bemühen und das Erfahren der damit verbundenen Bewegungsexperimente vermittelt Selbstvertrauen, Bewegungssicherheit und schafft Zugänge zu neuen Unternehmungen und Wagnissen. Betont wird dabei die Identitätsfindung und Entwicklung des Selbstkonzeptes des Kindes, da das Vertrauen in eigene Fähigkeiten mit der Bewältigung zunehmend anspruchsvollerer Bewegungsaufgaben wächst (vgl. Miedzinski / Fischer 2007).

Neue inhaltliche Perspektiven erschließen sich sowohl dadurch, dass die Landesunfallkassen und Gemeindeunfallversicherungsverbände die Bewegungsbaustelle zunehmend als Präventionskonzept für die  Sicherheitserziehung und Gesundheitsförderung entdecken (vgl. Unfallkasse Berlin 2005), als auch durch die Weiterentwicklung des Spielmaterials:

Bewegungsbaustellen werden vielfach therapeutisch im Rahmen psychomotorischer Förderung eingesetzt, verknüpft mit dem Gedanken, sensorische und motorische Defizite in der kindlichen Entwicklung kompensieren zu können.

Im Sportunterricht der Primarstufe werden klassische Sportgeräte wie Barren, Reck und Weichbodenmatte zu so genannten Bewegungslandschaften umfunktioniert, um einem ganzheitlichen Bildungsgedanken zu entsprechen. Diese meist von Lehrkräften und therapeutischem Personal als Lernarrangement bereit gestellten Bewegungslandschaften haben jedoch wenig mit der ursprünglichen Idee der Bewegungsbaustelle zu tun: Die Erkenntnis, das Kinder ihre Spielgeräte selbständig entwickeln und neu erfinden wollen und im Prozess des Auseinandersetzens und Mitgestaltens ihrer Umwelt zu kreativen Lösungen von Bewegungsaufgaben finden steht aber gerade im Zentrum des Konzepts: „Das Erlebnis des Gelingens ihrer Baupläne und Bewegungsabsichten durch gemeinsames Bemühen und das lustvolle Erfahren der damit verbundenen Bewegungsexperimente vermittelt Selbstvertrauen, Bewegungssicherheit und schafft Zugänge zu neuen Unternehmungen und Wagnissen“ (Miedzinski 2000, 7).

Nicht zuletzt zeigen die Erfahrungen von frühpädagogischen Fachkräften und Lehrkräften, die mit der Bewegungsbaustelle arbeiten, dass Kinder im Umgang mit den Situationen geschickter werden und ihr eigenes Können besser einzuschätzen lernen. Die Variabilität der Bewegungsbaustelle gewährleistet, dass auch unsichere Kinder den differenzierten Umgang mit dem Baumaterial erlernen und sich zunehmend anspruchsvolleren Bewegungssituationen stellen. Schon beim Bauen können mögliche Gefahren eingeschätzt und verändert werden. Kinder, die sich in ihrer Umgebung sicherer bewegen, lernen ihre Umwelt besser wahrzunehmen.

Der Zusammenhang zwischen einem kompetenten Bewegungsverhalten und einem verminderten Unfallrisiko von Kindern wird auch Versicherungsverbänden bewusst, die das Konzept der Bewegungsbaustelle als Baustein der Entwicklung von Selbstsicherungsfähigkeit sehen, mit deren Hilfe Unfallschwere und –häufigkeit reduziert werden können. Die Sicherheit und der Schutz des Kindes für eine gesunde Entwicklung sollte gleichwertig mit einer angemessenen Risikobereitschaft und dem Zulassen von Selbsttätigkeit verwirklicht werden. Es ist deutlich, dass Schülerinnen und Schüler mit hoher motorischer Kompetenz neben der besseren Bewältigung von Gefahrensituationen auch eine angemessenere Einschätzung von Risiken und Gefahren vornehmen können. Diese Fähigkeiten können jedoch nur in der eigenaktiven Auseinandersetzung mit anspruchsvollem und herausforderndem Material erworben werden. Die Bewegungsbaustelle kann in diesem Zusammenhang zu einem wichtigen Bestandteil veränderter  Sicherheitserziehung werden.