Margaretha Meyer Schurz (1833-1876)

Eine Wegbereiterin der Kindergartenidee in den Vereinigten Staaten von Amerika

Schurz1 Margaretha Meyer Schurz; Quelle: Ida-Seele-ArchivDie fast in der ganzen Welt übliche und auch in den USA gebräuchliche Wortschöpfung Kindergarten weist auf die deutsche Provenienz dieser Einrichtung hin. Die in Hamburg geborene Fröbelschülerin Margaretha Meyer Schurz legte das Fundament für die deutsche Kindergartenidee in der „Neuen Welt“. Dort eröffnete sie 1856 den ersten (deutschsprachigen) Kindergarten in der ländlichen Kleinstadt Watertown im Staat Wisconsin. (1)

Biografischer Hintergrund

Agatha Margaretha Meyer erblickte am 27. August 1833 in Hamburg das Licht der Welt. (2) Ihre Eltern Heinrich Christian Meyer (1797-1848) und Agatha Margaretha Meyer, geb. Beusch (1794-1833), entstammten bettelarmen Familien. Die von „häufigen Schwangerschaften und Geburten – insgesamt 17“ (Stolz 2007, S. 14) äußerst geschwächte Mutter starb wenige Stunden nach der Geburt Margarethas. Von 11 lebend geborenen Kindern erreichten zwei Söhne und fünf Töchter das Erwachsenenalter. Nach dem Tod der Mutter war „Tante Beusch“, eine seit langer Zeit im Hause lebende Schwester der Verstorbenen, für die Erziehung und Betreuung der mutterlos gewordenen Kinder verantwortlich, ebenso für die Führung des großen Haushalts (ebd. 2007, S. 15 f). Der Vater, der sich zu einem wohlhabenden und einflussreichen Hamburger Bürger hochgearbeitet hatte, beteiligte sich aktiv an den großen wirtschaftlichen und politischen Angelegenheiten der Hansestadt (vgl. Hirsch 1992, S. 87 f). Hamburgs erster Großindustrieller hatte seinen Kindern „oft davon erzählt: Die Freiheitskriege tobten. Hamburg, von den Franzosen besetzt, wurde von den preußischen Truppen belagert. Eine Hungersnot drohte. Und da kamen die Besatzer auf eine schändliche Idee: Um nicht alle Einwohner ernähren zu müssen, wurden die Ärmsten vor die Stadttore gejagt. Darunter auch Margaretes Vater, der Jude Meyer“ (3) (Draeger/Draeger 2006, S. 180). Die Meyer-Mädchen besuchten dem damaligen Zeitgeist entsprechend „keine öffentliche Schule, denn so etwas schickte sich für ‚Töchter höheren Standes‘ nicht; allerdings kamen Privatlehrer ins Haus, um ihnen das Notwendigste beizubringen“ (Stolz 2007, S. 16). Immerhin durfte Margaretha den von Friedrich Fröbel (1782-1852) im Winter 1849/1850 in Hamburg abgehaltenen Ausbildungskurs für Kindergärtnerinnen absolvieren, „an dem sich gegen 20 Frauen und Jungfrauen beteiligten“ (Prüfer 1927, S. 119; vgl. Strnad 1951, S. 13). Die eifrige Schülerin hatte dem Pädagogen aus Thüringen ihre Unterrichtshefte zur Korrektur vorgelegt, die dieser (angeblich) „besser als seine eigenen Bücher fand“ (Hirsch 1992, S. 95). An eine Freundin schrieb die 16-Jährige über den Begründer des Kindergartens:

„Seine Sache hat sich so ziemlich allgemeiner Teilnahme zu erfreuen. Laß mich zuerst seine eigene Erscheinung vorführen. Langes, gerade gescheiteltes Haar bedeckt eine kurze, gedrückte Stirn, eine lange, gebogene Nase, die durch das Alter sich dem Kinn nähert, würde dem Gesicht den Ausdruck der Häßlichkeit verleihen, wenn nicht ein geistreiches, blitzendes Auge dem Ganzen den Stempel des Originellen und Anziehenden aufdrückte. Sein Geist ist feurig, für sein Alter höchst kräftig, und die Beweglichkeit des Körpers harmonisiert vollständig mit jenem; nur ist zu beklagen, daß sein Gedächtnis durchs Alter geschwächt ist und seinen rastlos wirkenden Geist oft im Stiche läßt, was besonders bei seinen Vorträgen, die er wöchentlich zweimal bis dreimal abzuhalten pflegt, die Auffassung sehr erschwert“ (zit. n. Berger 1996, S. 22).

Auch gehörte Margaretha Meyer für kurze Zeit zu den Absolventinnen und Pensionärinnen der am 1. Januar 1850 in Hamburg gegründeten „Hochschule für das weibliche Geschlecht“ (vgl. Grolle 2000, S. 103 ff.; Kirsch 2019, S. 83 ff.; Paletschek 1990, S. 218 ff.). Die Bildungseinrichtung wurde bereits am 1. April 1852 geschlossen, war sie doch „seitens der pietistischen Partei [ein; M. B.] Herd der Demagogie“ (Ries 1927, S. 54). Margaretha Meyer befreundete sich mit der um 15 Jahre älteren Malwida von Meysenbug (1816-1903), die wohl „bekannteste der Hamburger Hochschülerinnen“ (Grolle 2000, S. 111). Die Adelige war nicht nur Studierende, dann Lehrerin und kurzfristige Leiterin der Hamburger Hochschule, sie hatte auch den Fröbel’schen Ausbildungskurs für Kindergärtnerinnen besucht (vgl. Strnad 1951, S. 13). „Die Meyer“ hatte auf Malwidas Bruder „einen mehr als betrübenden, einen geradezu unangenehmen Eindruck gemacht“ (Meysenbug 1996, S. 70). Wilhelm von Meysenbug (1813-1866) hielt die Freundin seiner Schwester „für ein körperlich überreiztes, histerisches [sic!] Frauenzimmer“ (ebd.). Im Jahre 1852 reiste Margaretha Meyer zu ihrer seit 1851 in London lebenden Schwester Bertha Ronge (1818-1863), einer überzeugten Fröbelanerin (vgl. hier; vgl. Stolz 2007, S. 19 ff.). Diese war schwer erkrankt und bedurfte der schwesterlichen Pflege sowie der Aushilfe in ihrer Tätigkeit als Kindergärtnerin. Bertha Ronge (gesch. Traun) hatte den ersten Kindergarten im Königreich England ins Leben gerufen und zusammen mit ihrem zweiten Mann, den Emigranten Johannes Ronge (1813-1887) ein Fachbuch zur Fröbel- und Kindergartenpädagogik veröffentlicht: „A Practical Guide to the English Kinder Garten (Children's Garden), For the Use of Mothers, Nursery Governesses, and Infant Teachers; Being an Exposition of Froebel's System of Infant Training, Accompanied by a Great Variety of Instructive and Amusing Games, and Industrial and Gymnastic Exercises, also numerous songs, set to music and arranged to the exercises“ (Ronge/Ronge 1858). Genanntes Werk „gibt eine erste orientierende Übersicht über Fröbels Spielmaterial und führt zugleich in den praktischen Umgang mit den ‚Gaben‘ und Beschäftigungsmitteln ein. 67 Bildtafeln zeigen den Aufbau des Spielmaterials. Neben die 6 Gaben stellt Ronge folgende Reihenfolge von Beschäftigungen: Pappkurs, Legestäbchen, Erbsenarbeiten, Verschränkspäne, Papierflechten, -falten, -schneiden und –stechen, Zeichnen, Tonmodellieren und Malen. Eine Körperschule und eine Übersicht der Bewegungsspiele und Lieder (mit Melodien) schließen sich an“ (Heiland 1972, S. 154). Die seinerzeit hochgeachtete Publikation hatte Margaretha Meyer sicher mit wachem Interesse studiert.

Schurz2 Buch von Johannes und Bertha Ronge; Quelle: Ida-Seele-Archiv

Während ihres Aufenthalts in London lernte die 18 Jahre alte Hamburgerin den „1848 Revolutionär“ Carl Schurz (1829-1906) kennen. Die beiden Verliebten heirateten am 6. Juli 1852. Wenige Wochen nach ihrer Vermählung emigrierte das frischgebackene Ehepaar in die USA und wurde zunächst in Philadelphia ansässig, dann in Watertown im Staate Wisconsin. Dort sprachen die Einwohner überwiegend deutsch. Im „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“ engagierte sich Carl Schurz auf politischer Ebene (vgl. hier). Er kämpfte für die Abschaffung der Sklaverei, wurde „nacheinander Botschafter der USA in Spanien, im Bürgerkrieg aktiv kämpfender General auf Seiten der Nordstaaten, anerkannter Führer der Liberalen und schließlich Innenminister“ (vgl. hier). Obwohl Margaretha Meyer Schurz von schwacher Gesundheit und von Heimweh geplagt war, ferner unter den häufigen Trennungen von ihrem Mann, für den die politische Arbeit immer an erster Stelle stand, litt, war sie glücklich verheiratet. Sie schenkte fünf Kindern das Leben: Agathe (1852–1915), Marianne (1857–1929), Emma Savannah (1865–1867), Carl Lincoln (1871–1924) und Herbert (1876–1900). Margaretha Meyer Schurz ereilte das gleiche tragische Schicksal wie ihrer Mutter: Sie starb am 15. März 1876 in New York City (4), zehn Tage nach der Geburt ihres fünften Kindes (vgl. Petig 2017, S. 45 u. 47). Der Leichnam der Verstorbenen wurde nach Hamburg überführt und im Meyerschen Grabgewölbe auf dem St. Petri-Friedhof beigesetzt. 1914 erfolgte die Umbettung auf den Ohlsdorfer Friedhof, wo die Grabstätte im Jahre 1965 aufgelöst wurde und heute ein Stein an die Wegbereiterin der Kindergartenidee in den Vereinigten Staaten von Amerika erinnert (vgl. Stolz 2007, S. 94 f).

 

Grundsteinlegung der deutschen Kindergartenidee in den Vereinigten Staaten von Amerika


Schurz3 Erste Biografie über Margaretha Meyer Schurz; Quelle: Ida-Seele-ArchivAls die Familie Schurz im Herbst 1856 in Watertown „ein hübsches Landhaus auf einer sanften Anhöhe mit einem freien Blick auf Fluss und Stadt“ (Draeger/Draeger 2006, S. 192) bezog, lud die junge Hausherrin ihre vier Nichten zum Spielen mit ihrer dreijährigen Tochter Agathe ein. Als der Winter sich einstellte und es draußen kalt wurde, kamen weitere Kinder von Freunden, Verwandten sowie aus der Nachbarschaft ins Haus. Margaretha Meyer Schurz spielte, bastelte und sang mit den Mädchen und Jungen, las ihnen Geschichten vor, lehrte den Kleinen Reime und Verslein. Auch führte sie die Kinder in die Fröbel’schen Spielgaben und Beschäftigungen ein, genauso wie in dem Buch „A Practical Guide to the English Kinder Garten (Children's Garden), For the Use of Mothers, Nursery Governesses, and Infant Teachers; Being an Exposition of Froebel's System of Infant Training, Accompanied by a Great Variety of Instructive and Amusing Games, and Industrial and Gymnastic Exercises, also numerous songs, set to music and arranged to the exercises“ empfohlen und wie seinerzeit bei Friedrich Fröbel in Hamburg gelernt. An eine Freundin schrieb Margaretha Meyer Schurz über ihr pädagogisches Konzept:

„Es ist sicher, daß Friedrich Fröbels Kindergartenarbeit, angefangen von seinen Mutter- und Koseliedern, hin durch alle seine hervorragenden Spielgaben, nebst den sie begleitenden Benennungen, Liedchen und kleinen Verslein, dem aus ihnen herzustellenden geometrischen, Kunst- und Lebensformen und den anderweitigen Beschäftigungen und Spielen, von einem ganz neuen, großen und hohen Gedanken, ja aus ihm geboren sind. Fröbel ist das Vorbild für unsere Arbeit“ (zit. n. Berger 1996, S. 23).

Bald war die Kindergruppe so groß, dass das „Spielzimmer“ nicht mehr genug Platz für die kindlichen Aktivitäten bot. Ein leerstehendes Holzhaus auf dem Grundstück der Schwiegereltern in der Stadt bot sich an. Es wurde zum Kindergarten umgebaut und fortan nur noch für diesen Zweck genutzt (vgl. Stolz 2003, S. 6 ff.; 2004, S. 29 ff.; 2007, S. 67 ff.). Bedingt durch die Geburt ihres zweiten Kindes und der damit verbundenen zeitintensiven Mutterpflichten, half eine Nachbarstochter bei der Betreuung der Kindergartenkinder aus. Als die Familie im Spätherbst 1858 ihren Hauptwohnsitz nach Milwaukee verlegte, wurde der Kindergarten von anderen Frauen weitergeführt. (5) Er existierte, wie Gerd Stolz berichtet, bis zum Jahre 1915 (vgl. Stolz 2007, S. 69). (6)

Vermutlich wäre die „bescheidene Familiengründung“ in Vergessenheit geraten, hätte die Initiatorin dieser nicht „von ihrer Arbeit zu einer intelligenten und aufnahmebereiten Amerikanerin gesprochen“ (Edinger 1953, S. 42; vgl. Edinger 1948, S. 147 f). Hier handelte es sich um Elizabeth Palmer Peabody (1804-1894). Während einer Gesellschaft lernte die 59-jährige Pädagogin und Schriftstellerin Margaretha Meyer Schurz kennen (vgl. Allen 2003, S. 69 f; vgl. Wasmuth 2020, S. 158 ff.). Sie war von der freien und ungezwungenen Art der Schurz-Kinder fasziniert und wollte mehr über den Hintergrund für solch ein vorbildhaftes kindliches Verhalten erfahren. Im Gespräch mit der Mutter hörte Elizabeth Palmer Peabody erstmals von dem Begründer des Kindergartens und „ließ sich von Margarethe Meyer Schurz die Einführung zu seiner 1826 erschienenen Schrift ‚Die Menschenerziehung‘ geben, in der er Verhalten, Bildung und Erziehung des Kindes als ganzheitlichen Entwicklungsprozess darstellt“ (Stolz 2007, S. 70). Fortan stand Elizabeth Palmer Peabodys Leben im Dienste der Fröbelpädagogik. Sie gründete 1860 auf privater Basis in Boston einen Kindergarten, den ersten in den USA für englisch sprechende Kinder (7) (vgl. Reu 1929, S. 143; vgl. Stolz 2007, S. 70; vgl. Thorun 1997, S. 125; vgl. Kirsch 2019, S. 111). Ferner initiierte die Fröbelianerin eine Kampagne, die die Vorschuleinrichtung bei Eltern, Lehrerschaft und Schulbeamten bekannt machen sollte. 1867 reiste sie nach Deutschland und kontaktierte Baronin Bertha von Marenholtz-Bülow (1810-1893), die Fröbelexpertin der Zeit schlechthin (vgl. Berger 1995, S. 127 ff.). Die Adelige führte die Amerikanerin in die Fröbelmethode ein, die „gleich einige nach dieser Methode ausgebildete Kindergärtnerinnen mit in die Staaten [nahm; M. B.], um dort Ausbildungslehrgänge einzurichten“ (Allen 1994, S. 12; vgl. Thorun 1997, S. 125 ff.). Zudem „hielt sie an mehreren amerikanischen Universitäten Vorlesungen über FRÖBEL“ (Thorun 1997, S. 125) und gab ab 1873 die erste Monatszeitschrift für das Kindergartenwesen in Amerika, den „Kindergartenboten“ heraus. Folgend hatten sich in jedem Staate „Gesellschaften und Vereine zur Förderung der Fröbelschen Idee gebildet, so daß im Jahre 1902 1542 öffentliche mit Schulen verbundene Kindergärten und 2998 Privatkindergärten bestanden“ (Fischer 1911, S. 324). Die ersten öffentlichen Kindergärten, welche „in das Schulsystem integriert waren, entstanden 1873 in St. Louis“ (Loddenkemper 1989, S. 6). Diesbezüglich schrieb die „Post-Fröbelanerin“ Hanna Mecke (1857-1926):

„Die Förderung der FRÖBELSCHEN Pädagogik wird als ein Staatsinteresse aufgefaßt; sie wird Lehrfach an den Universitäten, tausende von Müttern sammeln sich in den geistigen Centren wie St. Louis, Boston, Philadelphia zu den Mother-councils, und die Eisenbahn gewährt ihnen für dieselben freie Fahrt. Der Wahlspruch FRÖBELS ‚Kommt laßt uns den Kindern leben!‘ wird durch Gründung von unzähligen Kindergärten beherzigt, welche als integrierender Teil den Schulen, den Collegs angeschlossen werden“ (Mecke 1907, S. 3).

Die rasante Ausbreitung der „ureigensten deutschen Idee“ konnte Margaretha Meyer Schurz nicht mehr erleben (vgl. hier). Aber Elizabeth Palmer Peabody hatte sie in Dankbarkeit und großer Verehrung „immer wieder als die ‚brillante Kreuzritterin‘ und ‚Nestorin‘ der Kindergartenbewegung in den Vereinigten Staaten von Amerika bezeichnet“ (ebd.). Margaretha Meyer Schurz ist eines der vielen Beispiele dafür, dass Fröbels Kindergartenidee insbesondere von Frauen aufgegriffen und in die Welt hinaus getragen wurde.

Heute ist der erste Kindergarten der USA ein liebenswert eingerichtetes Museum. Die Inschrift auf der Erinnerungstafel an dem restaurierten Kindergarten lautet in deutscher Übersetzung:

„Der erste Kindergarten in den Vereinigten Staaten wurde 1856 in diesem Gebäude von Margarethe Meyer Schurz gegründet. An den heutigen Standort verlegt und 1956 von der Watertown Historical Society restauriert“ (vgl. hier).

Anmerkungen


(1)
Nach https://www.claremontlincoln.edu/engage/social-impact/german-immigrant-women-kids-kindergarten/ hatte die Fröbelschülerin Louis(a)e Frankenberg (1806-1882) (vgl. König 1990, S. 348) 1836 in Columbus im Staate Ohio einen Kindergarten ins Leben gerufen, der bald mangels fehlender Kinder und finanzieller Unterstützung geschlossen wurde. Anderen Orts ist nachzulesen: Louis(a)e Frankenberg eröffnete um 1838 in Columbus eine „Schule für die aktiven Instinkte der Kindheit und Jugend“ („School fort he Active Instincts of Childhood and Youth“). Diese ca. zwei Jahre existierte Bildungseinrichtung orientierte sich an den pädagogischen Erziehungsgedanken Fröbels (vgl. https://www.froebelfoundation.org/frankenberg.html; vgl. Wasmuth 2020, S. 157). Hier handelte es sich um keinen Kindergarten im ursprünglichen Sinne. Adolf Sellmann (1868-1947) berichtete, dass Louis(a)e Frankenberg 1858 in Columbus - „ganz im Sinne Fröbels“ (Sellmann 1933, S. 144) - den ersten Kindergarten eröffnete und die „erste Kindergärtnerin Amerikas“ (ebd., S. 142) gewesen sei. Nach Anke Ortlepp richtete Margarete Meyer Schurz „1855 in Watertown, Wisconsin, den ersten Kindergarten ein“ (Ortlepp 2004, S. 149).

(2)
Laut der erst später erfolgten Eintragung in das Taufregister der Kirche St. Johannis in Eppendorf wurde fälschlicherweise der 29. August als Geburtsdatum angegeben. Das letztgeborene Familienmitglied wurde nach der Mutter benannt (vgl. Staatsarchiv Hamburg). Auch im Trauregister für Carl Schurz und seine Frau ist nachzulesen: Agatha Margaretha (vgl. Stolz 2007, S. 48; vgl. Hirsch 1992, S. 86). Demzufolge wird im vorliegenden Beitrag, entgegen der in der einschlägigen Sekundärliteratur üblichen Namensnennung Margarethe, der Vorname Margaretha verwendet.

(3)
Ob Margaretha Meyer Schurz einer „jüdischen Kaufmannsfamilie“ (vgl. Riedmann 1995, S. 45; vgl. Rodewill 2022, S. 33) oder wie es anderen Orts heißt „of the Jewish upper bourgeoisie“ (https://www.immigrantentrepreneurship.org/entries/german-social-entrepreneurs-and-the-first-kindergartens-in-nineteenth-century-america/) entstammte ist strittig und konnte bisher nicht mit der erforderlichen historischen Akribie geklärt werden (vgl. Hirsch 1992, S. 99 ff.). Fritz Kessler, der zur Familien- und Sippengeschichte von Carl Schurz forschte, erhielt am 24. Juni 1966 vom Staatsarchiv Hamburg brieflich mitgeteilt, dass Margarethas Eltern „nicht jüdischer Abkunft“ (http://www.wisoveg.de/euskirchen/hkalender/72aschurz.html) waren. Petig zitiert einen Brief von 1935 „from the Carl Schurz Haus in Berlin that Margarethe Meyer Schurz was of pure Aryan ancestry, ‚dass Frau Schurz, geb. Meyer, rein arischer Herkunft ist‘” (Peting 2017, S. 47).

(4)
In der Sekundärliteratur wird öfter St. Louis als Sterbeort von Margaretha Meyer Schurz angegeben (vgl. https://freireligioese-offenbach.de/frauen-in-der-freien-religion/) vgl. Berger 1996, S. 23; vgl. Draeger/Draeger 2006, S. 264; vgl. Hirsch 1992, S. 106). Dazu Fritz Kessler: „Tatsächlich starb sie am 15. 3. 1876 in St. Louis“ (http://www.wisoveg.de/euskirchen/hkalender/72aschurz.html). William E. Petig resümiert: „Mrs. Schurz died in New York City and not in Washington, D.C., as Mrs. Swart indicates or in St. Louis, Missouri, or in Germany as other sources report“ (Petig 2017, S. 48; vgl. Stolz 2003, S. 9; 2004, S. 34; 2007, S. 6; vgl. https://americanhistory.si.edu/steinwaydiary/annotations/?print=1&id=804).

(5)
Nach dem Wegzug der Familie Schurz verbreitete sich die Kindergartenidee „durch Pädagoginnen der amerikanischen freireligiösen Unitarier-Gemeinden“ (http://www.frg-io.de/wp-content/uploads/2016/06/carl_schurz.pdf, S. 5).

(6)
Gerd Stolz führt als Grund der Schließung den Kriegseintritt der USA an und das damit zusammenhängende Verbot der deutschen Sprache (vgl. Stolz 2007, S. 69). Der Kriegseintritt der Vereinigten Staaten von Amerika erfolgte nicht 1915 sondern am 6. April 1917. Daraufhin wurde in einigen Staaten der Gebrauch der deutschen Sprache diskreditiert bzw. verboten (vgl. Henke-Bockschatz 2014).

(7)
Bezüglich des ersten englischsprachigen Kindergartens gibt es unterschiedliche Angaben. Der ev. Theologe und Heimatkundler Adolf Sellmann konstatierte, sich auf das „Enzyklopädische Handbuch der Pädagogik“ berufend, dass „Miß Elizabeth Peabody zuerst die Kindergartenidee nach Amerika gebracht und dort im Jahre 1868 einen Kindergarten in Boston eingerichtet habe“ (Sellmann 1933, S. 142). Nach Helge Wasmuth gründete die Pädagogin und Schriftstellerin 1861 in Boston den ersten Kindergarten (vgl. Wasmuth 2020, S. 158). Der erste öffentliche Kindergarten der USA entstand auf Initiative des forty-eighters (engl. für „Achtundvierziger“) Adolf Douai (1819-1888) 1859 in Boston“ (vgl. https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/1848-49-2023/518141/deutsche-forty-eighters-in-den-usa/).

Literatur


Ida-Seele-Archiv Dillingen: Akte Margaretha Meyer Schurz/Bertha Ronge

Weblinks
https://www.nifbe.de/component/themensammlung?view=item&id=963:bertha-ronge-1818-1863&catid=37 (zuletzt abgerufen 23. März 2023)
https://www.hmdb.org/m.asp?m=35450 (zuletzt abgerufen 23. März 2023)
https://www.kindergartenpaedagogik.de/fachartikel/geschichte-der-kinderbetreuung/manfred-berger-frauen-in-der-geschichte-des-kindergartens/399/ (zuletzt abgerufen 23. März 2023)
http://www.wisoveg.de/euskirchen/hkalender/72aschurz.html (zuletzt abgerufen 23. März 2023)
https://www.claremontlincoln.edu/engage/social-impact/german-immigrant-women-kids-kindergarten/ (zuletzt abgerufen 23. März 2023)
https://www.froebelfoundation.org/frankenberg.html (zuletzt abgerufen 23. März 2023)
https://freireligioese-offenbach.de/frauen-in-der-freien-religion/ (zuletzt abgerufen 23. März 2023)
(http://www.frg-io.de/wp-content/uploads/2016/06/carl_schurz.pdf (zuletzt abgerufen 23. März 2023)
https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/1848-49-2023/518141/deutsche-forty-eighters-in-den-usa/ (zuletzt abgerufen 23. März 2023)
https://rudolfhgeiger.files.wordpress.com/2007/12/carl-schurz-vorlesung-endg-pdf.pdf (zuletzt abgerufen 23. März 2023)
https://www.immigrantentrepreneurship.org/entries/german-social-entrepreneurs-and-the-first-kindergartens-in-nineteenth-century-america/ (zuletzt abgerufen 23. März 2023)
https://americanhistory.si.edu/steinwaydiary/annotations/?print=1&id=804 (zuletzt abgerufen 23. März 2023)

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