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Hintergrundinfo: Sprachen von Flüchtlingen

Inhaltsverzeichnis

  1. Arabisch
  2. Kurdisch
  3. Persisch (Dari, Farsi, Tadschikisch)
  4. Romani
  5. Tigrinya
  6. Literatur

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Romani


Als „Romani“ (oder auch „Romanes“) wird die Sprache der Roma, Sinti, Kale und aller anderen Bevölkerungsgruppen bezeichnet, die oft unter der meist abwertend verwendeten Bezeichnung „Zigeuner“ zusammengefasst werden. Seit dem Internationalen Romani-Kongresses (RIC) im Jahr 1971 verwenden diese als Eigenbezeichnung für die unterschiedlichen Teilgruppen den Oberbegriff „Roma“ (Samer 2001). Von den in Europa lebenden 8-12 Millionen Roma sprechen Schätzungen zufolge 6-10 Millionen Romani (Pawlata & Halwachs, o.J.).

Romani ist eine indo-arische Sprache, die bis in die jüngste Zeit ausschließlich mündlich weitergegeben wurde. Es gibt zahlreiche unterschiedliche Varietäten (Dialekte), aber keine einheitliche Standardsprache. Diese Situation steht in engem Zusammenhang mit der Geschichte und der derzeitigen Situation der Roma, die vielfach diskriminiert sind und politisch, ökonomisch und kulturell marginalisiert leben (Universität Graz, online). In allen Fällen wurden und werden Wörter und andere Merkmale aus der Sprache des jeweiligen Landes in den eigenen Dialekt übernommen. Einige Gruppen wie z.B. die Romungros („ungarische Roma“) und die v.a. im Kosovo und in Albanien lebenden „Balkan-Ägypter“ sind sprachlich vollständig assimiliert, d.h. sie sprechen als Muttersprache nicht Romani, sondern die Mehrheitssprache ihres Landes.

Die einzelnen Romani-Dialekte lassen sich unterschiedlichen Gruppen zuordnen, die in verschiedenen Regionen gesprochen werden: Balkan-Varietäten (z.B. Albanien, Bulgarien, Griechenland, Iran, Kosovo, Türkei), Südvlach-Dialekte (z.B. Albanien, Bosnien-Herzegowina, Griechenland, Kroatien, Montenegro, Republik Mazedonien, Serbien, Türkei), Nordvlach-Dialekte (z.B. Moldawien, Rumänien, Ungarn), südliche zentrale Dialekte (z.B. Nordslowenien, Nordslowenien, Slowakei, Ungarn), nördliche zentrale Dialekte (z.B. Slowakei, Tschechische Republik), nordwestliche Dialekte (z.B. Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Italien, Niederlande, Österreich) und nordöstliche Dialekte (z.B. Estland, Litauen, Lettland, Polen, Russland) (Pawlata & Halwachs, o.J.).

Nahezu alle Romani-Sprecher sind zwei- oder mehrsprachig: Sie verwenden im öffentlichen und halböffentlichen Kontext die jeweilige Mehrheitssprache und im privaten Kontext, also in der Familie und im Freundeskreis, Romani (Pawlata & Halwachs, o.J.). In 15 der 25 Länder, die die Europäische Charta der Regional- und Minderheitensprachen unterzeichnet haben, ist Romani als Minderheitensprache anerkannt, darunter Bosnien-Herzegowina, Deutschland, Montenegro, Österreich, Serbien, die Slowakei und Ungarn (Europarat 2015b). Romani ist damit die in den meisten Ländern als Minderheitensprache anerkannte Sprache. Allerdings mangelt es in den meisten Fällen an der Implementierung entsprechender Fördermaßnahmen, was die Marginalisierung der Sprecher dieser Sprache widerspiegelt (Europarat 2015a).

Das Romani erfüllt bislang innerhalb des Schulsystems keine oder nur marginale Funktionen und wird zumeist eher als Bildungshindernis betrachtet (Universität Graz, online). In jüngster Zeit gibt es aber in mehreren Ländern Bemühungen, Romani zu einer Sprache weiterzuentwickeln, die über einen schriftlichen Standard verfügt und neben informellen auch formelle Funktionen erfüllen kann (Europarat 2015a).