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Hintergrundinfo: Sprachen von Flüchtlingen

Inhaltsverzeichnis

  1. Arabisch
  2. Kurdisch
  3. Persisch (Dari, Farsi, Tadschikisch)
  4. Romani
  5. Tigrinya
  6. Literatur

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Kurdisch


Das Kurdische ist keine einheitliche, standardisierte Sprache (Paul 2008), und bis heute herrscht keine Einigkeit darüber, ob es sich beim Kurdischen um eine Sprache mit weit voneinander entfernten Dialekten handelt oder ob es mehrere kurdische Sprachen gibt (Schmidinger o.J.a). Bei einigen Varietäten ist strittig, ob sie zu den kurdischen Varietäten zählen oder eigenständige Sprachen darstellen – dies ist eine Frage, die weniger sprachwissenschaftlich als politisch zu entscheiden ist (Schmidinger o.J. b).

Das kurdische Sprachgebiet erstreckt sich über Teile des Irak, des Iran, Syriens und der Türkei. Darüber hinaus gibt es kurdische Bevölkerungsgruppen in Armenien, Aserbeidschan, Georgien, Jordanien, dem Libanon, Turkmenistan und Usbekistan (Lewis et al. 2015; Schmidinger o.J.a). Die Zahl der Kurdischsprecher wird auf insgesamt knapp 30 Millionen geschätzt (Lewis 2015).

In der Autonomieregion im Irak hat Kurdisch den Status einer Amtssprache (neben Arabisch) und wird auch im Bildungswesen verwendet, ohne dass jedoch hier eine offizielle Festlegung auf eine bestimmte Varietät erfolgt wäre (Schmidinger o.J.a). In Syrien und im Iran ist die kurdische Sprache benachteiligt und wird hauptsächlich im privaten Raum verwendet, als Schriftsprachen werden Arabisch bzw. Persisch genutzt. In der Türkei herrschte den Kurden gegenüber lange Zeit eine Assimiliationspolitik, die kurdische Sprache war verboten. In Armenien, wo ca. 45.000 Kurdischsprecher leben, ist die Sprache als Minderheitensprache im Sinne der Europäischen Charta anerkannt (Europarat 2015b). Aufgrund der unterschiedlichen Geschichte der einzelnen kurdischen Regionen ist die Sprachkompetenz der Sprecher sehr unterschiedlich – sie reicht von Einsprachigkeit in einer kurdischen Varietät bis hin zu Sprechern, die nur einzelne kurdische Wörter verstehen. Viele der Sprecher verfügen nicht über ausreichende schriftsprachliche Kenntnisse; insgesamt gibt es Bemühungen, der Sprache wieder mehr Geltung zu verschaffen (Schmidinger o.J.a).

Die drei Hauptgruppen des Kurdischen sind Kurmandschi (Nordkurdisch), Soranî (Zentralkurdisch) und Südkurdisch. Diese Varietäten sind miteinander eng verwandt und zählen wie das Deutsche zu den indoeuropäischen Sprachen; sie verfügen jeweils über zahlreiche Dialekte, die teilweise nicht wechselseitig verstehbar sind (Schmidinger o.J.a; b).

Kurmandschi (Kurmancî, Nordkurdisch) wird v.a. in der Türkei gesprochen (ca. 15 Millionen Sprecher), aber auch in Armenien, Aserbeidschan, Georgien, Irak, Iran, dem Libanon, Syrien und Turkmenistan. Kurmandschi ist die mit insgesamt ca. 20 Millionen Sprechern die am weitesten verbreitete kurdische Varietät, allerdings verwenden ungefähr 17 Millionen dieser Sprecher Kurmandschi neben einer weiteren Sprache (in der Regel neben Türkisch) (Schmidinger o.J.a; Lewis 2015). Da Kurmandschi in der Vergangenheit nur an wenigen Schulen unterrichtet wurde, wird von Kurden in der Türkei als Schrift- und Bildungssprache zumeist das Türkische genutzt (Schmidinger o.J.a).

Soranî (Zentralkurdisch) wird von ca. 3,5 Millionen Sprechern in der Autonomen Region Kurdistan im Irak gesprochen, die die Varietät zumeist als Muttersprache erwerben. Weitere Soranî-Sprecher gibt es im Iran (Lewis 2015). Die dominierenden Varietäten in der Autonomen Region Kurdistan sind Soranî sowie Bahdînî (der irakische Dialekt des Kurmandschi); Unterrichtsmaterialien, Zeitungen und Bücher erscheinen ausschließlich in diesen beiden Varietäten (Schmidinger o.J.a).

Unter dem Begriff Südkurdisch werden verschiedene Dialekte zusammengefasst, die im Irak und im Iran gesprochen werden; sie haben insgesamt ca. 3 Millionen Sprecher (Lewis 2015). Hierzu gehören u.a. die Dialekte Feylî, Kermanshahî und Kelhurî, des Weiteren werden teilweise auch Laki bzw. Lekî zu den südkurdischen Dialekten gezählt (Schmidinger o.J.a).

Strittig ist, ob auch die Varietät Zazakî (Dimili) zu den kurdischen Varietäten zu rechnen ist oder eine eigene Sprache darstellt. Die Varietät zerfällt wiederum in sehr unterschiedliche Dialekte, die untereinander kaum verständlich sind. Einer dieser Dialekte, der sogenannte Norddialekt, wird von der religiösen Minderheit der Alewiten gesprochen (Schmidinger o.J.a).

Für die einzelnen kurdischen Varietäten wurden im Laufe der Zeit unterschiedliche Schriften verwendet. Im vergangenen Jahrhundert wurde das Alphabet des jeweiligen Nationalstaates übernommen (arabisch, lateinisch, kyrillisch). Heute wird für Sorani und Südkurdisch sowie im Irak und im Iran für Kurmandschi zumeist ein auf arabischen Schriftzeichen beruhendes Alphabet genutzt, während für Zazakî sowie für Kurmandschi in der Türkei ein auf dem lateinischen Alphabet basierendes Schriftsystem verwendet wird (ebd.)