Gefordert: Dritte Fachkraft in der KiTa, mehr Verfügungszeit und Leitungsfreistellung



In der heutigen Sitzung des Niedersächsischen Landtags hat die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen einen Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes über Tageseinrichtungen für Kinder sowie den Antrag „ Kita-Qualität weiterentwickeln - Kita-Qualitätsgesetz in die Tat umsetzen“ vorgelegt (Download s.u.)

Zusammenfassend heißt es hier unter anderem:

„Die Kindertagesstätten stehen tagtäglich vor großen Herausforderungen. Inklusion und Sprachförderung sind ebenso Alltag in Kindertagesstätten wie die individuelle Förderung und Begleitung jedes einzelnen Kindes, die Familien- und Elternarbeit, das Auffangen belastender Situationen der betreuten Kinder und die regelmäßige Dokumentation des Kita-Alltags und der Kindesentwicklung. Diese Aufgaben sind mit der derzeitigen Ausstattung an Niedersachsens Kitas nicht zu bewältigen. Das Niedersächsische Kindertagesstättengesetz muss endlich dieser veränderten Situation Rechnung tragen. Auch ist die KindertagespflegeKindertagespflege|||||Kindertagespflege oder Tagespflege umfasst eine zeitweilige Betreuung von Jungen und Mädchen bei Tagesmüttern oder Tagesvätern. Nach dem Tagesbetreuungsausbaugesetz von 2004 ist die Tagespflege neben der Tagesbetreuung in Kindertageseinrichtungen eine gleichwertige Form der Kindertagesbetreuung.  immer noch nicht gesetzlich geregelt.

Als erster Schritt sollen mit einer Novelle des Kindertagesstättengesetzes dritte Fachkräfte auch in den Kita-Gruppen für Drei- bis Sechsjährige rechtlich verankert und die Verfügungszeiten angehoben werden.

Aber dieser erste Schritt wird nicht genügen, um den Bedarfen an unseren Kitas gerecht zu werden. Vor diesem Hintergrund soll sich die Landesregierung für die baldige Verabschiedung eines Bundes-Kitaqualitätsentwicklungsgesetzes einsetzen, um weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Kita-Qualität finanzieren zu können.
Insbesondere sollen die Verfügungszeit und die Leitungszeit weiter angehoben werden, damit die Fachkräfte in den Kindertagesstätten ihre vielfältigen, weiter angewachsenen Aufgaben bewältigen können. Vorbereitend soll die Landesregierung die konkreten Bedarfe untersuchen. Fortbildung soll verpflichtend werden, und die Fachberatung der Kindertagesstätten muss ausgebaut werden.

Die Schulkindbetreuung, die zunehmend an die Stelle der klassischen Horte tritt, soll in das Kita-Gesetz aufgenommen werden bzw. muss sich in ihren Standards an den hohen Standards des Kindertagesstättengesetzes orientieren, um auch hier Qualitätsstandards sichern zu können. Ganz-tag darf kein Sparmodell sein.
Um die Träger der Kindertagesstätten bei der Einrichtung von Vertretungspools zu unterstützen, soll die Landesregierung auch hier die Bedarfe evaluieren und auf dieser Basis geeignete Modelle entwickeln.“

Der Niedersächsische Kultusminister Grant Hendrik Tonne nahm zu dem Antrag bzw. dem Gesetzentwurf wie folgt Stellung:

"Anrede,
ich bin Ihnen, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/ Die Grünen, dankbar dafür, dass Sie einen Gesetzentwurf und einen Entschließungsantrag zum Thema „frühkindliche Bildung" eingebracht haben. Unsere Kitas leisten eine hervorragende Arbeit, sie haben einen sehr wichtigen Bildungsauftrag und sie haben berechtigte Anliegen an uns als Landespolitik. Auch hier gilt wie im Schulbereich: Pragmatisch, dialogorientiert, kreativ - das ist die Basis unserer Politik in Niedersachsen unter dieser Landesregierung.

Anrede,
gerade die Tageseinrichtungen für Kinder sind ein wichtiger Pfeiler unseres Bildungssystems. Sie sind ein guter Ort für die Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern bis zum Schulbeginn. Die Tageseinrichtungen leisten einen wertvollen Beitrag zur Entwicklung der Kinder zu selbstbestimmten und selbstbewussten Erwachsenen. Daher haben wir uns auch in der Koalitionsvereinbarung darauf verständigt, im Bereich der frühkindlichen Bildung in einem ersten Schritt den Zugang zu den Tageseinrichtungen für

alle Kinder in Niedersachsen zu erleichtern. Es ist eines meiner großen Anliegen, die vollständige Beitragsfreiheit für die Betreuung von Kindern im Kindergartenalter bereits zum 01.08.2018 umzusetzen. Denn damit gewährleisten wir gleiche Bildungschancen für alle im frühkindlichen Bereich und schaffen gleichzeitig verdiente und nachhaltige, weil dauerhaft vorgesehene Entlastung für Familien. Und schließlich leisten wir damit auch einen wichtigen Beitrag für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Keine Gebühren für den Schulbesuch, keine Gebühren für ein Studium - mit genau demselben Selbstverständnis müssen wir uns der Gebührenfreiheit beim Besuch des Kindergartens widmen. Gebühren für Bildung bedeutet nichts anderes als Ungerechtigkeit und deshalb werden wir sie abschaffen.

Anrede,
die Umsetzung der Beitragsfreiheit für die Betreuung von Kindern im Kindergartenalter stellt daher einen wirklichen Meilenstein im Bereich der frühkindlichen Bildung dar. Um diese Umsetzung zu realisieren, haben wir sehr intensive und - dies darf ich an dieser Stelle ebenfalls ausführen - sehr konstruktive Gespräche mit den kommunalen Spitzenverbänden geführt, um einen fairen Ausgleich der Interessen von Land und Kommunen vornehmen zu können.

Ich bin dankbar für die guten Gespräche - und im Ziel sind wir uns sehr einig: Wir wollen die Gebührenfreiheit!

Anrede,
ich kann den Wunsch, möglichst kurzfristig und im Schnellverfahren eine Gesetzesänderung auf den Weg zu bringen, nachvollziehen. Auch die grundsätzlich inklusive Betreuung vor Ort in den Tageseinrichtungen ist verständlich. Gerade der Blick auf die Einführung und Umsetzung der inklusiven Schule sollte uns jedoch dazu anhalten, wohlüberlegt und mit Bedacht vorzugehen.

Um es noch einmal zu unterstreichen: Ich bekenne mich ausdrücklich zur inklusiven Bildung auch im frühkindlichen Bereich. Wenn wir aber diese nachhaltig umsetzen, dann müssen wir es richtig machen. Es muss eine tragfähige und auch finanzierbare Grundlage gefunden werden, die auch umsetzbar ist. Dies muss unser Anspruch sein.

Anrede,
der vorgelegte Gesetzentwurf lässt diesbezüglich viele Fragen offen. Um nur eine zu nennen: Er geht im Grunde in Bezug auf die vorgeschlagene Änderung zur gemeinsamen Betreuung von Kindern mit und ohne Behinderung nicht über den Regelungsgehalt in § 22a Absatz 4 SGB VIII hinaus. Denn dort ist bereits festgelegt, dass - sofern der Hilfebedarf dies zulässt - Kinder mit und ohne Behinderung in Gruppen gemeinsam gefördert werden. Es bleibt insofern offen, welcher Regelungszweck genau beabsichtigt ist und warum die vorgeschlagene Änderung überhaupt erforderlich sein soll.

Anrede,
diese und weitere sich ergebene Fragen sollten aber zunächst im Kultusausschuss diskutiert werden. Ich verstehe sowohl den vorgelegten Gesetzentwurf, wie auch den Entschließungsantrag insofern lediglich als eine erste Diskussionsgrundlage.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit."


Download Gesetzesänderung KitaG

Download Antrag Qualitätsgesetz



Quellen: Presseinfo Niedersächsisches Kultusministerium / Niedersächsischer Landtag